Nach der Befreiung durch die Rote Armee im April 1945 nutzte die sowjetische Besatzungsmacht das Gefängnis als Lazarett für u.a. gefangene Wehrmachtssoldaten, aber auch Kriegsgefangene und dann als Repatriierungslager. Ab 1949 waren dort wieder Gefangene von der Deutschen Justizverwaltung untergebracht und seit 1950 war das DDR-Innenministerium für die Agenden der Anstalt verantwortlich. Seit der Wiedervereinigung ist die Anstalt Justizvollzugsanstalt des Landes Brandenburg, mit Platz für rund 300 männliche Straftäter.
Bereits 1946 bildete sich eine Gedenkkultur zur Erinnerung von NS-Opfern in der Haftanstalt Brandenburg-Görden und 1949 errichtete der ehemalige Häftling Walter Hammer eine Gedenkstätte in der vormaligen Hinrichtungsstätte. Diese wurde möglichst originalgetreu rekonstruiert und mit einer Guillotine, wie sie damals verwendet wurde, ausgestattet. 1975 wurde der Gedenkraum weiter ausgebaut und 1988 die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Brandenburg von der DDR-Regierung eingerichtet. Zur nationalen Bedeutung der Gedenkstätte trug die Tatsache bei, dass Erich Honecker von 1937 bis 1945 dort inhaftiert war – das geplante Museum des antifaschistischen Widerstandes wurde nicht mehr umgesetzt.
1993 wurden die Gedenkräume im ehemaligen Wehrmachtsgefängnis in die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten integriert und seit April 2018 im ehemaligen Direktorenwohnhaus der Strafanstalt die Dauerausstellung „Auf dem Görden. Die Strafanstalt Brandenburg im Nationalsozialismus und in der DDR“ installiert. Die ehemalige Hinrichtungsstätte blieb unverändert, wurde aber um zwölf Stelen mit Biografien von Hinrichtungsopfern und einer multimedialen Projektion aller Hingerichteten der Haftanstalt Brandenburg-Görden ergänzt.5
Der Tagungs- und Forschungsaufenthalt konnte auch dazu genutzt werden, sich verstärkt mit dem Thema der Gefangenseelsorge sowie der Rezeptionsgeschichte Franz Jägerstätters auseinanderzusetzen. Dazu wurde der Bestand des ehemaligen Wehrmachtspfarrers Heinrich Kreutzberg im Archiv des katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr in Berlin eingesehen. Zudem konnte die Korrespondenz des ehemaligen Feldgeneralvikars der Wehrmacht (1936-1945) und späteren Militärgeneralvikars für die Bundeswehr (1956-1962) Georg Werthmann mit dem amerikanischen Soziologen und Jägerstätter Biografen Gordon Zahn bezüglich seiner Bücher „Die deutschen Katholiken und Hitlers Kriege“ (1965) und „Franz Jägerstätter. Märtyrer aus Gewissensgründen“ (1979) gesichtet werden. Dabei konnten neue, wichtige Erkenntnisse zur Betreuung Franz Jägerstätters durch Heinrich Kreutzberg im Wehrmachtuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel, wie auch zur Erforschung Franz Jägerstätters durch Gordon Zahn gewonnen werden.
Anmerkungen
1 https://www.ravensbrueck-sbg.de
2 Charlotte Müller, Die Klempnerkolonne in Ravensbrück. Erinnerungen des Häftlings Nr. 10787, Köln 1987.
3 FFJI, Sammlung „Haus Jägerstätter, FJ/B1/76 (Linz, 19.3.1943).
4 Der vollständige Beitrag wird im geplanten Tagungsband nachzulesen sein.
5 https://www.brandenburg-zuchthaus-sbg.de
Lorber, Verena. "Jägerstätter und Wehrmachtsseelsorge – Tagungsbericht und Forschungsaufenthalt." Franz und Franziska Jägerstätter Institut, 9.7.2019. https://ku-linz.at/forschung/franz_und_franziska_jaegerstaetter_institut/forschungsblog/artikel/jaegerstaetter-und-wehrmachtsseelsorge-tagungsbericht-und-forschungsaufenthalt
12. August 2019
Danke für diesen schönen Beitrag!