Zulehner-Initiativen für Kirche in Ostmitteleuropa feiern Jubiläen
Zagreb/Wien, 07.07.2024 (KAP) In Zagreb ist das Doppeljubiläum zweier vom Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner (84) begründeten Initiativen für die Kirche in Mittel- und Osteuropa gefeiert worden. Seit 35 Jahren gibt es das "Pastorale Forum", seit 20 Jahren das "PosT-Netzwerk" mittel- und osteuropäischer Pastoraltheologinnen und -theologen. Bischöfe und Wissenschaftler aus neun Ländern kamen aus diesem Anlass von 2. bis 5. Juli im Pastoralinstitut der kroatischen Hautstadtdiözese zusammen, um über die Entwicklung der Kirchen in den Gesellschaften und den laufenden weltweiten Synodalen Prozess der Kirche zu beraten. Die 35 Teilnehmer des Symposions kamen aus Deutschland, Georgien, Kroatien, Polen, Slowakei, Tschechischen Republik, Ukraine, Ungarn und Österreich.
"Wir waren an vielen Wendepunkten der Geschichte live dabei", erinnerte sich Zulehner, für den der Einsatz für Ost-Mittel-Europa ein Lebensprojekt geworden ist, bei einem Festakt, an dem u.a. der Vizepräsident des Rates der Bischofskonferenzen Europas (CCEE) und Belgrader Erzbischof Ladislav Nemet sowie der Zagreber Weihbischof Ivan Sasko teilnahmen. Erneut schilderte Zulehner, wie er in den 1980er Jahren als junger Professor für Pastoraltheologie vom damaligen Wiener Kardinal Franz König (1905-2004) aufgefordert worden sei: "Gehen Sie nach Osteuropa!".
Nach der Wende 1989 folgte u.a. die Gründung des Vereins "Pastorale Forum, Verein zur Förderung der Kirchen in Ost/Mittel-Europa" mit einem Stipendiatenprogramm, mit dessen Hilfe in den vergangenen 35 Jahren 140 Frauen und Männer aus Ländern Ostmitteleuropas ihre Dissertation oder Habilitation in Wien abschließen konnten. Unter den Geförderten sind zahlreiche bekannte Namen der Pastoraltheologie, so etwa der ungarische Theologe und Religionswissenschaftler Andras Mate-Toth, die Theologie-Dekanin der Katholischen Privatuniversität (KU) Linz Klara Csiszar, der polnische Pastoraltheologie-Professor Mieczysaw Polak und die Leiterin des Katechetischen Instituts in Gnieszno Teresa Kowalczyk; ebenso der 2022 vom Papst zum Bischof der polnischen Diözese Plock ernannte Szymon Stulkowski.
"Wie wichtig war damals junge Menschen aus verschiedenen post-kommunistischen Ländern zusammenzubringen, ihnen die Möglichkeit geben, weiter zu studieren, an einer prominenten Universität mit guten Professoren auf frische Ideen und Herausforderungen zu treffen", hielt der Belgrader Erzbischof Nemet beim Festakt fest. "Heute wie damals brauchen wir Menschen, die mit Visionen und Träumen bereit sind, etwas für die Zukunft Europas zu tun", sagte der CCEE-Vizepräsident. Europa stehe heute vor neuen Nationalismen, Isolierungsversuchen und Abschottung; Christen stünden dabei leider auf allen Seiten, Hass und fehlende Bereitschaft für den Frieden sei tief in den Herzen verwurzelt. Umso mehr brauche es Initiativen wie das Pastoralforum, "wo christliche Werte gelebt werden, studiert und weitergegeben werden".
Der Dialog zwischen "Ost und West" und die Förderung von Frauen seien Anliegen, die das Pastorale Forum und das deutsche Osteuropahilfswerk "Renovabis" verbinden, hob "Renovabis"-Mitarbeiterin Heike Faehndrich in ihrem Grußwort hervor. Klara Csiszar gab einen Überblick über die Geschichte des Pastoralen Forums und unterstrich, dass mit Blick auf die Synodalisierung der Kirchen Ostmitteleuropas die Zielsetzung des Pastoralen Forums nach wie vor hochaktuell sei.
Von Zulehner inspiriert wurde 2004 in Prag das "PosT - Netzwerk der mittel- und osteuropäischen Pastoraltheolog:innen" gegründet. Der in Wien eingetragene Verein vernetzt Wissenschaftlerinnen aus der Region und veranstaltet jährlich pastoraltheologische Symposien. Obmann ist Michal Opatrny, der Dekan der Theologischen Fakultät der Südböhmischen Universität in Ceske Budejovice (Budweis).
Ein Schwerpunkt der stets in einem anderen Land stattfindenden Symposien ist die Erkundung der Ortskirche. In Zagreb besuchten die Teilnehmenden unter anderem den Campus der Kroatischen Katholischen Universität und den Sitz der Kroatischen Bischofskonferenz (HBK). Bischofskonferenz-Generalsekretär Krunoslav Novak hob bei der Begegnung u.a. das Phänomen der Zuwanderung nach Kroatien hervor. In den nächsten Wochen komme der erste Seelsorger für Gastarbeiter von den Philippinen an, berichtete Novak. Gleichzeitig seien im vergangenen Jahrzehnt rund zehn Prozent der Kroatinnen und Kroaten ausgewandert.
Im Rahmen des weiteren Symposions referierte Andras Mate-Toth über die Entwicklung der Gesellschaften und Kirchen in Ostmitteleuropa nach der Wende; ausgewählte Stipendiatinnen brachten das Thema mit ihren Biografien in Verbindung. Weitere Programmpunkte standen im Zeichen der Synodalität. Begleitet von Impulsen von Bischof Stulkowski und der Pastoraltheologin Maria Widl wurde der weltweite synodale Prozess reflektiert.
(Website "Pastorales Forum": www.pastorales-forum.net; Website "PosT-Netzwerk": www.postnetzwerk.net)
Bilder von Klara Csiszar und Adela Muchova