Theologin Csiszar: Synode "Gamechanger" für Kirche

Linzer Pastoraltheologin und Synoden-Beraterin: Neue Ära des "synodalen Miteinanders" angebrochen - "Es geht um die Sichtbarkeit und Gleichberechtigung der Frau, und das geht über die Weihe hinaus"

 

Wien, 27.10.2024 (KAP) Die Linzer Pastoraltheologin und Synodenberaterin Klara Antonia Csiszar bezeichnet das Abschlussdokument der Weltsynode als "Gamechanger" für die katholische Kirche weltweit. Das Dokument, das Papst Franziskus sofort in Kraft setzte, stelle eine neue Ära des "synodalen Miteinanders" dar und verleihe dem Prinzip "hören, unterscheiden, entscheiden" eine wichtige Rolle. "Die Synode markiert einen Wendepunkt, an dem die Laien mehr Mitverantwortung in Liturgie und Seelsorge übernehmen sollen", so Csiszar im Interview mit Kathpress am Sonntag. Für die Ortskirchen bedeute dies "viel Raum, den wir kreativ füllen müssen". Csiszar gehörte bei der Versammlung dem Kreis der rund 70 nicht-stimmberechtigten Expertinnen und Experten an.

Als zentral erachtete die Dekanin der theologischen Fakultät der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz die Stellen des Abschlussdokuments der Synode zur Rolle der Frau in der Kirche. "Und ich sage bewusst nicht Frauendiakonat. Diese Frage muss ganz darüber hinausgehen", stellte Csiszar klar. So gehe es nicht nur um ein mögliches Frauendiakonat, sondern auch um die Mitverantwortung der Laien in der Kirche, der Seelsorge sowie im liturgischen Dienst: "Es geht um die Sichtbarkeit und Gleichberechtigung der Frau, und das geht über die Weihe hinaus."

Die weitere Tätigkeit der Arbeitsgruppe zum Thema Frauendiakonat bewertete Csiszar als positiv, da "die Erforschung einer möglichen Zulassung der Frau zum Diakonat spannende Fragen aufwirft und Raum für weitere theologische Spekulationen schafft". Die Gleichberechtigung der Frau aufgrund der gleichen Würde von Frau und Mann in der Taufe sei für die Theologin "ein größeres Package, das einen umfassenderen Rahmen darstellt als die Weihe für Diakoninnen".

 

Oasen der Freiheit und Offenheit schaffen

Gefragt nach den langfristigen Auswirkungen der Synode meinte Csiszar, dass eine "neue Ära für die Weltkirche" sowie für die Kirchen im deutschen Sprachraum angebrochen sei. So gäbe es etwa Potenzial für lebendigere, inklusivere Pfarrgemeinden. Die Vorgaben der Synode könnten dabei helfen, "Oasen der Freiheit und Offenheit" zu schaffen, in denen Menschen "nicht verurteilt, sondern begleitet werden" und alle willkommen seien.

 

Nationale Strategie nötig

Für die Fortsetzung des synodalen Prozesses in Österreich regte Csiszar an, eine nationale Strategie zu erarbeiten. "Die österreichische Bischofskonferenz könnte zusammen mit dem nationalen Synodenteam klären, welche Schwerpunkte auf nationaler Ebene bis wann umgesetzt werden sollen", schlug sie vor. Die "Synode der Möglichkeiten" müsse die "Vielfalt fördern, nicht ausbremsen", sagte Csiszar und wertete den Impuls für die Kirche im deutschen Sprachraum als Chance, die Gemeinden lebendiger und offener zu gestalten. Sie forderte dazu auf, die Chancen zu nutzen: "Jammern wir weniger, zeigen wir mehr, dass die Liebe das letzte Wort hat."

"Jetzt müssen die Ortskirchen, vielleicht auch die Bischofskonferenzen, jeweils nach Hause gehen und sehen: Wie kann Synodalität in der jeweiligen Ortskirche als neuer Stil der Kirche gelernt werden? Und je nach Kontext gehören verschiedene Aufgaben dazu", beschrieb Csiszar die nächsten Schritte nach der Synode. In einem Interview mit "Vatican News" wies sie darauf hin, dass die Aufgaben je nach Region unterschiedlich seien: In Rumänien etwa sei es notwendig, die Priesterausbildung neu zu gestalten, um Synodalität zu fördern.

Während in einigen Regionen, wie in Linz, Laien und Priesterkandidaten bereits gemeinsam Theologie studieren, sei dies in anderen Ländern nicht der Fall - so etwa in Rumänien, wo die angehenden Priester abgeschottet von den Laientheologen auf einer Burg ausgebildet werden. Diese Praxis müsse hinterfragt werden, da Synodalität eine breite Einbindung aller Gläubigen erfordere. "Der Raum ist weit, wir müssen kreativ sein und sehen, wie wir ihn füllen", so die Theologin.

Neben den Herausforderungen in den Ortskirchen sieht Csiszar auch die Notwendigkeit, dass sich die europäische Theologie stärker auf die globale Gemeinschaft einlässt. "Südamerika bietet theologisch uns ganz viel", bemerkte sie und sprach von einem notwendigen Lernprozess, damit die oft als dominant empfundene Theologie des deutschsprachigen Raums ihre Stimme "unterstützend und integrativ" in das "Orchester der katholischen Theologie" einbringt, ohne besserwisserisch aufzutreten.

 

Einmalige Erfahrung als Synodenberaterin

Besonders prägend war für Csiszar die Zusammenarbeit mit renommierten Theologinnen und Theologen wie Myriam Wijlens, Thomas Söding und Carlos Galli. Als jüngste Expertin unter den theologischen Beraterinnen und Beratern erlebte sie die Synode als "einmalige Erfahrung" und als Gelegenheit, ihr theologisches Wissen durch den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen weltweit zu vertiefen. "Diese Kontakte verdanke ich der Synode und der Tatsache, dass wir nun insgesamt zwei Monate gemeinsam diese Schule der Synodalität absolviert haben." Und weiter: "Das Vertrauen, das in der Zusammenarbeit gewachsen ist, zählt für mich zu den prägendsten Erfahrungen meines Lebens", so Csiszar.

Aus Österreich nahmen Kardinal Christoph Schönborn und der Salzburger Erzbischof Franz Lackner als Mitglieder des Synodenrates an der Weltsynode teil, die insgesamt 368 Männer und Frauen aus allen Kontinenten als stimmberechtigte Mitglieder umfasste. 96 von ihnen, also rund ein Viertel, waren keine Bischöfe, sondern Priester, Diakone, Ordensleute oder Laienchristinnen und Laienchristen.

 

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Quelle vom Foto:  Deutsche Bischofskonferenz (Matthias Kapp)