Fachgespräch: Zwischen Alt und Anders. Umbaukultur für eine lebendige Zukunft.

Perspektiven und Impulse für eine zukunftsfähige Umbaukultur wurden im Rahmen des vom Bundesdenkmalamt initiierten Fachgesprächs am 24. und 25. November 2025 an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz diskutiert. Expert:innen aus Architektur, Politik, Stadtplanung und Forschung erörterten unter dem Titel „Zwischen Alt und Anders“, wie Bestehendes bewahrt und gleichzeitig Neues geschaffen werden kann – und welche Impulse die Denkmalpflege für eine nachhaltige Umbaukultur einbringen kann. Ass.-Prof. Veronika Müller und Univ.-Prof. Anna Minta vom Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der KU Linz waren maßgeblich an der Konzeption und Durchführung der Tagung beteiligt.

Die Veranstaltung wurde von Landeshauptmann Thomas Stelzer, Bischof Manfred Scheuer und Christoph Bazil, Präsident des Bundesdenkmalamts, eröffnet. Ihre Grußworte zeichnete ein breites Spektrum der Herangehensweise an dieses Thema auf, das mit großen Herausforderungen und auch Chancen verbunden ist. Es betonte auf vielfältige Weise die Bedeutung von einer qualitativ hochwertigen Baukultur und den Wert des historischen Bestandes für die Zukunft der Ortszentren. In den nachfolgenden Statements betonen Elias Molitschnig vom Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport und Fachdirektorin Petra Weiss, Bundesdenkmalamt, wie wichtig eine fachübergreifende Zusammenarbeit ist, um lebenswerte und resiliente Räume zu gestalten. Eine zukunftsorientierte Baukultur vereint gemeinsame ökologische Verantwortung, ästhetische Qualität, soziale Gerechtigkeit und kulturelle Identität. 

Historische Ortskerne bieten großes Potenzial für nachhaltige Entwicklung: Durch den innovativen Umgang mit Leerstand, sorgfältigen Ortsbild- und Denkmalschutz sowie neue Nutzungs- und Bauweisen können bestehende Gebäude zukunftsfähig gemacht werden. Dadurch entstehen bezahlbarer Wohnraum, ressourcenschonende Lösungen und identitätsstiftende Orte. Der Denkmalschutz entwickelt sich dabei zum Innovationsfeld, in dem traditionelle Strukturen mit modernen Technologien und Konzepten weitergedacht werden.

Erhalten durch Gestalten

In der ersten Session unter dem Titel „Erhalten durch Gestalten“ betonen alle drei Vortragende (Nina Mekacher, Hochschule der Künste Bern; Tim Rieniets, Leibniz Universität Hannover; Hans Hoorn, ehemals im Stadtentwicklungsamt Maastricht), dass Zukunftsfähigkeit nicht im Neubau liegt, sondern im wertschätzenden, intelligenten und gemeinschaftlich gestalteten Umgang mit dem Bestehenden.

Raumplanung als Fundament

Michael Gräf von LAND veranschaulicht in der zweiten Session anhand von Projekten wie den Grünen Strahlen in Mailand und dem Modell Semmering 2030+, welche zentrale Rolle die Landschaft im gesellschaftlichen Diskurs spielt und wie sie regionale Entwicklungen nachhaltig prägen kann. Kulturlandschaften bleiben nach Gräf dann lebendig, wenn sie in ein übergeordnetes landschaftliches „Passepartout“ eingebettet sind.

Helena Weber (Berktold Weber) zeigte anschließend am Beispiel der Gemeinden Rankweil und Hohenems, wie unterschiedliche ortsbauliche Transformationsprozesse Raumidee und Architektur miteinander verknüpfen. Unter breiter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Eigentümer:innen, Politik, Verwaltung und Fachplanenden wurde gemeinsam mit Wolfgang Ritsch eine strategische Gesamtplanung entwickelt. Auf dieser Grundlage entstanden Empfehlungen, mit denen künftige Entwicklungen gezielt gesteuert und Nutzungspotenziale bestmöglich ausgeschöpft werden können.

Kuratieren von Transformation

Wie unter dem Leitmotiv „Stadt Land” neue Formen des Planens, Bauens und der Kooperation erprobt werden konnten, zeigte Katja Fischer (Stiftung Baukultur Thüringen). Die Internationale Bauausstellung (IBA) setzt auf vorhandenen Ressourcen und das Bestehende, auf den Erhalt und die Weiterentwicklung von Bestandsgebäuden, auf Umnutzungen und regionale Wertschöpfung. Dabei spielten Teilhabe und Komplizenschaften eine zentrale Rolle.

„Das Kommunale Denkmalkonzept ist eine denkmalpflegerische Entwicklungsplanung, die aus den drei Schritten Erfassung, Planung und Umsetzung besteht.“ (Judith Sandmeier, Landesamt für Denkmalpflege Bayern)Dieses informelle Instrument dient dazu, die Erhaltung und Entwicklung des historischen Bestandes in städtebauliche Planungen zu integrieren oder auf Grundlage erhaltenswerter Bauten und Strukturen Stadtentwicklungsprozesse bewusst anzustoßen. 

„Denkmale als Einzelfälle sind oftmals „Übungsplatz“ für neue, innovative Restaurierungsverfahren und Materialentwicklungen und könnten Impulsgeber für die Breitenanwendung sein.“ Corinna Tell (Anti Abbruch Allianz)Corinna Tell stellt die Agenda „Die Innenstadt ist angerichtet!“ vor und beleuchtete die Rolle der Denkmalpflege für eine zukunftsfähige Umbaukultur, der enormes Potenzial von Bestandspflege und Transformation innewohnt. 

Die Best-Practice-Beispiele Augustinerkloster in Korneuburg werden bei Günther Trimmel und Isabella Wall (Trimmel Wall Architekten) vorgestellt. Und auch Michael Hager (Moser Hager Architekten), zeigt eine Reihe von ehemaligen Hofanlagen und deren Nachnutzung vor, die sensibel weiterentwickelt wurden.

Ermöglichungspolitik und Ermöglichungsstruktur

Alina Kolar stellt schließlich die von der Initiative „House Europe“ formulierten Forderungen an das Europäische Parlament vor. Sie zeigte auf, welche wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Potenziale im Altbau schlummern. 

Fazit 

In begleitenden Gesprächsrunden mit den Referent:innen und regionalen Vertreter:innen aus Architektur, Denkmalpflege, Stadtplanung und Kulturwissenschaften wurden Forderungen formuliert. Diese reichten von der Erleichterung der Anwendung von Normen und der Aufhebung von Ungleichbehandlung bei Kreditzeiträumen bis hin zur aktiven Förderung durch begünstigte Steuersätze. Dies macht deutlich, dass neben qualitätssichernden Instrumenten, Best-Practice-Beispielen und Vermittlungsangeboten auch politische Maßnahmen erforderlich sind, um eine qualitätsvolle Umbaukultur zu erreichen.

Die Tagung wurde in Kooperation des Bundesdenkmalamts mit dem Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der Katholischen Privat-Universität Linz, den Stiftungsstellen für Baukultur an der Kunstuniversität Linz und der Katholischen Privat-Universität Linz, dem Fachbereich Kunst und Kultur der Diözese Linz sowie dem afo architekturforum oberösterreich Linz entwickelt.

10.12.2025/HE. Quelle: Veranstalter:innen.