Kant als Mystiker?
Carl Arnold Wilmans wurde 1797 in Halle an der Saale mit einer These zum Magister und Doktor der Philosophie promoviert, wie sie kühner kaum hätte sein können: Er behauptete nämlich eine latente Ähnlichkeit zwischen der aufgeklärten, jeder unkritischen Schwärmerei abholden Religionsphilosophie Immanuel Kants und einer separatistischen Sonderform von reinem Mystizismus, wie er sie im Umfeld der Quäkerbewegung persönlich kennengelernt hatte.
Und als wäre diese Annäherung der reinen Mystik an den reinen Vernunftglauben nicht schon gewagt genug gewesen, schickte er seine Schrift sogar nach Königsberg, und zwar an Kant persönlich. Dieser zitierte im »Streit der Fakultäten« (1798) ausführlich aus dem Sendschreiben, das ihn von Wilmans erreicht hatte, und übergab dessen »gewagte Behauptungen« seinem Schüler und späteren Biographen Reinhold Bernhard Jachmann zur eingehenden Prüfung.
Wilmans’ These wird vor diesem Hintergrund auch heute noch kontrovers diskutiert, sein Text hingegen ist nie nachgedruckt, nie übersetzt und kaum je eingehend erläutert worden. Daraus ergeben sich Anspruch und Aufbau der hier vorgelegten Studie, die Wilmans’ Dissertation zweisprachig dokumentiert, in ihren philosophiegeschichtlichen Kontexten kommentiert und ihre systematische Relevanz für eine adäquate Verhältnisbestimmung von Moral und Religion herausarbeitet, in der sich schließlich Kants Kritik der Mystik und eine nicht unkantische Mystik der Kritik verschränken.
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