100 Jahre Dialog: Die Zeitschrift "kunst und kirche" und Günter Rombold.

2025 jährt sich der Geburtstag von Günter Rombold zum 100. Mal. Und fast zeitgleich begeht "kunst und kirche", das Magazin für Kritik, Ästhetik und Religion mit einem Themenheft das 100jährige Jubiläum seiner namensgebenden Vorgängerzeitschrift "Kunst und Kirche". Es war nicht zuletzt Günter Rombolds Initiative, die zur Etablierung einer ökumenischen Zeitschrift für den Dialog von Kirche, Kunst und Gesellschaft führte.

Günter Rombold und die Zeitschrift kunst und kirche

von Anna Minta

Günter Rombolds lebenslanges Interesse an moderner Kunst und Architektur sowie seine Offenheit gegenüber Reformbestrebungen in Kirche und Gesellschaft bewirkten, dass die Chance der kirchlichen und gesellschaftlichen Aufbruchstimmung in den 1960er und 1970er Jahren ergriffen wurde und zur Etablierung einer modernen ökumenischen Zeitschrift für Kirche, Kunst und Gesellschaft führte. 1971 wurden die deutsche evangelische Zeitschrift Kunst und Kirche (gegründet 1924) und die seit 1860 in der Diözese Linz erscheinenden Christlichen Kunstblätter vereinigt. Der Theologe Oskar Söhngen (Evangelische Kirche in Deutschland) und der oberösterreichische Diözesankonservator Erich Widder in Vertretung des Diözesankunstvereins Linz beschrieben dies als Herausgeber des neuen Periodikums kunst und kirche. Ökumenische Zeitschrift für Architektur und Kunst im ersten Vorwort als ein "zweifellos […] bedeutsames kirchen- und kunstgeschichtliches Ereignis". Das II. Vatikanische Konzil habe die "Tore zur Welt aufgestoßen und den Dialog mit der Welt proklamiert. Damit sind die Kirchen auch zur Mitverantwortung für das allgemeine künstlerische Geschehen aufgerufen [… und] die speziellen Fragen des kirchlichen Bauens und der kirchlichen Kunst im Zusammenhang der aktuellen Probleme der Zeit und Kunst zu behandeln."

Beschäftigung mit Kunst, Architektur und Liturgie auf der Höhe der Zeit

Dieser Verantwortung sah sich Günter Rombold stets verpflichtet. Seit 1955 als Autor, ab 1958 als Schriftleiter der Christlichen Kunstblätter hatte er sich seit jeher bemüht, die stark traditionsorientierte Haltung durch kritisch-innovative Positionen zu Kunst, Architektur und Liturgie sowie durch Berichte zu progressiven, ja avantgardistischen Projekten sukzessive für moderne und zeitgenössische Entwicklungen zu öffnen. Als Theologe, Philosoph, Kunsthistoriker und Universitätsprofessor war er in Forschung und Lehre aktiv, als Priester mit pastoralen Erfordernissen, Bedürfnissen und Diskussionen vertraut und als Sammler moderner Kunst über die aktuelle Kunst und Architektur gut informiert.

Richtungsweisend zeigt sich dafür schon seine zweiter Beitrag, die Einleitung zum Sonderheft “die moderne kunst im sakralen raum" im Jahr 1955. Mit programmatischen Themenheften zu “Konzil und Kirchenbau" (1964), “Kirchlichen Mehrzweckräumen" (1970), zu grundlegenden Fragen der sakralen Kunst sowie mit länderspezifischen Schwerpunktsetzungen verfolgte insbesondere Rombold für die Christlichen Kunstblätter das Anliegen, sich mit modernen Positionen zu Kunst und Architektur im internationalen Kontext zu präsentieren. 

Gemeinsam mit dem evangelischen Theologen Rainer Volp und dem auf protestantischen Kirchenbau spezialisierten Architekten Lother Kallmeyer verantwortete Günter Rombold ab 1971 die Redaktion der neuen Zeitschrift kunst und kirche, von 1991–1999 war er auch deren Mitherausgeber. Immer wieder wurden progressive und reformorientierte Künstler:innen, Architekt:innen und Theolog:innen für Beiträge eingeladen. Die Zeitschrift wurde so zu einem Diskursfeld für zeitgenössische Positionen zu Kirche, Kunst/Architektur und Gesellschaft: Zahlreiche Hefte entstanden zur modernen Gestaltung von Kirchen und kirchlichen Ausstattungen, zu grundlegenden Fragen nach Kreativität, zum Umgang mit Räumen und Kirchenzentren sowie zu Kirche und Wohnen. Einen kontinuierlichen Schwerpunkt bildete Bauen und Gestalten für Gegenwart und Zukunft – wobei, wie etwa im Heft "Noch für die Kirche bauen?" (1971), stets selbstkritisch nach der kirchlichen Relevanz in einer säkularen Gesellschaft gefragt wurde.

Die Herausgeber von kunst und kirche hatten Architektur und Kunst bereits 1971 als Dialogpartnerinnen für gesellschaftliche und kirchliche Entwicklungen und Herausforderungen beschrieben. Und diese Aussage ist auch heute noch – in einer Zeit globaler Problemlagen und permanenter gesellschaftlicher Krisenstimmungen – ungebrochen gültig. Gerade angesichts reduzierter Kunstförderung und tendenziell kunst- und wissenschaftsfeindlicher Strömungen will kunst und kirche auch in Zukunft ein offener, engagierter Verhandlungs- und Diskussionsraum bleiben.

Mehr zu Geschichte und Gegenwart von kunst und kirche findet sich im aktuellen Heft 4/2024 "100 Jahre kunst und kirche".

Vordenker, Organisator, Förderer: Zum 100. Geburtstag von Günter Rombold

von Monika Leisch Kiesl

Der Geburtstag meines Vorgängers an dem von ihm begründeten Lehrstuhl für Kunstwissenschaft und Ästhetik jährte sich am 2. Jänner 2025 zum 100. Mal. Vieles hat er innerhalb und außerhalb der Universität initiiert und in Bewegung gebracht – man werfe nur einen Blick auf seine Personenseite auf der Homepage der KU Linz mit einer Kurzbiografie, einer Reihe von Nachrufen anlässlich seines Todes am 10. Dezember 2017 und weiterführenden Links.

In welcher Hinsicht haben ich und wir am Fachbereich Kunstwissenschaft diesen Vordenker, Mitstreiter und geistvollen Menschen primär in Erinnerung? Eben, als einen Vordenker: Nicht nur ist es ihm gelungen, als Professor für Philosophie an einer damals noch ausschließlich Theologischen Hochschule seinen Studierenden Anthropologie und Sprachphilosophie lebensnah zu vermitteln; sondern er konnte sie immer wieder auch für neue Entwicklungen hellhörig machen. Früh hat er die Herausforderungen des Feminismus und der Gender Studies erkannt und bereits 1986, als zusehends mehr Studentinnen den theologischen Lehrbetrieb herausforderten, ein von mir, seiner damaligen Assistentin, ausgerichtetes Seminar zum Thema "Das Bild der Frau im Wandel" begleitet – und auch gegen kritische Stimmen verteidigt!

Vor allem verbindet man mit seinem Namen die Gründung des Instituts für Kunst und Kirchenbau im Jahr 1984, das von mir als seiner Nachfolgerin zunächst in der inhaltlichen Ausrichtung (Institut für Kunstwissenschaft) erweitert und mit der Konzeption und Errichtung des Instituts für Kunstwissenschaft und Philosophie (IKP) im Jahr 2005 in Verbindung mit dem Fachbereich Philosophie zu einer eigenständigen Fakultät (ad instar facultatis) ausgebaut wurde. Die Definitivstellung erfolgte 2015 in Form einer Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft. Günter Rombold hat diese Entwicklungen mit aufmerksamem Interesse verfolgt und mit der Gründung der Günter Rombold Privatstiftung nachhaltig finanziell unterstützt.

Vordenker stoßen oft auf Widerstand. Nicht zuletzt sein unermüdlicher Einsatz für einen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und Kirche hat innerhalb der Diözese Linz und darüber hinaus vieles in Bewegung, und ihn selbst immer wieder an seine Grenzen gebracht. Dennoch, ein Unermüdlicher. Davon zeugt vorrangig sein jahrzehntelanges Engagement für die und mit der Zeitschrift kunst und kirche. Ein Meister des langen Atems, im selbstkritischen Nachdenken – und in vielen Gesprächen und Sitzungen.

Das wiederum führt mich zum geistvollen Menschen. Er war belesen: In Theologie, Philosophie und Kunstwissenschaft, aber auch in Poesie und Prosa, und er schätzte das Theater. Er war ein Mann des Gesprächs, er suchte und liebte es, sei es im individuellen Austausch, sei es im Rahmen größerer Zusammenkünfte. Und er war begeistert und berührt von der bildenden Kunst, vorrangig der Moderne und Gegenwart, und hat diese auch zeitlebens gesammelt.

Seine hochkarätige Privatsammlung hat er 2002 dem Oberösterreichischen Landesmuseum (heute Landeskultur GmbH) übergeben; sie wurde unter dem Titel Passion Kunst 2020 in der Linzer Landesgalerie (heute Francisco Carolinum Linz) einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert und in einem Sammlungskatalog – reflektiert aus unterschiedlichen Blickwinkeln – dokumentiert. Das Vermächtnis seiner Sammlung erfährt aktuell eine Ergänzung: An meinem Institut für Geschichte und Theorie der Kunst läuft ein kunstwissenschaftliches Dissertationsprojekt, bei dem der wissenschaftliche Nachlass Günter Rombolds ins Zentrum rückt.

Weitere Informationen
kunst und kirche / Aktuelles Heft 4/2024: "100 Jahre kunst und kirche"

Die Zeitschrift wird herausgegeben vom Präsidium des Evangelischen Kirchbautages, vertreten durch Johannes Hinrich Claussen (Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche) und vom Diözesankunstverein Linz in Verbindung mit der Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft der KU Linz, vertreten durch Ilaria Hoppe (Institut für Kunst in gegenwärtigen Kontexten und Medien).

12.3.2025/AM/MLK/HE