Im Zeichen des Lebensbaums
Noch immer ist Schöpfungsspiritualität für viele Theologinnen und Theologen terra incognita, und schon der Begriff weckt oft den Verdacht zu großer Nähe zu Esoterik und Naturromantik. Damit ist aber bereits ein wesentliches Defizit gegenwärtiger Theologie angezeigt: Es gibt bislang keine wissenschaft-lich fundierte Darstellung christlicher Schöpfungsspiritualität, keine adäquate Reflexion des gläubigen Umgangs mit der Schöpfung in unserer Zeit. Diesem Mangel will das vorliegende Lexikon abhelfen. Zentrale Gesichtspunkte aus 3000 Jahren jüdisch-christlicher Glaubenspraxis werden aufgegriffen und einer vorwiegend systematischen Reflexion zugeführt. Dabei fließen Impulse großer Denkerinnen und Denker ebenso ein wie die Herausforderung gegen-wärtiger Bedrohungen der Schöpfung durch den Menschen.
Als Glaubenshaltung hat christliche Schöpfungs-spiritualität ein eigenes Profil, das säkularen Ent-würfen der Umwelt- und Tierschutzethik sowie den Spiritualitäten anderer Religionen unabhängig und offen gegenüber steht. Der Dialog ist ihnen ein Muss, wenn die Erde am Ende des Jahrhunderts noch be-wohnbar sein soll. Zugleich aber kann der Glaube - bereit, auch sich selbst hinterfragen zu lassen - kritisierend, integrierend und stimulierend auf andere Entwürfe einwirken (A. Auer). Dann wird christliche Schöpfungsspiritualität zum "Salz der Erde" (Mt 5,13).