Internationale Philosophie-Tagung widmet sich Kants Gottesbegriff.

"Persönlicher Gott oder 'ichloser' Grund. Kants Argumentationen und Henrichs Interpretation" lautete der Titel der internationalen Tagung, die am 19. und 20. Dezember 2024 an der Katholischen Privat-Universität Linz stattfand.

Immanuel Kants Denken gilt als "Weltphilosophie". Mit Recht lässt sich sagen, dass er der einzige moderne Denker ist, dessen Bedeutung und Aktualität außer Zweifel steht. Im Jahr 2024 wurde der 300. Geburtstag Kants begangen. Zugleich jährte sich am 17. Dezember 2024 der zweite Todestag von Dieter Henrich, einem der bedeutendsten Kant-Forscher der Gegenwart. Als langjähriger Professor für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Gastprofessor in Harvard und an der New Yorker Columbia University machte sich Henrich um die Erforschung der historischen und ideengeschichtlichen Zusammenhänge rund um Kant verdient. Dabei erschloss er auch bislang unbekannte oder verschollene Texte von Autoren dieser Zeit für die Kant-Forschung wie für eine breitere Rezeption der Philosophie des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Durch seine Interpretationen setzte er darüber hinaus neue Maßstäbe für das Verständnis von Kant. Dies war der Anlass, zum Ausklang des Jahres international renommierte Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus Deutschland, Österreich und Italien an die KU Linz einzuladen.

Thema der Tagung war Stellungwert und Bedeutung des Gottesbegriffs bei Kant. Kant hat sich zeit seines Lebens mit der Gottesfrage auseinandergesetzt und dem Gottesbegriff eine zentrale Funktion in seinem System zugedacht. Wie wird dieser Gottesbegriff von Kant bestimmt? Auch wenn er festhält, dass ein Erkennen Gottes für uns als endliche Wesen nicht möglich sei, verliert der Gedanke Gottes nicht an Bedeutung. Im Rahmen seiner Ethik spielt er, so die gängige Auffassung, eine bedeutsame Rolle.

Dieter Henrich hat in seinem umfassendsten Werk – "Grundlegung aus dem Ich. Untersuchungen zur Vorgeschichte des Idealismus. Tübingen – Jena 1790–1794", erschienen 2004 im Suhrkamp-Verlag – Schritt für Schritt den Weg von Kants Überlegungen zu weiteren Entwicklungen der deutschen Philosophie nachgezeichnet: Eindrucksvoll arbeitet er die Entwicklungslinien von Kant zu Hegel über Jacobi, Fichte und Schelling heraus und macht Zusammenhänge und Bezüge sichtbar. So werden außerdem die Diskussionslagen der jungen Studenten Hölderlin, Hegel und Schelling in Tübingen nachvollziehbar. Dabei wirft Henrich die Frage auf, ob Kant in seiner Moralphilosophie den Gedanken Gottes tatsächlich vorgesehen hat. Jedenfalls lässt sich fragen: Braucht es einen persönlichen Gott? Ist ein Gott mit Verstand und Wille überhaupt ein sinnvoller Gedanke? Ist ein "ichloser" Grund eine Alternative? Henrich hat sich in seinem Denken bemüht, diese Möglichkeit als leistungsfähige und attraktive Begründung unseres Welt- und Selbstverständnisses auszuarbeiten. Die Vortragenden der internationalen Fachtagung "Persönlicher Gott oder 'ichloser'‘ Grund" zielten in ihren Beiträgen und den Diskussionen darauf, Bestimmung und Funktion des Gottesbegriffs in Kants Argumentationen zu erheben und entlang von Henrichs Interpretation – in kritischer Würdigung seiner Impulse und Leistungen zur Erschließung des Kant’schen Denkens – zu diskutieren.

Die Tagung wurde organisiert und ausgerichtet vom Institut für Theoretische Philosophie an der Katholischen Privat-Universität Linz unter Vorstand Univ.-Prof. Michael Hofer und fand in Kooperation mit der Universität Münster (Univ.-Prof. Thomas Hanke) und in Verbindung mit Univ.-Prof. em. Rudolf Langthaler (ehemals Universität Wien) statt.

Religionsphilosophie und Philosophie der Neuzeit bilden Schwerpunkte des Instituts für Theoretische Philosophie, das an der Theologischen Fakultät der KU Linz beheimatet ist.

7.1.2025/RGP/HE