Studieneröffnung: Ernennung eines Ehrensenators und Antrittsvorlesung.

Mit einem mehrteiligen Festakt wurde am 27. September 2021 das Studienjahr 2021/21 an der Katholischen Privat-Universität Linz eröffnet. Nach der liturgischen Feier in der Linzer Ursulinenkirche, geleitet von Generalvikar Prof. Severin Lederhilger, erfolgte in der Aula der KU Linz im Rahmen der akademischen Feier die Verleihung der Würde eines Ehrensenators an Generaldirektor a.D. Josef Stockinger sowie die Ehrung der langjährigen Dozenten für Alte Sprachen, Heribert Derndorfer und Gerhard Sitter. Im Anschluss hielt die mit 1. September 2021 neu berufene Universitätsprofessorin für Katechetik und Religionspädagogik, Helena Stockinger, ihre Antrittsvorlesung zum Thema "Konturen einer verletzlichkeitssensiblen Religionspädagogik".

In seiner Predigt beim Eröffnungsgottesdienst in der Ursulinenkirche spannte Generalvikar Severin Lederhilger einen Bogen von Paulus’ Mahnung, mit den eigenen Kräften achtsam umzugehen, zur großen Aussendungsrede Jesu. Auch Bildung stelle ein Feld der Sendung und Berufung dar, eröffnet sie doch neue Denk- und Handlungsräume. Bei dem, was wir umsetzen und erreichen wollen – in der Wissenschaft, in der Gesellschaft oder in der Kirche –, müssen wir aber nicht als Einzelkämpfer bis zur Erschöpfung arbeiten: Gemeinsam, statt einsam! gelte gerade an einer Universität, die schon im Wortsinn auf Gemeinschaft abhebe. Zu Zusammenarbeit und verantwortungsvollem Umgang seien die Menschen von Jesus berufen – dies möge, so schloss Generalvikar Lederhilger, das Leben an der Universität wie auch unser gesellschaftliches Engagement inspirieren.

Den Auftakt des Festakts in der Aula der Katholischen Privat-Universität Linz bildete die Ehrung der Professoren Heribert Derndorfer und Gerhard Sitter, die lange Jahre als Dozenten für Latein und Altgriechisch wirkten. An der KU Linz wusste man, wie Rektor Christoph Niemand hervorhob, diesen wichtigen Dienst an der Ausbildung von Studierenden aller Fachbereiche damit pädagogisch-didaktisch in besten Händen. Dekanin Professorin Susanne Gillmayr-Bucher betonte, dass es bei diesen Latein- und Altgriechisch-Kursen nicht nur um studienrelevante Ergänzungsprüfungen über Sprachkenntnisse gehe, sondern vielmehr um die Erschließung einer ganzen Kultur und ihrer bis heute fortwirkenden Geschichte und Traditionen. Für diesen wertvollen und mit großem Engagement geleisteten Einsatz sei daher ein großer Dank und Anerkennung auszusprechen.

Verleihung der Würde eines Ehrensenators an Gen.-Dir. a.D. Josef Stockinger.

Auf Vorschlag des Universitätssenats der Katholischen Privat-Universität Linz hat Magnus Cancellarius Bischof Manfred Scheuer den vormaligen Landesrat und Generaldirektor der Oberösterreichischen Versicherung Josef Stockinger zum Ehrensenator ernannt. Die Überreichung der Verleihungsurkunde erfolgte durch Rektor Christoph Niemand.

Schon in seiner Zeit als oberösterreichischer Landesrat für Agrarangelegenheiten (2003–2010) hat Josef Stockinger durch innovatives Denken eine Reihe zukunftsweisender Projekte in Gang gebracht. Dabei waren Themen christlicher Sozialethik und Moraltheologie, die an der KU Linz eine große Rolle spielen, für ihn stets von Bedeutung. Der dramatische Verlust der Biodiversität, die Auswirkungen des Klimawandels und die Notwendigkeit nachhaltigen Wirtschaftens waren ihm früh bewusst – früher vielleicht als anderen Politiker*innen.

Als Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Oberösterreichischen Versicherung AG (2011–2020) war er über viele Jahre ein verlässlicher Partner und Förderer der KU Linz. Dabei war er immer auch ein interessiertes und kritisches Gegenüber, dessen Feedback bei geförderten Projekten geschätzt wurde und so auch zu deren Profilierungen beitrug. In seiner Person und seinem Wirken für die KU Linz wird auch die „Third Mission“ sichtbar: Die Ausrichtung der Universität auf Fragen und Herausforderungen der Gesellschaft und das unmittelbare Einwirken der Katholischen Privat-Universität Linz auf zivilgesellschaftliche Diskurse hat Josef Stockinger – nicht zuletzt als Obmann-Stellvertreter im Verein „Freunde der KU Linz“ – öffentlich unterstützt und gefördert.

Antrittsvorlesung von Professorin Helena Stockinger.

Nach einer kurzen Vorstellung durch die vorherige Lehrstuhlinhaberin Professorin Ilse Kögler – sie begrüßte auch herzlich eine Vielzahl von Fachkolleg*innen aus dem ganzen deutschen Sprachraum, die vor Ort oder virtuell an der Feier teilnahmen – behandelte Professorin Helena Stockinger in ihrer Antrittsvorlesung mit Verletzlichkeit ein Thema, das ihr wissenschaftliches Denken und Arbeiten maßgeblich prägte und auch zukünftig einen der Arbeits- und Forschungsschwerpunkt am Institut für Katechetik, Religionspädagogik und Pädagogik der KU Linz bilden wird.

Ausgehend von konkreten Beispielen – verletzenden Situationen und problematischen Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Bildungseinrichtungen – skizzierte Helena Stockinger "Konturen einer verletzlichkeitssensiblen Religionspädagogik". In diesem Konzept geht es zunächst grundlegend darum, institutionelle und gesellschaftliche Strukturen und eigene Vorstellungen laufend kritisch zu reflektieren – etwa im Blick auf den Umgang mit religiöser und weltanschaulicher Vielfalt. Anhand der miteinander verschränkten Aspekte der Macht, der Zugehörigkeit, des Umgangs mit Heterogenität und Emotionen kann das Verletzungspotenzial von Bildungsprozessen befragt werden: Wie lassen sich beispielweise Heterogenität und Differenz bearbeiten und Bildungsprozesse gestalten, damit Schüler*innen sich wertgeschätzt fühlen, ohne als "Andere" festgeschrieben zu werden?

Die unterschiedlichen Aspekte von Verletzlichkeit als Bildungsinhalt zu etablieren und welchen Beitrag religiöse Bildung hier leisten kann, fokussiert der zweite Teil des Vortrags: Gerade die theologische Auseinandersetzung sensibilisiere dafür, dass Verletzlichkeit eine conditio humana ist, die es anzuerkennen gelte – und dass darin eine Voraussetzung für Beziehungsfähigkeit, Solidarität und Verantwortung liege. Gleichzeitig kann die Einsicht, dass Personen in bestimmten Situationen verletzlicher als andere gemacht werden, den Blick auf Ungerechtigkeiten schärfen und zu Kritik und Emanzipation motivieren. In Wirken und Worten Jesu etwa sind Widerstandserzählungen enthalten, die im Religionsunterricht bearbeitet als Motivation fungieren können, sich mit ungerechten Strukturen auseinanderzusetzen und diese zu verändern.

Ein sensibler Umgang mit Verletzlichkeit im Kontext Schule brauche jedoch Ermöglichungsräume: Räume, in denen die Auseinandersetzung mit der eigenen Verletzlichkeit möglich ist und in denen Kinder und Jugendliche ungerechte Verhältnisse kritisieren und Handlungsoptionen reflektieren können. Diese zugleich intellektuellen wie emotionalen Auseinandersetzungen erfordern aber auch den Mut, sich unliebsamen und komplexen Fragen zu stellen, ohne diese immer beantworten zu können. Der Religionsunterricht könne, so unterstrich Helena Stockinger abschließend, ein solcher Ermöglichungsraum werden.

Die Antrittsvorlesung ist abrufbar auf YouTube.

Univ.-Prof.in Dr.in Helena Stockinger. Seit 1. September 2021 hat Helena Stockinger den Lehrstuhl für Katechetik und Religionspädagogik an der KU Linz inne. Neben ihren Lehramts- und Diplomstudien Katholische Religion, Katholische Religionspädagogik, Katholische Fachtheologie, Psychologie und Philosophie absolvierte sie u.a. den Unilehrgang Supervision, Coaching und Organisationsentwicklung. Für ihre Dissertation, eine ethnographische Studie an Kindergärten in katholischer und islamischer Trägerschaft, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt hatte Helena Stockinger die Lehrstuhlvertretung für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts an der Ludwig-Maximilians-Universität München inne. Sie war Lehrbeauftragte an Universitäten in Wien, München und Linz und absolvierte Forschungs- und Lehraufenthalte in Belfast, Warwick, Leuven, Münster und Tübingen.

29.9.2021/RK/HE