Schwerpunkt Religionsästhetik
Zur Auslotung religionsästhetischer Forschungsfelder lassen sich in der religionsästhetischen Theoriebildung drei Ebenen unterscheiden:
1. Die Ebene der Wahrnehmungstheorie, d.h. einer Anthropologie der Sinne, wie sie als Grundlage der Rekonstruktion von Kultur gedacht werden kann (oft als Aisthesis verstanden).
2. Religionsästhetik im engeren Sinne, die Semiotiken, Symbolisierungsformen und die Medien der Darstellung des letztlich nicht Darstellbaren komparativ diskutiert und in den Zusammenhang mit anderen Kulturleistungen von Gesellschaften stellt.
3. Die ästhetische Diskussion um Ordnungsprinzipien, die das „Schöne“ als Inbegriff einer strukturierten Welt verstehen und zu einem darüber hinaus gehenden unbegreiflichen Erhabenen in Beziehung setzen, das die Kontingenz und Absurdität der menschlichen Erfahrung in die Domäne der Religion einzuordnen sucht, letztlich also eine Ästhetik des Wissens reflektiert.
Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Forschungsfeldes Religionsästhetik soll auf den Themenbereich „Enthüllung – Verhüllung – Verdrängung“ gelegt werden. Die Dialektik von Ver- und Enthüllung ist ein entscheidender Generator für Aufmerksamkeit, die durch die Spannung von An- und Abwesenheit evoziert wird. Ebenso ist die Verhüllung ein Anstoß nach Begriffen für dasjenige zu suchen, was sich dem Sinnlichen entzieht. Der Begriff der Verdrängung deutet darauf hin, dass Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsmuster ebenso sozialpsychologischen Dispositionen wie gesellschaftlichen Bedingungen und Machtverhältnissen unterliegen. Das assoziationsreiche Themenfeld „Enthüllung – Verhüllung – Verdrängung“ weist so instruktive Verbindungslinien zwischen Religions-, Kunst- und Sozialwissenschaften, Philosophie („Epiphanie“) sowie Theologie („Offenbarung“) auf und stellt damit eine Schnittmenge interdisziplinär vernetzter und gesellschaftlich relevanter Forschungsfelder dar.