Schmelzpunkt. Ausstellung thematisiert Österreichs Berge im Klimawandel.

Das partizipative Ausstellungs- und Vermittlungsformat wir stellen aus: widmet sich im Sommersemester 2025 der Alpenlandschaft in Österreich. Kuratiert von Universitätsassistentin Chiara Juriatti, vereint die Ausstellung unterschiedliche Perspektiven auf die Berge: die Fotografien von Michael Goldgruber, historische Negative aus dem Karl Max Kessler Archiv und die poetischen Texte von Rike Scheffler treten in einen Dialog. Gemeinsam beleuchten sie den Wandel dieser Landschaft – zwischen Erhabenheit, Romantisierung und dem spürbaren Verlust. Das Kunstgespräch am 11. März 2025 machte die Dringlichkeit der aktuellen Situation eindrücklich sichtbar.

Die Alpen sind nicht nur das Herz des österreichischen Wintertourismus, sondern auch ein sensibler Klimaseismograf. Der Temperaturanstieg trifft diese Region besonders hart: Die Gletscher schmelzen, der Schnee wird knapper, künstliche Beschneiung hält den Betrieb aufrecht. Mit dem Eis schwindet nicht nur eine essentielle Süßwasserquelle, sondern auch ein Jahrtausende altes Klimaarchiv.

Diese Ausstellung macht den Verlust sichtbar. Im Zentrum stehen sieben Fotografien von Michael Goldgruber, der in seiner Serie De.Frost.Zones die Bruchzonen der Gletscherlandschaft zeigt. Seine Nahaufnahmen enthüllen nicht die einstige Erhabenheit der Berge, sondern ihre Fragilität – der Himmel ist verhangen, Orientierungspunkte fehlen, der Verlust wird greifbar.

Im Kontrast dazu stehen historische Negative von Karl Max Kessler aus dem frühen 20. Jahrhundert: Schneebedeckte Landschaften, inszeniert als unberührte Alpenidylle. Durch raffinierte Perspektiven und Fotomontagen verstärkte Kessler das Bild der majestätischen Bergwelt. Heute erscheinen seine Aufnahmen fast utopisch – ein Echo einer vergangenen Sehnsucht.

Die Gedichte von Rike Scheffler begleiten die Ausstellung im Treppenhaus. Ihre poetischen Reflexionen über Ökosysteme und ein mögliches Miteinander verorten sich in einer Zukunft des Umbruchs. Der Aufstieg durch das Gebäude gleicht dem Besteigen eines Berges – doch anstatt eines klaren Blicks vom Gipfel erwartet uns Orientierungslosigkeit. Goldgrubers abschließende Werke Spaltenzone und Snowmelt Segment lassen das Weiß und den Nebel überhandnehmen. Statt einer befreienden Aussicht steht hier die Metapher für den Umgang mit der Klimakrise: Je mehr wir wissen, desto mehr verlieren wir den Halt.

Gastprofessorin Annette Tietenberg von der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig setzte den kunsthistorischen Rahmen für das Kunstgespräch. Mit einem Verweis auf Robert Flecks Buch „Kunst und Ökologie“ streicht Tietenberg die Wichtigkeit der Kunst hervor, um für Themen der Ökologie zu sensibilisieren, Aufmerksamkeit zu schaffen. Die Führung durch die Ausstellung zeigt gerade dies: Die tatsächliche Erscheinung der Gletscher widerspricht der klischeehaften Vorstellung, die wir möglicherweise mit ihnen verbinden. 

Zu sehen sind die Kunstwerke noch bis Ende Juni 2025 bei freiem Eintritt. 

15.3.2025/CJ/HE