Zum Weltfrauentag am 8. März: Gemeinsam aktiv gegen den Backlash.

Vom explizit propagierten, lautstarken "Backlash" bis zu den subtilen Effekten einer schleichenden Rückabwicklung reichen die Zeichen der Gegenströmungen gegen Gleichstellung. Und auch andere globale gesellschaftliche und politische Entwicklungen werfen die Frage auf, ob wir an einer Wendezeit stehen: Ist das Modell des gerechten, liberalen und inklusiven demokratischen Zusammenlebens in Gefahr?
Oder ist ein "Backlash" soziologisch gesehen schlicht das ‘Normalste der Welt' – nichts als das ewige Spiel von Aktion und Reaktion, die klassische Dialektik von These und Anti-These? Und es gilt, beharrlich zu sein, selbst angesichts gesellschaftlicher und politischer Herausforderungen: Denn längerfristig gesehen komme es nur auf die ‘aufhebende' Synthese an – darauf, ein stabiles, tragfähiges Gleichgewicht, einen allgemein geteilten Konsens zu finden.
Dialoge suchen, Positionen ergründen, Stellung nehmen
Für ein gelingendes Miteinander bedarf es nicht nur eines offenen, einladenden Dialogs – gerade mit Positionen, die man nicht teilt, die man problematisch findet oder ablehnt. Es ist auch die Bereitschaft erforderlich, die eigenen Blasen und Narrative hinter sich zu lassen und sich differenziert mit anderen Sichtweisen zu beschäftigen; es bedarf auch und ganz besonders des fortgesetzten engagierten Eintretens für Themen, die einem:einer wichtig sind. Mit "MUT – Frauen – Kirche", einer Kooperationsveranstaltung mit den "MUTmacherinnen – Verein Frauen im Trend" am 16. April 2025, zeigt die KU Linz, wie Frauen die Zukunft der Institution Kirche neu gestalten.
Nachhaltige Veränderungsprozesse erfordern aber auch – wie es in mehreren Lehrveranstaltungen des Sommersemesters an der KU Linz schwerpunktmäßig geschieht –, sich mit der eigenen Geschichte und Kultur, mit 'kanonischen' literarischen Figuren und Tropen, mit Bild- und Darstellungstraditionen, mit Rollenklischees und -erwartungen, den blinden Flecken und Verzerrungen unserer historischen wie gegenwärtigen Lebens- und Vorstellungswelten auseinanderzusetzen. Nur so können Positionen und Standorte in der Zeit reflektiert, verstanden und bestimmt werden.
Dazu kann es notwendig sein, in die tiefsten Schichten der eigenen Tradition einzutauchen, wie es Professorin Susanne Gillmayr-Bucher im Sommersemester mit einer Vorlesung über Frauengestalten in Texten des Alten Testaments unternimmt:
Im Zentrum stehen alttestamentliche Frauengestalten und ihre Handlungsfelder, Einfluss- und Machtbereiche sowie ihre Initiativen. Gewonnen wird dabei ein Einblick in Kontexte der Familie, des Volkes und des Königshofs: In allen drei Bereichen finden sich mutige, starke und weise Frauen. – Das stellt stereotype Zuschreibungen wie "typisch Frau" oder “typisch Mann" in Frage, lässt herkömmliche Interpretationen brüchig werden und wirft ein anderes Licht auch auf die sozial- und religionsgeschichtlichen Hintergründe der Texte.
Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Gillmayr-Bucher, Professorin für Alttestamentliche Bibelwissenschaft
Professorin Ilaria Hoppe (Institut für Kunst in gegenwärtige Kontexten und Medien) untersucht in einem Seminar die schillernde Figur der Hexe, die in Kunst und Kultur der Gegenwart neue Aufmerksamkeit als eine auch politisch wirksame Metapher und Agentin erfährt. So spannt sie einen kulturgeschichtlichen Bogen von der historischen Situation der Frühen Neuzeit bis zu den Lesarten von Magie, Zauberei und esoterischer Spiritualität in der Gegenwart.
Nach "Nonnen-Kunst" fragt Professorin Monika Leisch-Kiesl (Institut für Geschichte und Theorie der Kunst) und wird mit den Seminar-Teilnehmer:innen dabei insbesondere auch Themen der Sozialgeschichte und des Gender-Diskurses erarbeiten: Wie etwa verändern sich Rollenmodelle und Gestaltungsräume von Frauen aufgrund wirtschaftlicher und technischer Entwicklungen? Abgezielt wird dabei auch auf Einsichten in die Methodologie historischer Gender-Forschung.
Für eine gerechte, offene Gesellschaft
Einen eminenten Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten künstlerische Auseinandersetzungen und Statements. Dass diese nicht nur Denkanstöße liefern und Diskussionen auslösen, sondern auch massive Abwehrreaktionen hervorrufen können, zeigt der zerstörerische Angriff auf die Skulptur "crowning" von Esther Strauß, die im Juli 2024 im Rahmen der - unter maßgeblicher Beteiligung von Professorin Anna Minta (Institut für Geschichte und Theorie der Architektur) und Universitätsassistentin Martina Resch (Institut für Fundamentaltheologie und Dogmatik) konzipierten und organisierten - Reihe DonnaStage im Linzer Mariendom zu sehen war. Und dabei geht es um weit mehr als die Frage nach der Freiheit der Kunst: Es geht um Transparenz und Redlichkeit gesellschaftlicher Diskurse, um Toleranz und Besonnenheit im Zusammenleben und um Kultur und Klima öffentlicher Diskussion.
Die KU Linz versteht sich als offener Raum für Dialog, Verständigung und Austausch. In Lehre und Forschung, in wissenschaftlichen Projekten und öffentlichen Veranstaltungen der Fachbereiche Theologie, Philosophie und Kunstwissenschaft nimmt die Frage nach einem gerechten gemeinsamen Leben und danach, wie Gleichberechtigung und Diversität gesellschaftlich etabliert und verankert werden können, breiten Raum ein – als Anliegen, das jeden Tag aufs Neue verwirklicht werden will.
8.3.2025/RK/HE