Erinnerung an Prof. Johannes Singer aus Anlass seines 100. Geburtstages.

Prälat Prof. Dr. Johannes Singer, einer der Gründerväter der heutigen Katholischen Privat-Universität Linz, wäre am 11. Oktober 2021 100 Jahre alt geworden. Während seines Rektorats (1980-1984) wurde 1981 das sogenannte Gerhardinger-Haus erworben, der nunmehrige Standort der Universität in der Bethlehemstraße. Prof. em. Dr. Hanjo Sauer erinnert sich.

Johannes Singer hat von 1971 bis 1992 eine intensive Lehrtätigkeit ausgeübt und mehrfach das Amt des Rektors der Katholischen Hochschule Linz, wie damals unsere Universität hieß, bekleidet. Im Rahmen des Besetzungsverfahrens zu seiner Nachfolge habe ich ihn erstmals persönlich kennengelernt. Ich war zu einer Probevorlesung eingeladen worden und wir trafen uns anschließend zum Mittagessen im Klosterhof. Jahre später hat er mir anvertraut, dass nicht meine Vorlesung und die anschließende Diskussion, sondern erst das Gespräch im Klosterhof ihn überzeugt hätten, dass ich der richtige Nachfolger für ihn sei. Von Anfang an war die Beziehung von Freundschaft und einem nahezu grenzenlosen Wohlwollen geprägt. In einem Brief zu meinem Geburtstag hatte er sich einmal die Mühe gemacht, minutiös zu rekonstruieren, was er an diesem Tag im März 1944 als Soldat auf Sardinien erlebt hatte. Als Johannes Singer im August 2007 starb, hatte er für die Bewirtung der Gäste, die zu seiner Beerdigung kommen würden, einen Briefumschlag mit einer großzügigen Summe auf seinen Schreibtisch gelegt.

Johannes Singer war ein wunderbarer Mensch. Eines der schönsten Zeugnisse seiner Theologie hat er in seinem Beitrag zu dem Büchlein "Lachen in Freiheit" anlässlich des 60. Geburtstages von Walter Raberger hinterlassen. Er schrieb dort: "Der Theologe wittere Morgenluft! Glauben, Standhaben in Gott (Jes 7,6), Hängen an Gott (Ps 63,9; 91,14), ist Darüberstehen schlechthin, ist souveräne Weltbetrachtung, ist Weltüberwindung. Das Endliche wird sub specie aeternitatis wirklich endlich, so dass es lächerlich wirkt, wenn es sich aufspreizt, unendlich zu sein. Einer verkehrten Welt begegnet Jesus von Nazaret mit seiner eigenen verkehrten Welt, wo der Herr dem Sklaven die Füße wäscht, der Geringste der Größte ist. Gott ist der befreiendste Relativierer. Humor hat eine himmlische Dimension. Theologie ist dann trotz allem eine ‚fröhliche Wissenschaft‘. Denn sie darf das Tiefste denken und das Lebendigste lieben: das Lachen. Heiliges Narrentum sollte sich ohnedies kein Christ ersparen. Glaube ist Gemeinschaft mit jenem, in dem alle gegenläufigen Aussagen und Widersprüche aufgehoben sind: auch der, den ich mir gefallen lassen muss, mit dem Unheil der Welt vorschnell versöhnt zu sein. Des Widersprüchlichen sei kein Ende: einen, qui bis sex lustra nunc peregit, mit einem solchen Elaborat zu feiern - und ihm, der ohnedies Humor hat und gerne lacht, ein Gebet mitzugeben: ‚Herr, schenke mir Sinn für Humor, gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile‘ (hl. Thomas Morus)."

Widersinnige gesetzliche Bestimmungen hat Johannes Singer nicht bekämpft, sondern souverän relativiert. Auch darin lag nach meiner Wahrnehmung etwas genuin Jesuanisches. Für mich gehört er zur "Wolke der Zeugen" des Hebräerbriefs (12,1-2), die uns unterstützt, die Last des unter der Sünde gebeugten Daseins abzuwerfen und den Blick auf das Ziel zu richten.

Hanjo Sauer

Dr. Hanjo Sauer ist emeritierter Universitätsprofessor für Fundamentaltheologie der KU Linz. Von 1996 bis 1998 übte er das Amt des Rektors an der damaligen Katholisch-Theologischen Hochschule aus.

13.10.2021/HE/kd