Gerald Wildgruber
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Wintersemester 2024/25
VL+L Themen und Aspekte der Philosophie in Geschichte und Gegenwart: Form, Schöpfung, Abstraktion: Formalismus in Philosophie, Literatur und Kunst
Kurzbeschreibung
Nach Walter Benjamin sei nur durch die ‚Eiswüste der Abstraktion‘ hindurch bündig zu einem konkreten Philosophieren zu gelangen. Die Lehrveranstaltung geht solchen Positionen in Philosophie, Literatur und Kunst v.a. des 19. und 20. Jahrhunderts nach, die einen grundlegenden Akt der Abstraktion als Voraussetzung von Kreativität, Schöpfung und Erfindung begreifen.In seinen unterschiedlichsten Spielarten als das Andere von Sinn und Inhalt kann der Begriff der „Form“ als dieses fruchtbare Element der Abstraktion angesehen, und die an seinem Leitfaden entwickelten Praktiken als „Formalismus“ bezeichnet werden.
Lernergebnisse
- (1) Die philosophische Tragweite solcher Denkformen erschließt sich am besten im Spannungsfeld von Kritik und Affirmation (Hegel vs. Leibniz).
- (2) Die Veranstaltung unternimmt es dann, die heuristisch an den beiden Extrempositionen herausgearbeitete philosophischen Klärungen an Begriffen der Form zu konturieren, wie sie in der Moderne (mit Vorläufern ab ca. 1800) als operative Verfahren der Lite-ratur und Kunst vorkommen.
- (3) Im Russischen Formalismus bildet sich dann die erste im eigentlichen Sinne wissenschaftliche Theorie der Literatur und Kunst aus, die wesentlich eine Theorie der künstlerischen Form ist. Hier laufen alle Fäden zusammen und werden als grundlegende methodische Optionen wichtige Entwicklungen der Geisteswissenschaften des 20 Jh (z.B. Strukturalismus und Dekonstruktion) entscheidend beeinflussen.
Literatur
- G.W. Leibniz, Gottfried Wilhelm Leibniz Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache (1697), in: Politische Schriften (=AA VI,4), hg.v. Leibniz-Editionsstelle Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2008, S. 528–565.o Weitere kleine Texte aus dem Nachlaß zum Symbolischen Erkennen und zur Characteristica Universalis / Spécieuse Générale.
- G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes, hg.v.W.Bonsiepen und R.Heede, Hamburg (Meiner) 1980, (=GW Bd.9), S. 9–49 (Vorrede).
- Poetologische Texte von Dichtern: Novalis, E.A.Poe, Ch. Baudelaire, St. Mallarmé, P.Valéry, G. Benn, P. Celan. Auswahl wird noch bekanntgegeben.
- Texte der Russischen Formalisten I, II, (zweisprachige Ausgabe), hg. v. Jurij Striedter und Wolf-Dieter Stempel, München 1972.o Darin vor allem: Roman Jakobson, Die neueste russische Poesie. Erster Entwurf Viktor Chlebnikov, in: Texte der Russischen Formalisten, Band II: Texte zur Theorie des Verses und der poetischen Sprache, S. 19–135.
- Aage A. Hansen-Löve, Der Russische Formalismus. Methodologische Rekonstruktion seiner Entwicklung aus dem Prinzip der Verfremdung, Wien 1978/1996.
- Felix Philipp Ingold, Der große Bruch. Rußland im Epochenjahr 1913. Kultur · Gesellschaft · Politik, München 2000
Prüfungs-& Beurteilungsmodalitäten
Die Haupttexte werden vor Beginn des Seminars zur Verfügung gestellt.Prüfungsleistungen werden in Form einer 30min mündlichen Prüfung auf der Basis eines zuvor eingereichten Thesenpapiers erbracht.