Forschungsschwerpunkt: Schöpfungsethik und Schöpfungsspiritualität

In den 70er Jahren wurden der Menschheit zum ersten Mal die "Grenzen des Wachstums" (so der Titel der 1974 erschienenen Studie des Club of Rome) bewusst: Ein immer weiter gehendes, quantitatives Wachsen der Wirtschaft in den Industrieländern überfordert bei weitem die natürlichen Grundlagen unseres Planeten Erde. Seitdem ist die Umweltthematik (und mit gewisser zeitlicher Verzögerung auch die Tierschutzproblematik) zum Standard öffentlicher Diskussion wie politischen Handelns geworden. Auch die theologische Ethik beteiligt sich rege am Diskurs. Jedoch bewegen sich die meisten AutorInnen in der Nähe zweier Pole: Während die einen kaum eigene, originär theologische Akzente in die Debatte bringen, sondern im Mainstream säkularer Umweltethik mit schwimmen und diesen nur mit theologischen Begriffen unterfüttern, neigen andere zu einer romantischen, naiven, technik- wie wirtschaftsfeindlichen Verklärung einer vormodernen Lebensweise. 

Das Defizit, das sich in dieser Beobachtung bemerkbar macht, liegt in dem nahezu völligen Ausfall einer eigenen, theologisch reflektierten Schöpfungsspiritualität: Was heißt es eigentlich für unseren Umgang mit der Welt, dass wir diese als Schöpfung Gottes sehen? Diese Frage soll in dem Forschungsschwerpunkt wissenschaftlich bearbeitet werden. Dabei müssen Grundsatzfragen wie ein fundiertes dogmatisches Verständnis von "Schöpfung" oder die Frage nach einem eigenen Wert bzw. einer geschöpflichen Würde der nichtmenschlichen Kreatur geklärt werden. Die biblisch einschlägigen Texte zum Thema wie auch ihr epistemischer Status im Rahmen theologischer Ethik bedürfen eingehender Diskussion. Insbesondere aber werden Grundeinstellungen, Haltungen wie Demut, Ehrfurcht, Empathie und Verzichtbereitschaft auf ihr spezifisch religiöses Potential hin untersucht. So kann am Ende (unter Voraussetzung des hinlänglich bestimmten Verhältnisses von Glaube und Vernunft) ein normatives Gesamtkonzept für einen gläubigen Umgang mit der Schöpfung im Wahrnehmen und Handeln skizziert werden, das pointierte Akzente setzt und doch im gesamtgesellschaftlichen Diskurs kommunikabel bleibt.

Folgende Projekte umfasst der Schwerpunkt

detailiertere Übersicht

Positionierung des Forschungsschwerpunkts und permanente Kooperationen

Der Forschungsschwerpunkt wurde mit den österreichischen Fachkollegen abgesprochen und ist im deutschen Sprachraum einzigartig. Mit dem Forschungsschwerpunkt „Sozialethik der Nachhaltigkeit" am Lehrstuhl für christliche Sozialethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Prof. Dr. Markus Vogt) besteht eine enge Kooperation. Ebenso bestehen vielfältige Kooperationen mit den Mitgliedern der interdisziplinären Arbeitsgruppe zur Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung und ihren Instituten, insbesondere mit dem Lehrstuhl "Ethik der Mensch-Tier-Beziehung" am Messerli-Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Prof. Dr. Herwig Grimm).

Vorträge auf wissenschaftlichen Fachtagungen

  • 25.11.2021 Vortrag „Ethik und Esskultur“ bei der Jahrestagung „The Past, the Present and the Future“ der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung in Wien

  • 18.9.2020 Vortrag „Kontemplation als „Blick der Nähe“ (EG 169) in der Verkündigung von Papst Franziskus und in der neueren Schöpfungsspiritualität“ auf der Jahrestagung „Macht Meditieren menschlicher? Interdisziplinäre Zugänge zu Kontemplation und Empathie“ der Arbeitsgemeinschaft Theologie der Spiritualität in Würzburg

  • 10.9.2019 Vortrag „Zwischen individuellen Ansprüchen und systemischen Erfordernissen. Der Konsum von tierlichen Produkten in der Ernährung“ beim Kongress „Gott – Mensch – Tier“ der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik in Brixen

  • 10.9.2019 Vortrag „Zwischen individuellen Ansprüchen und systemischen Erfordernissen. Der Konsum von tierlichen Produkten in der Ernährung“ beim Kongress „Gott – Mensch – Tier“ der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik in Brixen

  • 1.12.2018 Vortrag „Tiere bestatten? Theologische Überlegungen zu einem gesellschaftlichen Trend“ bei der wissenschaftlichen Fachtagung „Tierpark, Teller, Gottesdienst. Räume der Mensch-Tier-Beziehung” der Humboldt-Universität Berlin

  • 5.6.2018 Vortrag „Theological foundations” beim Internationalen Workshop “Food Waste and how to avoid it. What the Church does and needs to do” der COMECE in Brüssel

  • 20.1.2017 Vortrag „Der Weg der ‚ökologischen Umkehr‘. Schöpfungsethik und Schöpfungsspiritualität im Anthropozän“ beim Symposium „Kultureller Wandel als zentrale Dimension der Großen Transformation zur Nachhaltigkeit. Theologische und kirchliche Perspektiven“ in Frankfurt/ Main

  • "Jedem Tier (s)einen Namen geben? Die Individualität von Tieren und ihre Relevanz für die Wissenschaften", interdisziplinäres Symposion im Schloss Eferding 16.-17.09.13. Symposion-Tierindividualität-Tagungsbericht 

  • Vorträge auf den öffentlichen Tagungen 2009 und 2013 der interdisziplinären Arbeitsgruppe zur Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung
  • Vortrag beim Symposium „Welternährung“ des Forums St. Stephan an der Universität Salzburg, 12.-13.11.2010, zum Thema „die königliche Speise Brot. Moraltheologische Erwägungen über Essen und Trinken“
  • Die Mensch-Tier-Beziehung im interdisziplinären Dialog, Internationale Fachtagung im Bayerischen Ministerium für Landwirtschaft und Forsten München 13.-14.11.09.
  • Vortrag beim Symposium "Medizinphilosophie" der Redaktion "Aspekte der Medizinphilosophie" und des Interfaktultären Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) an der Universität Tübingen, 18.-19.10.2008, zum Thema „Essen"
  • Vortrag auf der Österreichischen Pastoraltagung 2007 St. Virgil Salzburg zum Thema „Schöpfungsverantwortung als pastorale Aufgabe"
  • Vortrag auf dem Internationalen Kongress für Moraltheologie und Sozialethik 2003 zum Thema „Ethik im Konflikt der Überzeugungen"

Publikationen zum Schwerpunkt allgemein (Auswahl)

  • Michael Rosenberger, Eingebunden in den Beutel des Lebens. Christliche Schöpfungsethik, Münster 2021.
  • Michael Rosenberger, Spiritualität aus Erde. Unterwegs zu einer Ökumene des Geistes, Würzburg 2021.
  • Michael Rosenberger, Zwischen individuellen Ansprüchen und systemischen Erfordernissen. Der Konsum von tierlichen Produkten in der Ernährung, in: Martin M. Lintner (hg), Mensch – Tier – Gott. Interdisziplinäre Annäherungen an eine christliche Tierethik, Baden-Baden 2021, 337-350. Open Access, Download unter: https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748907084/mensch-tier-gott.
  • Michael Rosenberger, Tierethik, in: Staatslexikon 8. Auflage Band 5 (2021), 1040-1042.
  • Michael Rosenberger, Zweieiige Zwillinge. Corona und die Umweltkrise, in: Wolfgang Kröll/ Hans-Walter-Ruckenbauer/ Johann Platzer/ Walter Schaupp (hg), Die Covid-19 Pandemie als medizinische und gesellschaftliche Krise – Interdisziplinäre Perspektiven, Baden-Baden 2020, 199-212.
  • Michael Rosenberger, "Natur" - ein Konzept in Entwicklung. Von der Relevanz moderner naturwissenschaftlicher Erkenntnisse für die ethische Bewertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, in: Ewald Volgger/ Florian Wegscheider (hg), Benediktion von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Regensburg 2020, 106-115.
  • Michael Rosenberger, Tiere bestatten. Soziologische und theologische Überlegungen zu einem gesellschaftlichen Trend, in: Clemens Wustmans/ Niklas Peuckmann (hg), Räume der Mensch-Tier-Beziehung. Öffentliche Theologie im interdisziplinären Gespräch, Leipzig 2020, 307-317.
  • Michael Rosenberger, Sich den Wert des Tieres vor Augen halten. Das rituelle Schlachten und der Tierschutz, in: Dialog/DuSiach 117 (2019), 8-22.
  • Michael Rosenberger, Allem Wild dienen. Überlegungen zu einer aus tierethischer Sicht vertretbaren Jagd, in: Elke Diehl/ Jens Tuider (hg), Haben Tiere Rechte? Aspekte und Dimensionen der Mensch-Tier-Beziehung, Bonn 2019, 271-278.
  • Michael Rosenberger/ Norbert Weigl (hg), Forstwirtschaft und Biodiversität. Interdisziplinäre Zugänge zu einem Brennpunkt nachhaltiger Entwicklung, München 2018.
  • Michael Rosenberger, Die Reste einsammeln (Mk 6,43). Lebensmittelverluste als ethische und spirituelle Herausforderung, in: Stimmen der Zeit 236 (2018), 863-874.
  • Michael Rosenberger, Der Weg der „ökologischen Umkehr“. Schöpfungsethik und Schöpfungsspiritualität im Anthropozän, in: Brigitte Bertelmann/ Klaus Heidel (hg), Leben im Anthropozän. Christliche Perspektiven auf eine Kultur der Nachhaltigkeit, München 2018, 259-270.
  • Michael Rosenberger, Mehr als Naturromantik. 40 Jahre empirische Erforschung von Effekten der Natur auf den Menschen – ein Literaturbericht, in: Michael Rosenberger/ Norbert Weigl (hg), Forstwirtschaft und Biodiversität. Interdisziplinäre Zugänge zu einem Brennpunkt nachhaltiger Entwicklung, München 2018, 181-188.
  • Michael Rosenberger, Diesseits und jenseits der Nützlichkeit. Theologisch-ethische Überlegungen zur Bedeutung von Biodiversität im Wald, in: Michael Rosenberger/ Norbert Weigl (hg), Forstwirtschaft und Biodiversität. Interdisziplinäre Zugänge zu einem Brennpunkt nachhaltiger Entwicklung, München 2018, 213-224.
  • Michael Rosenberger, Freude an dem, was wächst. Schöpfungsspiritualität contra Machbarkeit, in: Walter Krieger/ Balthasar Sieberer (hg), Der Hoffnung Räume öffnen, Linz 2018, 97-106.
  • Michael Rosenberger, „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht…“ Christliche Schöpfungsspiritualität zwischen Angst und Hoffnung, in: Severin Lederhilger (hg), Gärten in der Wüste. Schöpfungsethik zwischen Wunsch und Wirklichkeit, Regensburg 2018, 39-49.
  • Michael Rosenberger, Über individualethische Denkformen hinaus. (Tier-) Gerechtigkeit im Spannungsfeld individualistischer und systemischer Begründungen, in: Tierstudien 13 (2018), 124-135.
  • Michael Rosenberger, Freundschaft zwischen Mensch und Tier. Ein Bericht über den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, in: Angelika Walser (hg), Freundschaft, Innsbruck 2017, 157-171.
  • Michael Rosenberger, Tiere bestatten? Theologische Überlegungen zu einem gesellschaftlichen Trend, in: Stimmen der Zeit 235 (2017), 531-539.
  • Michael Rosenberger, Spaßverderberei? Der Trend zu ethischer Ernährung und die Sehnsucht nach Sinn, in: Lebendige Seelsorge 68 (2017), 183-187.
  • Michael Rosenberger, Alternativ-Religion? Vegetarismus und Veganismus im frühen Mönchtum und in der Postmoderne, in: Geist und Leben 90 (2017), 281-290.
  • Georg Winkler, "Mit Freude und Hirnschmalz - für alles, was ist." Impulse benediktinischer Spiritualität für nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsstile, Linz 2016.
  • Michael Rosenberger, Eine eindringliche Mahnung. Die Enzyklika “Laudato si‘“ im Kontext apokalyptischer Bilder, in: Polonia Sacra 20 (2016)/ 3 (44),5-22.
  • Michael Rosenberger, Wie viel Tier darf's sein? Die Frage ethisch korrekter Ernährung aus der Sicht christlicher Ethik, Würzburg 2016.
  • Michael Rosenberger, Der Traum vom Frieden zwischen Mensch und Tier. Eine christliche Tierethik, München 2015.
  • Kurt Kotrschal/ Michael Rosenberger, Persönlichkeit, in: Klaus Petrus/ Arianna Ferrari (hg), Lexikon der Mensch/Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015, 282-284.
  • Michael Rosenberger, Im Brot der Erde den Himmel schmecken. Ethik und Spiritualität der Ernährung, München 2014.
  • Michael Rosenberger, Die Ratio der „Klima-Religion“. Eine theologisch-ethische Auseinandersetzung mit klimaskeptischen Argumenten, in: GAIA 23/2 (2014), 93-99. - ausgezeichnet mit dem zweiten Platz beim GAIA Best Paper Award 2014.
  • Michael Rosenberger/ Georg Winkler (hg), Jedem Tier (s)einen Namen geben? Die Individualität des Tieres und ihre Relevanz für die Wissenschaften, Linzer WiEGe-Reihe. Beiträge zu Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft Band 7 (2014), elektronische Publikation, Download
  • Michael Rosenberger/ Norbert Weigl (hg), Über Nutzen und Würde von Wald und Holz. Überlegungen zur Verantwortung im Umgang mit einer zentralen Lebensgrundlage, München 2014.
  • Michael Rosenberger, Wie viel ist uns die Schöpfung wert? Von der sozialen zur ökosozialen Marktwirtschaft, in: Birgit Feldbauer-Durstmüller/ Edeltraud Koller (hg), Wirtschaft und Ethik - ein notwendiger Dialog? Wien 2010.
  • Carola Otterstedt/ Michael Rosenberger (hg), Gefährten, Konkurrenten, Verwandte. Die Mensch-Tier-Beziehung im wissenschaftlichen Diskurs, Göttingen 2009.
  • Edeltraud Koller, Unseren Händen anvertraut. Österreichische Pastoraltagung vom 11. bis 13. Januar 2007, in: Orientierung 71 (2007), 85-88.
  • Michael Rosenberger, Responsabilità e spiritualità per il creato - Al cuore della nostra fede cristiana, in: Paolo Tarchi/ Simone Morandini (hg), Emergenza rifiuti. Una proposta tra orizzonti teologici ed esperienze operative, Bologna 2007, 15-24.
  • Michael Rosenberger, L'albero della vita: dizionario teologico di spiritualità del creato, Bologna 2006 (italienische Übersetzung von: Michael Rosenberger, Im Zeichen des Lebensbaumes. Ein theologisches Lexikon der christlichen Schöpfungsspiritualität, Würzburg 2001).
  • Michael Rosenberger, Öko-Seligkeit. Zufrieden im Einklang mit der Natur, in: Alfred Bellebaum/ Detlef Herbers (hg), Glück im Angebot, Münster 2006, S. 29-43.
  • Michael Rosenberger/ Günter Virt, Rediscovering the Sigh of Creation. A Catholic Perspective on Contemporaneous Creation Theology, in: Lukas Vischer (hg), Listening to Creation Groaning, Genève 2004, S. 105-127.
  • Michael Rosenberger, Schwingungen des Lebens. Biologische Rhythmen und ihre moraltheologische Relevanz, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 151 (2003), 177-190.
  • Michael Rosenberger, Im Zeichen des Lebensbaumes. Ein theologisches Lexikon der christlichen Schöpfungsspiritualität, Würzburg 2001 (2. Aufl. 2008).
  • Michael Rosenberger, Was dem Leben dient. Schöpfungsethische Weichenstellungen im konziliaren Prozess der Jahre 1987-89, Stuttgart 2001 (Band 21 der Reihe „Theologie und Frieden").
  • Michael Rosenberger, Vision einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Zur Studie von BUND und Misereor aus moraltheologischer Perspektive, in: Orientierung 60 (1996), 111-115.