Wir wünschen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr 2022.

Ein abgenutztes gelb-weiß gestreiftes Rollo, das etwas schief hängend den Großteil eines Fensters verdeckt. Draußen drei Fenster; in einem brennt Licht. „Fensterblicke 6“ von Herbert Friedl ist denkbar einfach, aber gerade in dieser Reduktion und dem Spiel mit den Grundelementen des Verdeckens, Öffnens, Schauens und der Simulation von An- und Abwesenheit eines Gegenübers erzeugt jedes der Fensterbilder, die er in den 1970er- und 1980er-Jahren gestaltet hat, eine ganz eigene Stimmung. 

Das hier abgebildete Werk aus der Studiensammlung Rombold der KU Linz lebt von einem spannungsvollen Zwischen: Das zerrissene Rollo deutet auf seine häufige Nutzung und auf den Rückzug hin, ebenso die weitgehende Verdecktheit des Fensters. Demgegenüber steht die Anwesenheitsmetapher des Lichts, die neben dem Rollo den zweiten Fokus der Aquatintaradierung ausmacht. Doch garantiert das Licht keine definitive Begegnung: Sie ist bloß angedeutet und wird durch das Rollo auch immer wieder gestört.

Eine ähnliche Unsicherheit kennen wir aus virtuellen Fenstern, durch die wir uns gerade (wieder einmal) begegnen müssen. Eine Hoffnung besteht aber: Der Lichtschein lädt zum Warten ein – bis sich jemand zeigt …

© Stefan Gassenbauer BA, Student des Masterstudiums Kunstwissenschaft und des Masterstudiums Philosophie

"Drinnen und Drüben"

hat Herbert Friedl unter seine Radierung „Fensterblicke 6“ geschrieben. Ein passendes Motiv für Weihnachtsgrüße?
Zu Weihnachten feiert die Christenheit ihren Glauben, dass Gott dieser Welt nicht bloß in einem entrückten Drüben gegenübersteht, sondern hier drinnen ihr Teil werden wollte. Jesus von Nazaret sei dieses „Drinnen und Drüben“ in Person gewesen. Und im Zeugnis und Tun derer, die an ihn glauben, sei er es immer noch, und überhaupt für alle Zeit … Kann sich das ausgehen?

Wo soll heuer Weihnachten stattfinden, diesseits oder jenseits des Fensters mit seinem fast ganz heruntergezogenen Rollo? Hier, herinnen bei uns … oder drüben, hinter dem einen erleuchteten Fenster? Und was ist mit denen, die uns nicht einmal mit einem erleuchteten Fenster daran erinnern, dass es drüben, unsichtbar hinter dunklen Fenstern oder abschirmenden Grenzen, Menschen gibt, die auch ein Drinnen brauchen? Wenn Weihnachten überhaupt sein soll, müsste es dann nicht überall sein können?

‚Fensterblick‘ oder ‚Tunnelblick‘, das mag für viele eine Frage sein, wenn wir heuer schon das zweite Corona-Weihnachten feiern – aber ist es nicht eine Frage, die sich jeden Tag stellt?

Ein gesegnetes Fest und ein gutes Jahr 2022 wünscht Ihnen
die Leitung der Katholischen Privat-Universität Linz!

Univ.-Prof. Dr. Christoph Niemand, Rektor
Univ.-Prof. Dr. Michael Fuchs, Vizerektor
Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Gillmayr-Bucher, Dekanin der Fakultät für Theologie
Univ.-Prof.in Dr.in Anna Minta, Dekanin der Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft

16.12.2021,kd