Neue Theologisch-praktische Quartalschrift zum Thema Auferstehung.

Auferstehung kein einmaliger Akt, sondern geschieht jeden Tag, überall dort, wo Menschen ihren Blickwinkel verändern, ihr Verhalten umsteuern, ihre Haltung neu ausrichten. In der aktuellen Ausgabe der Theologisch-praktischen Quartalschrift "Auferstehung" beleuchten die Autor:innen in ihren Beiträgen diesen Motivkreis.

Liebe Leserin, lieber Leser!

Manchmal feiern wir mitten im Tag
ein Fest der Auferstehung.
Stunden werden eingeschmolzen
und ein Glück ist da.

Manchmal feiern wir mitten im Wort
ein Fest der Auferstehung.
Sätze werden aufgebrochen
und ein Lied ist da.

Manchmal feiern wir mitten im Streit
ein Fest der Auferstehung.
Waffen werden umgeschmiedet
und ein Friede ist da.

Manchmal feiern wir mitten im Tun
ein Fest der Auferstehung.
Sperren werden übersprungen
und ein Geist ist da.

Das bekannte Kirchenlied (GL 472) bringt auf den Punkt, was Auferstehung auch meint: aufstehen, sich erheben, alte Wege verlassen und neue gehen, widerständig sein, Grenzen sprengen, sich und andere neu ausrichten. Damit ist Auferstehung kein einmaliger Akt, der sich nicht allein auf das Ende der Zeiten oder nur auf eine leibliche Auferstehung nach dem Tod bezieht. Auferstehung geschieht jeden Tag, mitten im Leben, überall dort, wo Menschen ihren Blickwinkel verändern, ihr Verhalten umsteuern, ihre Haltung neu ausrichten, wo sie geheilt und befreit zu neuem Leben aufbrechen. Jesu Sieg über den Tod bleibt so ein sich je neu ereignender Akt liebender, Verwandlung ermöglichender Zuwendung.

Es ist dieser Motivkreis, den unsere Autorinnen und Autoren aus ihrer jeweiligen Fachperspektive in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen rücken. So beleuchten die ersten drei Beiträge vor allem biblische Befunde. Den Auftakt macht der Würzburger Fundamentaltheologe und Dogmatiker Hans Kessler. Anhand der neutestamentlichen Texte – was dort berichtet, erzählt, inszeniert wird – verdeutlicht er, wie Menschen sich trotz oder gerade wegen Jesu Tod bei aller Hoffnungslosigkeit von Gott im Innersten ergreifen, berühren und verwandeln ließen, welch radikalen Bruch sie vollzogen haben und wie total sie umkehrten, um Jesus nachzufolgen und ihn zu verkünden. Dass ein solch vollständiger Wandel durchaus mit Schweigen beginnen kann und das Erzählen von der Frohbotschaft begründet verzögert geschah, zeigt der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding. Er rückt die Frauen als erste Zeuginnen der Auferstehung in den Mittelpunkt, womit er eine neue Perspektive der Interpretation der Auferstehungserfahrung eröffnet. Wie groß die Sehnsucht der Menschen nach Errettung – vor allem aus dem Tod – schon in alttestamentlicher Zeit war, verdeutlicht der Münsteraner Alttestamentler Oliver Dyma. Bestand ursprünglich die Vorstellung, JHWH hätte keinen Zugriff auf das Reich der Toten, so stellte sich nach und nach die Erfahrung Seines rettenden und erlösenden Eingreifens ein, womit Entwicklungslinien der Entstehung einer Auferstehungshoffnung skizziert werden.

Die drei folgenden Beiträge wollen das Schwerpunktthema unseres Heftes im Heute in den Blick nehmen. Dass der Religionsunterricht in der Oberstufe nicht allein bei der Darstellung des Auferstehungsgedankens stehen bleiben muss, führt die Grazer Religionspädagogin Monika Prettenthaler eindrucksvoll vor Augen. Weil das Thema Auferstehung im Unterricht zum Umdenken, zum Neudenken provoziert, weil es aufrüttelt und durcheinanderbringt, kann es für Schüler:innen zum Anstoß eines neuen Lebens, zu einem Auferstehungsereignis werden. Wie solche Erfahrungen im Alltag konkret geschehen, wie einzelne Menschen dadurch angestoßen sowohl körperliche als auch seelische Veränderung erfahren oder ein ganz neues Verhalten entwickeln, beschreibt der Würzburger Pastoraltheologe Erich Garhammer. Indem er der literarischen Verarbeitung des Themas nachgeht, fördert er eindrückliche Zeugnisse sehr persönlicher Auferstehungserlebnisse zu Tage, die unter die Haut gehen. Daran anschließend erläutert der Linzer Diözesan-Kirchenmusikreferent und Lehrer am Konservatorium für Kirchenmusik Andreas Peterl, wie existenzielle Fragen des Menschseins in der Musik verarbeitet werden. Überrascht aufhorchen lässt die Feststellung, zu welchen Jahreszeiten und in welchen Kontexten das Motiv der Auferstehung besser nicht mehr aufgegriffen beziehungsweise in welche Zeiten des Jahres es verschoben wird.

Unser Heft beschließt die Linzer Religionspädagogin Helena Stockinger mit Überlegungen zu Konturen einer verletzlichkeitssensiblen Religionspädagogik. Sie erweitert religiöse Bildung um diese in ihren Augen wichtige Dimension für die heutige Zeit.

Geschätzte Leserinnen und Leser!

"… mitten im Tag ein Fest der Auferstehung …" – dass sich ein solches ereignet, ist nicht primär Verdienst des einzelnen Menschen. Vielmehr ist es Gnadengeschenk Gottes, das unverdient zuteilwird. Wenn es sich jedoch ereignet, wenn aus Finsternis Licht, aus Tod Leben, aus Verzweiflung Hoffnung, aus Streit Frieden, aus Erstarrung Handeln, aus Sprachlosigkeit Rede, aus Enttäuschung Freude, aus Gefangenschaft Freiheit wird, kann es zutiefst lebensverändernd, heilend, erlösend sein, dazu ermutigen, diese Frohbotschaft zu leben, von ihr zu erzählen und sie damit weiterzugeben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine befreiende Lektüre.

Ihre
Ines Weber
(Chefredakteurin)

10.5.2022/kd