Weltkirche im Umbruch: Der synodale Prozess von innen.

Die Zukunft der Kirche stand im Mittelpunkt einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung, zu der Pro Oriente, die Katholische Aktion Oberösterreich und das Katholische Bildungswerk am 3. Dezember 2024 an die Katholische Privat-Universität Linz luden. Persönliche Einblicke in Abläufe, Entscheidungsprozesse und Ergebnisse der diesjährigen Bischofssynode in Rom von Universitätsprofessorin Klara-Antonia Csiszar bildeten den Impuls für eine Podiumsdiskussion mit Diözesanbischof Manfred Scheuer und KA-Vertreterin Magdalena Lorenz.

Zwischen den Polen Sensation und Enttäuschung liegen die Reaktionen auf die Bischofssynode im Oktober 2024, so Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer in seinen einführenden Worten als Vorsitzender der Sektion Linz von Pro Oriente. Und gehe es vielen auch zu langsam: unbestreitbar sei, dass ein Ruck die Kirche ergriffen habe, dass entscheidende Zukunftsfragen nun unwiderruflich auf der Agenda angekommen seien und zur Diskussion stünden. Zeigen müsse sich aber erst, wie Synodalität in den nächsten Jahren in die auch rechtliche Praxis und konkreten Vollzüge der Kirche überführt werde. Gastgeber Rektor Michael Fuchs unterstrich in seinem Grußwort, dass "was in Rom geschieht, uns alle betrifft", eine "res nostra" sei. Es sei daher auch Aufgabe der KU Linz, den synodalen Prozess nicht nur inhaltlich theologisch, sondern multiperspektivisch zu reflektieren und mitzugestalten – als dynamische Entwicklung von neuen Modellen, Methoden und Wegen der Kommunikation.

Entlang der Hauptpunkte des "Instrumentum laboris" für die Synodensitzung im Oktober – Beziehungen, Wege, Orte – eröffnete Universitätsprofessorin Klara-Antonia Csiszar, nach der ersten Sitzung im Oktober 2023 heuer neuerlich als theologische Beraterin eingeladen, bei ihrem Vortrag eine ganz persönliche Innenperspektive auf die Wochen in Rom. Sie führte das zahlreich erschienene Publikum, darunter namentlich auch Vertreter der orthodoxen Kirchen, mitten hinein in Stimmungen, Atmosphären und persönliche Begegnungen. "Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen" betitelte sie diese "Tagebuchnotizen" der Synode, die sie unter das Motto der "inneren Freiheit" stellte. Beispielhaft machte sie am intensiven Austausch mit anderen Synodenteilnehmer:innen und am durchaus auch spannungsreichen Ablauf der Synode eines sichtbar: Es ist ein Prozess, der von Individuen getragen wird, die sich zusammenfinden, um einander zuzuhören, einander unmittelbar kennenzulernen und so zu erfahren, was Kirche in ihrer Vielfalt und in ihren Herausforderungen heute in einer globalen Perspektive ist. Dabei kam eine neue Offenheit und Lernfähigkeit zum Durchbruch und damit die Transformationsfähigkeit einer Kirche, deren Amtsträger – wie Kardinal Victor Manuel Fernández nach dem Eklat um die Diskussionsverweigerung der "Arbeitsgruppe 5" – auch einbekennen: "I have learned." Indem die vielfältigen Gesichter und Geschichten, Charismen und Ämter, Engagements und Lebenswirklichkeiten der Kirche in Rom aus erster Hand erlebt werden konnten, war die Synode für Teilnehmer:innen ein nachhaltiges spirituelles Erlebnis, das – bei manchen vielleicht überhaupt zum ersten Mal – bewusst machte, was Taufgemeinschaft für Christ:innen bedeuten kann. Ohne damit die schwierigen noch offenen Fragen (Stichwort: Frauenordination) überblenden zu wollen, zeuge die Synode von einer wandlungsfähigen Kirche – und nicht zuletzt auch von kirchenpolitisch klugem Agieren: Um die Einheit der Weltkirche zu bewahren, bedarf es in vielen Bereichen einer bedachtsamen Entscheidungsfindung; Zerreißproben seien nur zu verhindern, wenn es eine breite Beteiligungsbasis gebe und man "nicht nur die Positionen hört und berücksichtigt, die einem selber passen".

Podiumsdiskussion: Kirche zu sich selbst kommen lassen.

In der anschließenden offenen Podiumsdiskussion wurde noch einmal deutlich, dass der synodale Prozess nicht verkürzt als Neuausrichtung bloß internen Organisationsstrukturen und Kommunikationsformen missverstanden werden darf. Und es handelt sich auch um mehr als ein durch Säkularisierung und neue Lebensentwürfe aufgenötigtes Reagieren auf den Bedeutungsverlust von Kirche und Glaube. Es geht im Letzten und Eigentlichen darum, die Kirche zu sich selbst kommen zu lassen – als eine Gemeinschaft, die nicht eine Mission hat, sondern Element der Missio Die ist.

Bischof Manfred Scheuer forderte auf, den synodalen Prozess weiter zu denken: Welche Perspektive und welches Verhältnis hat die Kirche zum Judentum? Wie steht es um die Ökumene? Was können wir über Synodalität von den anderen christlichen Kirchen lernen? Und ist man im Sinne der Zeitgenossenschaft nicht auch aufgerufen, andere Kulturen und Weltanschauungen in die eigene Selbstvergewisserung einzubeziehen? Kirche sei stets am Weg und immer auch als Institution aufgerufen zu Umkehr und Reinigung. Synodalität sei noch ein ergebnisoffener Prozess, der erst auf allen Ebenen – bis zu den einzelnen Pfarren – verwirklicht und gelebt werden müsse. Sie werden sich auch nicht punktuell und einmalig "erledigen" lassen, sondern sich jeden Tag aufs Neue konkret bewähren müssen.

Hier hakte Magdalena Lorenz, langjährige Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich, Vertreterin der Katholischen Aktion und angehende Theologin, ein: Es müsse sich in dieser Verwirklichung erweisen, ob eine synodale Kirche der offene und einladende Raum werden und sein könne, den es braucht, um insbesondere junge Menschen und kirchenferne Gruppen anzusprechen. Das Angebot einer synodalen Kirche müsse sich auch selbst jenseits eines bloßen Kosten-Nutzen-Kalküls verorten, als alternative Kultur eines "spirituellen Zuhörens". Diese könne zu einem Wendepunkt für Individuen, aber auch für die Kirche werden: Indem Synodalität nicht als Notfallmaßnahme zum organisatorischen Fortbestehen, sondern in ihrem Potenzial erkannt werde, Kirche als vielfältigen "Anerkennungsraum" zukunftsfähig zu gestalten.

Gerade auf diese Frage kam man bei der von Hochschulprofessor Florian Wegscheider moderierten Diskussion immer wieder zurück: Sich "organisatorisch" neu aufzustellen sei legitim und notwendig, und als Institution in der Welt werde es auch immer "Leitung" und verantwortliche Entscheidungsträger:innen in der Kirche geben müssen. Wie aber kann Synodalität die lebendige Weitergabe des Glaubenslebens sichern? Und vor allem: Wie kann eine synodale Kirche Menschen erreichen, die in Distanz zur Kirche stehen, sich aber deshalb nicht weniger drängende Fragen nach Leben, Glauben, Spiritualität stellen?

In diesem Sinne zitierte Josef Pühringer am Ende der Veranstaltung Worte von Papst Franziskus bei der Abschlussmesse der Synode im Oktober: "Wir können nicht sitzen bleiben. Eine sitzende Kirche, die sich fast ohne es zu bemerken aus dem Leben zurückzieht und sich selbst an die Ränder der Wirklichkeit verbannt, ist eine Kirche, die Gefahr läuft, in Blindheit zu verharren und sich in ihrem eigenen Elend einzurichten. Und wenn wir in unserer Blindheit verharren, werden wir weiterhin unsere pastoralen Dringlichkeiten und die vielen Probleme der Welt, in der wir leben, nicht sehen."

4.12.2024/RK/HE