Vortrag von C. Wais-Wolf zum Linzer Mariendom.

17. December 2019

13:15 - Uhr

KU Linz: Hörsaal 2

Am 17. Dezember 2019 findet im Rahmen der Lehrveranstaltung "Linzer Mariendom. Heilige, Fromme Frauen und Weiblichkeitskonzepte" ein Gastvortrag von Dr. Christina Wais-Wolf von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zum Thema "Die Fensterausstattung des Linzer Mariendoms - Ein landesgeschichtliches Denkmal ersten Ranges" statt.

Beinahe zeitgleich mit der Errichtung des Linzer Mariendoms erfolgte die Beauftragung der ersten monumentalen Glasgemälde für dieses prominente Bauwerk im Herzen der Landeshauptstadt Linz. Sämtliche Fenster wurden von der 1861 neu gegründeten Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt in Innsbruck geliefert. Die Einsetzung der ersten Fenstergruppe für die Votivkapelle erfolgte im Jahr 1868. Weitere Fenster für den Kapellenkranz und den Hochchor wurden in den frühen achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts geliefert. Im Zuge eines dritten Beauftragungszeitraums in den Jahren 1913 bis 1920 entstanden schließlich die 42 Fenster des Lang- und Querhauses, die die zahlenmäßig größte Fenstergruppe innerhalb des Domes bilden.

Im Unterschied zu den Fenstern aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, deren Ikonographie noch stark auf das Patrozinium der Muttergottes Bezug nimmt, folgen die Darstellungen der Fenster im Lang- und Querhaus inhaltlich dem Wunsch Bischof Rudolph Hittmairs (1909-1915) markante Begebenheiten, Persönlichkeiten und Landschaften Oberösterreichs zu präsentieren. Die figuralen Szenen sollten aufzeigen, dass Geschichte, darunter auch Heilsgeschehen, und Gegenwart nicht nur in einem engen Zusammenhang stehen, sondern gewissermaßen mit der unmittelbaren Gegenwart zu verschmelzen imstande sind. Die Umsetzung von fotorealistischen Porträts und Darstellungen zeitgenössischer Persönlichkeiten unterstreicht dieses Ansinnen.

Der Vortrag möchte ein Schlaglicht auf die verschiedenen Fenstergruppen und die Geschichte ihrer Entstehung werfen. Gerade die jüngste Fenstergruppe im Lang- und Querhaus, die in einer Zeit größten historischen Umbruchs am Ende der Donaumonarchie entstanden ist, avancierte zu einem überaus wichtigen "landesgeschichtlichen" Zyklus Österreichs, dessen kulturhistorische Bedeutung in seiner für ein ganzes Land identitätsstiftenden Wirkung bis in die heutige Gegenwart gegeben ist. Dank ausreichend vorhandener schriftlicher und bildlicher Quellen aus dem Archiv der Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt lässt sich gerade an diesen Fenstern das dichte Beziehungsnetz zwischen Auftraggebern und Künstlern beziehungsweise Auftragswillen und künstlerisch-technischer Umsetzung vorbildhaft aufzeigen.

Die Fenster des Linzer Mariendoms werden von Seiten der Kunstgeschichte aktuell im Zuge eines Projektes an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften untersucht. Im Sommer 2019 wurden Fenster erstmals mit einem 7m-Stativ fotografisch dokumentiert.

Dr. Christina Wais-Wolf studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien (Dissertation zum Thema "Rund- und Kabinettscheiben vom späten 15. bis zum 17. Jahrhundert in Österreich"). Seit 2000 als Wissenschaftlerin, Kunstvermittlerin und Autorin kunsthistorischer Aufsätze und Publikationen tätig. Seit 2002 wissenschaftliche Mitarbeit sowie Betreuung von Restaurierungen im Rahmen des Internationalen Forschungsprojektes "Corpus Vitrearum Medii Aevi – Mittelalterliche Glasmalereiforschung in Österreich" am Bundesdenkmalamt und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit März 2015 Leiterin des Projektes "Corpus Vitrearum – Mittelalterliche und neuzeitliche Glasmalerei in Österreich" an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien. Mitautorin der drei österreichischen Bände aus der Reihe "Corpus Vitrearum Medii Aevi" zu den mittelalterlichen Glasgemälden von Salzburg, Tirol und Vorarlberg (erschienen 2007) sowie von Niederösterreich (2 Teile, erschienen 2015 und 2017).

12.12.2019/sm