Im Vorbeigehen II/12: Kunstgespräch zur Mittagszeit.

Im Rahmen der Ausstellungsreihe „Im Vorbeigehen“ präsentiert Thomas Fatzinek im Sommersemester 2017 seine Graphic Novel „Als die Nacht begann“ an der Katholischen Privat-Universität Linz. Beim „Kunstgespräch zur Mittagszeit“ am 25. April 2017 sprach der in Linz geborene Illustrator mit Gastkuratorin Sarah Jonas, Studentin am Fachbereich Kunstwissenschaft, und Prof.in Monika Leisch-Kiesl über seinen künstlerischen Arbeitsprozess und das Erzählen in Bildern.

Mit „Als die Nacht begann“ schloss Thomas Fatzinek 2004 seine Ausbildung mit Schwerpunkt auf Druckgrafische Techniken an der Wiener Kunstschule ab. Seitdem hat er zahlreiche Comics veröffentlicht. Ihnen allen gemein ist der Bezug zur österreichischen Geschichte. So führen auch die 58 in beklemmendem Schwarz-Weiß gehaltenen Blätter von „Als die Nacht begann“ den Betrachter/die Betrachterin zurück in die österreichische Zwischenkriegszeit Die Wahl der Bildmittel spielt für den Künstler eine wichtige Rolle und soll dem Thema der Erzählung entsprechen. Der Linolschnitt, ein an den Holzschnitt erinnerndes Hochdruckverfahren, wurde schon früh für den Druck von Plakaten und Flugblättern verwendet und unterstreicht die politische Dimension der ausgestellten Graphic Novel.

Stimmungsvoll erzählt Thomas Fatzinek in einer Kombination aus Comiczeichnung und Linolschnitt die Erlebnisse des jungen Arbeiters Oskar, der den Arbeiterkampf 1934 samt Streiks und Staatsgewalt in Österreich miterlebte. Dieser wächst im „Roten Wien“ auf und erlebt die fortschreitende Zerschlagung der Demokratie. Die Idee zur Geschichte kam Thomas Fatzinek vor vielen Jahren, als er in Linz als Altenbetreuer an einem – später leider nicht umgesetzten – Zeitzeugenprojekt zum 1934er-Jahr mitgearbeitet hatte. Insbesondere die Erinnerungen und Schilderungen eines älteren Herrn über diese Ereignisse – und die Jahre der Nazidiktatur –, weckten das Interesse des Künstlers für eine Zeit, über die er bis dahin wenig erfahren hatte.

Die handelnden Figuren sind fiktiv, doch die Geschichte verweist wiederholt auf konkrete historische Ereignisse. In monatelangen Recherchen versuchte der Künstler die Alltagswelt der Zeit des Austrofaschismus zu rekonstruieren. Thomas Fatzineks Werk reiht sich in die Tradition politischer Grafiken ein, wie sie schon Gerd Arntz oder Gerhard Haderer anfertigten und die als Ort des politischen Diskurses bis heute ihre Wirkmächtigkeit entfalten. Fatzinek empfindet Comics durchaus als eine Möglichkeit, Geschichte zu vermitteln, wie er anhand der 1992 mit einem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Graphic Novel „Maus“ von Art Spiegelman (1989–1992) beschreibt, steht jedoch „pädagogischen Comics“ skeptisch gegenüber.

Die Ausstellung „Als die Nacht begann“ ist noch bis Ende des Sommersemesters an der Katholischen Privat-Universität Linz zu sehen. Dass diesmal Thomas Fatzinek für das Projekt „Im Vorbeigehen“ angefragt wurde, stellt, so Univ.-Prof.in DDr.in Monika Leisch-Kiesl, einen Bezug zum aktuellen Forschungsschwerpunkt „Zeichensetzung“ des Fachbereichs Kunstwissenschaft her. Von 8.-10. Juni 2017 findet in Kooperation mit dem IDA – Institute of Dance Arts der Anton Bruckner Privatuniversität Linz die Fachtagung „Zeichen Setzen“ statt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier

Kunstgespräch. Künstler Thomas Fatzinek und Gastkuratorin Sarah Jonas.

Kunstgespräch. Künstler Thomas Fatzinek und Gastkuratorin Sarah Jonas.

Insgesamt 58 Blätter umfasst die Graphic Novel "Als die Nacht begann" die sich im Treppenhaus der KU Linz - vom Foyer bis in den dritten Stock des Neubaus - findet.

Insgesamt 58 Blätter umfasst die Graphic Novel "Als die Nacht begann" die sich im Treppenhaus der KU Linz - vom Foyer bis in den dritten Stock des Neubaus - findet.