Die Mensch-Tier-Beziehung im interdisziplinären Dialog (seit 2008)

Projekt in Verbindung mit der Stiftung Bündnis Mensch & Tier.

Noch vor rund zwanzig Jahren war das Tier fast ausschließlich unter der Perspektive seines Nutzens für den Menschen Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung. Zudem wurde dieser rein anthropozentrische, instrumentelle Nutzen auf die Perspektive technisch-ökonomischer Rationalität verengt. Weder wurden kulturelle oder psychische Wirkungen des Tieres für den Menschen wahrgenommen noch wurde das Tier als eigenständiges Subjekt, als einmaliges, unverwechselbares Individuum und als unabhängiges Gegenüber zum Menschen betrachtet. Jedenfalls galt dies für den Mainstream fast aller Wissenschaften.

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Tier als Subjekt war damals Exoten vorbehalten. In kleinen Kreisen am Rande des Wissenschaftsbetriebs waren sie schon zu dieser Zeit überzeugt, dass das Tier mehr und anders gelagerte Aufmerksamkeit verdiene. Doch erst nach und nach wurden ihre Stimmen gehört. So fand ein Paradigmenwechsel statt, der heute irreversibel scheint, auch wenn er noch lange nicht die volle Breite des wissenschaftlichen Diskurses erfasst hat. Kein Wissenschaftler kann heute mehr unwidersprochen behaupten, dass das Tier keinen Eigenstand, keinen eigenen Wert, keine Individualität besitzt und eine vielschichtige, höchst komplexe Beziehung zum Menschen besitzt.

Nachdem auf diese Weise ein erster Schritt gelungen ist - die Fokussierung wissenschaftlicher Aufmerksamkeit auf das Tier als Tier - steht nun aber unweigerlich der zweite Schritt an. Noch bewegen sich die meisten Reflexionen innerhalb der Bahnen einer einzelnen Wissenschaftsdisziplin. Die an sich gängige Interdisziplinarität ist im Blick auf die Erforschung des Tieres als Tieres und seiner Beziehung zum Menschen noch Wunsch, aber kaum Wirklichkeit. Selbst die bereits genannten Exoten, die sich schon lange mit der Frage nach dem Tier als Individuum beschäftigen, kennen einander und die Erkenntnisse ihrer Arbeit über die Grenzen der je eigenen Wissenschaftsdisziplin hinaus kaum.

2007 wurde die Stiftung Bündnis Mensch & Tier gegründet, die sich für eine nachhaltige Förderung der Mensch-Tier-Beziehung - unter anderem im Bereich der Forschung - engagiert. Auf Einladung der Stiftung treffen sich seit 2008 WissenschaftlerInnen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen regelmäßig zur Interdisziplinären Arbeitsgruppe Mensch-Tier-Beziehung in München. Über den internen Diskurs hinaus arbeiten sie gemeinsam an Publikationen und Fachtagungen.

Fachtagung:

  • "Jedem Tier (s)einen Namen geben? Die Individualität von Tieren und ihre Relevanz für die Wissenschaften", interdisziplinäres Symposion im Schloss Eferding 16.-17.09.13. Symposion-Tierindividualität-Tagungsbericht
  • Die Mensch-Tier-Beziehung im interdisziplinären Dialog, Internationale Fachtagung im Bayerischen Ministerium für Landwirtschaft und Forsten München 13.-14.11.09.
     

Publikationen:

  • Michael Rosenberger, Der Traum vom Frieden zwischen Mensch und Tier. Eine christliche Tierethik, München 2015.
  • Kurt Kotrschal/ Michael Rosenberger, Persönlichkeit, in: Klaus Petrus/ Arianna Ferrari (hg), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015,282-284.
  • Michael Rosenberger, Tierische Organe für den Menschen? Erwägungen der theologischen Tierethik, in: Münchener theologische Zeitschrift  65 (2014), 27-36.
  • Michael Rosenberger, Füttern und gefüttert werden. Tierethische Aspekte menschlicher Ernährung, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 162 (2014), 158-165.
  • Michael Rosenberger, Der Mensch und seine Tiere, in: AMOSinternational 8/3 (2014), 3-5.
  • Diskussion im Anschluss an den Vortrag von Michael Rosenberger, in: Michael Rosenberger/ Georg Winkler (hg), Jedem Tier (s)einen Namen geben? Die Individualität des Tieres und ihre Relevanz für die Wissenschaften, in: Linzer WiEGe-Reihe. Beiträge zu Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft Band 7 (2014), elektronische Publikation, 131-141. Zum Download
  • Michael Rosenberger, Einzigartige Berufung. Überlegungen zu einer „Existenzialethik des Tieres“, in: Michael Rosenberger/ Georg Winkler (hg), Jedem Tier (s)einen Namen geben? Die Individualität des Tieres und ihre Relevanz für die Wissenschaften, in: Linzer WiEGe-Reihe. Beiträge zu Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft Band 7 (2014), elektronische Publikation, 119-130. Zum Download
  • Michael Rosenberger/ Georg Winkler (hg), Jedem Tier (s)einen Namen geben? Die Individualität des Tieres und ihre Relevanz für die Wissenschaften, Linzer WiEGe-Reihe. Beiträge zu Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft Band 7 (2014), elektronische Publikation. Zum Download
  • Peter Kunzmann/ Michael Rosenberger, Ethik der Jagd und Fischerei, in: Herwig Grimm/ Carola Otterstedt (hg), Das Tier an sich? Disziplinen übergreifende Perspektiven für neue Wege im wissenschaftsbasierten Tierschutz, Göttingen 2012, 297-314.
  • Michael Rosenberger, Mit Noach in der Arche, mit Jesus im Paradies. Neuere Ansätze der theologischen Tierethik, in: Herwig Grimm/ Carola Otterstedt (hg), Das Tier an sich? Disziplinen übergreifende Perspektiven für neue Wege im wissenschaftsbasierten Tierschutz, Göttingen 2012, 14-36. 
  • Carola Otterstedt/ Michael Rosenberger (hg) 2009,Gefährten, Konkurrenten, Verwandte. Die Mensch-Tier-Beziehung im wissenschaftlichen Diskurs, Göttingen.
  • Michael Rosenberger, Mensch und Tier in einem Boot. Eckpunkte einer modernen theologischen Tierethik, in: Carola Otterstedt/ Michael Rosenberger (hg), Gefährten, Konkurrenten, Verwandte. Die Mensch-Tier-Beziehung im wissenschaftlichen Diskurs, Göttingen.
  • Michael Rosenberger 2008, „Waid-Gerechtigkeit". Grundzüge einer christlichen Ethik der Jagd, in: Lehr- und Forschungsanstalt für Land- und Forstwirtschaft (hg), Jagd und Jäger im Visier - Perspektiven für die Freizeitjagd in unserer Gesellschaft, Irdning, 5-14 (nochmals veröffentlicht in: Der OÖ Jäger. Informationsblatt des OÖ Jagdverbandes 35 (2008) Heft 4,12-16; 36 (2009) Heft 1,10-14 und Heft 2,9-14; zudem nochmals veröffentlicht in: Ökojagd 13 (2009) Heft 3, 16-26).
  • Michael Rosenberger 2004, „Nicht bis zum letzten Blutstropfen...". Das Schlachten von Tieren in den monotheistischen Religionen, in: Andreas Lob-Hüdepohl (hg), Ethik im Konflikt der Überzeugungen, Freiburg i.B./ Freiburg i.Ue., S. 154-164 (gekürzt nochmals abgedruckt 2005 in: Forum Teologiczne VI, 41-50.
  • Karin Gabler/ Michael Rosenberger 2004, „Wir müssen Tiere als Mitgeschöpfe wieder mehr achten", in: Franz-Theo Gottwald (hg), Geschöpfe wie wir. Zur Verantwortung des Menschen für die Nutztiere - Kirchliche Positionen, München, S. 63-72.