42. Kongress für Moraltheologie und Sozialethik 2025: Gefühle und Ethik
Sonntag, 7.9.25 – Mittwoch, 10.9.25, Bildungshaus Schloss Puchberg/ Wels (Programmentwurf Stand Februar 2025)
Seit Beginn des dritten Jahrtausends haben Gefühle in den Geisteswissenschaften neue Aufmerksamkeit gefunden. Diese geht so weit, dass man mittlerweile von einem „affective turn“ spricht. Allerdings ist diese methodische Wende von der theologischen Ethik bislang nur ansatzweise aufgegriffen worden. Dabei verspricht eine größere Sensibilität für die Gefühle fruchtbare Weiterentwicklungen der Moraltheologie wie der Sozialethik.
Evolutionsbiologie, Verhaltensforschung und Neurowissenschaften präsentieren vertiefte Einsichten in Entstehung, Funktion und (Zweck-)Rationalität von Gefühlen, insbesondere für sozial lebende Wesen wie den Menschen. Doch obgleich nahezu alle universalistischen Ethiktheorien der Gegenwart bestimmte Gefühle als grundlegend voraussetzen (z.B. einen Gerechtigkeitssinn oder ein Gerechtigkeitsgefühl), werden diese wenig reflektiert. Diese Beobachtung wiegt umso schwerer, als Gefühle große Bedeutung für die Strukturierung von Staat und Gesellschaft wie für die Gestaltung persönlicher Beziehungen haben, weil sie in besonderem Maße integrierend aber auch spaltend, anerkennend aber auch missachtend wirken können. Gefühle wie Scham und Empörung, Trauer und Liebe, Angst und Empathie stellen somit einen wichtigen Baustein für die ethische Theoriebildung dar.
Der Kongress möchte daher sowohl eine kritische Aufklärung der Gefühle durch die Ethik als auch eine kritische Aufklärung der Ethik durch die Gefühle leisten. Die Schärfung des begrifflichen und methodischen Bewusstseins von Moraltheologie und Sozialethik soll dadurch vorangetrieben und das Spannungsfeld zwischen Rationalismus und Emotivismus genauer vermessen werden. Auf dieser Grundlage lässt sich die Hermeneutik ethischer Ansprüche differenzierter und vielschichtiger darstellen.
Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger
Univ.-Prof. Dr. Christian Spieß
Sonntag, 7.9.25
Anreise (Taxi vom Hbf Wels)
16.00 Öffnung des Anmeldeschalters und des Tischs der Tagungsorganisation
18.00 Abendessen
19.00 Begrüßung, Grußworte des Rektors des Bildungshauses Puchberg, Christoph Burgstaller, und des Rektors der Katholischen Privatuniversität Linz, Univ.-Prof. Dr. Michael Fuchs; Einführung in das Thema durch die Tagungsleitung (im Spiegelsaal)
19.30 Erste Vortragseinheit (im Spiegelsaal): „So fallen die Schatten hinter dich“ (Helga Schubert). Gefühle – eine literarische Spurensuche: Katharina Hofmann, Schauspielerin am Landestheater Linz, liest ausgewählteTexte und kommt darüber mit Prof.in Dr.in Marianne Heimbach-Steins, Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster, ins Gespräch
21.00 Empfang (bei gutem Wetter im Innenhof, sonst in der roten Bar)
Montag, 8.9.25
9.00 Workshops (parallel in verschiedenen Räumen)
- Kontingente Gefühle. Impulse der aktuellen Emotionsforschung für die theologische Ethik: Dr.in Stephanie Höllinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Moraltheologie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
- Rache revisited: Ethische Betrachtungen zu einem (scheinbar) unzeitgemäßen Gefühl: Patrick Lindermüller, Universität Augsburg
- Empathie – Bedingung, Hindernis oder Beiwerk moralischer Urteilsbildung? Dr. Tim Zeelen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Moraltheologie der Universität Augsburg
- Religiöse Gefühle im Spannungsfeld von Innerlichkeit und kulturellen Kontexten: Dieter Fugger, Katholische Privatuniversität Linz
- Sentipensar: Bedeutung und Potenzial für die Theologische Ethik: Mirijam Salfinger, Universitätsassistentin am Institut für Systematische Theologie und Ethik der Universität Wien
10.00 Pause
10.30 Zweite Vortragseinheit (im Festsaal): Chancen und Herausforderungen von Transfers aus den Neurowissenschaften für die geistes- und sozialwissenschaftliche Emotionsforschung: Prof. Dr.Gary S. Schaal, Lehrstuhl für Politische Theorie an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg
- diskussionseröffnendes Kurzstatement: Prof. em. DDr. Walter Schaupp, Institut für Moraltheologie der Karl-Franzens-Universität Graz
12.00 Mittagessen
14.00 Dritte Vortragseinheit (im Festsaal): Emotionen in der Theologischen Ethik. Psychologische Zugänge zu einer Grundkategorie der Moralpsychologie: Univ.-Prof. DDr.Ralf Lutz, Institut für Moraltheologie der Karl-Franzens-Universität Graz
- diskussionseröffnendes Kurzstatement: Prof.in Dr.in Monika Bobbert, Institut für Moraltheologie der Universität Münster
15.30 Pause
16.00 Vierte Vortragseinheit (im Festsaal): Die Wunden der Scham. Eine soziologische Perspektive: Prof. Dr.Sighard Neckel, Professur für Gesellschaftsanalyse und sozialen Wandel an der Universität Hamburg
- diskussionseröffnendes Kurzstatement: Prof. Dr. Matthias Möhring-Hesse, Lehrstuhl für Theologische Ethik/ Sozialethik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
17.30 Workshops (parallel in verschiedenen Räumen)
- SDG 18: zum Wollen hinter dem Sollen: Dr.in Julia Blanc, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Theologische Ethik der Universität Passau
- Die Entwicklung der Empathie-Forschung zur Grundsäule der Evolutionären Ethik – Interdisziplinäre Impulse für die Moraltheologie: Adam Widera, Universität Wien
- «Fingerspitzengefühl». Konzeption und ethische Relevanz haptisch-taktiler Berührung: Nina Stern, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Department Soziale Arbeit der Ostschweizer Fachhochschule St. Gallen
- Palliative Care als Paradebeispiel der Anerkennung der Relevanz von Emotionen – Ein Blick in die Praxis: Teresa Emanuel, Universität Augsburg
- Schuldgefühl, Schuldigkeit, Schulden. Über eine Kategorie im Grenzbereich zwischen Emotion und Moral: Timo Hartmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für christliche Sozialethik der Universität Augsburg
18.30 Abendessen
19.30 Öffentliche Abendveranstaltung (= fünfte Einheit): Moderierte Podiumsdiskussion: Wutbürger und Gutmenschen. Zur Kultivierung der Gefühle im ethischen Diskurs im Spannungsfeld ihrer zerstörerischen und produktiven Potenziale
Angesichts des wachsenden Zulaufs zu den „Wutbürger*innen“ reagiert die politische Mitte bisher vorwiegend mit dem nüchternen Vortragen von immer mehr Sachargumenten. Empirische Studien zeigen jedoch, dass diese Strategie wirkungslos bleibt und ins Leere läuft. Starken Gefühlen kann nur auf der emotionalen Ebene begegnet werden. Wie kann also eine neue Kultur der Gefühle aussehen, die diese in verantwortungsvoller Weise von innen her formt? Wie kann sie in ethische und politische Diskurse eingebracht werden? Und was kann die theologische Ethik zu diesen Prozessen beitragen?
- Podium: Dr.in Stephanie Höllinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Moraltheologie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, Professor für Theologische Ethik an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin, Juniorprofessorin Dr.in Anna Maria Riedl, Professur für Christliche Sozialethik der Universität Bonn, Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister, Moraltheologisches Seminar der Universität Bonn
- Moderation: Mag.a Doris Helmberger-Fleckl, Chefredakteurin der Wochenzeitung Die Furche, Wien
Dienstag, 9.9.25
9.00 Sechste Vortragseinheit in drei parallelen Gruppen: Gefühle in sozialethisch relevanten Handlungsfeldern
- Populistisches Storytelling. Emotionale politische Rhetorik aus ethischer und religiöser Sicht: Prof. em. Dr.Walter Lesch, Professur für Sozialethik und Moralphilosophie der Université catholique de Louvain
- Moralisches Entscheiden von wirtschaftlichen Akteur_innen. Zur Bedeutung und Verortung von Gefühlen in der Wirtschafts- und Unternehmensethik: Prof.in Dr.in Edeltraud Koller, Lehrstuhl für Moraltheologie der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen, Frankfurt/ Main
- „Die Wut im Bauch boxt in den Kopf“. Gefühle und Bildung im Kontext Schule: Prof.in Dr.in Anna Noweck, Professorin für Theologie in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule München
10.30 Pause
11.00 Mitgliederversammlung
12.00 Mittagessen
13.45 Busfahrt nach Linz zur Katholischen Privatuniversität (Abfahrt an der öffentlichen Bushaltestelle)
14.30 Siebte Vortragseinheit (im Hörsaal 1+2 der KU Linz): The Moral Feeling of Hope: Prof.in Dr.inCarla Bagnoli, Professorin für Theoretische Philosophie an der Universität Modena & Reggio Emilia
- diskussionseröffnendes Kurzstatement: Prof.in Dr.in Angelika Walser, Professorin für Moraltheologie und Spirituelle Theologie an der Paris-Lodron-Universität Salzburg
16.00 Gang zum Dom
16.30 Besichtigung des Doms in vier thematischen Gruppen (Start aller im Dom-Center)
- Der Dombau als Mehrgenerationenprojekt: Dombaugeschichte anhand der Glasfenster und Rundgang über die Innengalerie (Dompfarrer em. Dr. Maximilian Strasser)
- Der Dom als Feierort: Besichtigung der liturgischen Geräte und Erläuterungen zur Altarraumneugestaltung von 2017 (Univ.-Prof. em. Dr. Christoph Niemand)
- Der Dom als Gedenkort: Die Stele für Franz Jägerstätter, seine Lebensgeschichte und sein Zeugnis als Martyrer (Dr. Andreas Schmoller, Leiter des Jägerstätter-Instituts an der KU Linz)
- Der Domturm als Einsiedelei: Turmbesteigung mit Besuch des Dachbodens, der Glockenstube und der Eremitenwohnung, Konzept des Turmeremiten (NN)
18.15 Eucharistiefeier mit Bischof Dr. Manfred Scheuer
19.30 Busfahrt zum Abendessen im Geburtsort Anton Bruckners, Ansfelden, im Gasthof Stockinger
22.00 Rückfahrt mit dem Bus nach Puchberg
Mittwoch, 10.9.25
9.00 Achte Vortragseinheit in drei parallelen Gruppen: Gefühle in moraltheologisch relevanten Handlungsfeldern
- Wissen durch Fühlen – Die Rolle(n) von Gefühlen beim ethischen Erkennen: Dr. Christoph Ammann,Pfarrer der Reformierten Landeskirche des Kantons Zürich und Ethiker
- Emotion und Religion – religionspsychologische Perspektiven: Dr. Michael Utsch, Honorarprofessor an der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg
- Can't stop the feeling. Gefühle beim Arbeiten in Ethikkommissionen: Prof.in Dr.in Kerstin Schlögl-Flierl, Lehrstuhlinhaberin für Moraltheologie der Universität Augsburg
10.30 Pause
11.00 Interaktive Ertragssicherung und Plenumsdiskussion (im Festsaal): (Personen noch offen)
12.30 Mittagessen und Veranstaltungsende
Tagungsbeitrag
Wir sind sehr froh, dass wir den Tagungsbeitrag im Vergleich zum letzten Kongress stabil halten können.
Voller Tagungsbeitrag: 180,- €
Ermäßigter Tagungsbeitrag für Studierende (bis 30 Jahre), Promovierende und Habilitierende sowie Bezieher*innen von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe (Nachweis beifügen): 120,- €
Kein Tagungsbeitrag wird erhoben von Teilnehmenden aus (mittel-)osteuropäischen Ländern
Unterkunft und Verpflegung im Bildungshaus Schloss Puchberg für die volle Kongressdauer werden bei etwa 290,- € liegen.
Die Anmeldung wird vsl. ab Mitte April möglich sein.