Kultur – Erbe – Ethik. Festschrift für Prof. Wilfried Lipp.
Festakt im Schloss Tillysburg
Die historischen Räumlichkeiten der Tillysburg bei St. Florian bildeten den festlichen Rahmen einer Feierlichkeit, die in Umfang und Gestaltung den aktuellen Gegebenheiten anzupassen war: bei Gastgeber und Schlossherren Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg versammelte sich ein kleiner Kreis von Freunden, FachkollegInnen und Wegbegleitern Wilfried Lipps, um dem Geehrten gemeinsam mit den Herausgebern der Festschrift ihre Aufwartung zu machen.
Nach einem Grußwort des Vizerektors und designierten Rektors der KU Linz, Univ.-Prof. Dr. Christoph Niemand, und einer Grußadresse von Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer (verlesen von Mitherausgeberin Univ.-Prof. DDr.in Monika Leisch-Kiesl), erinnerte Altbischof Dr. Maximilian Aichern OSB an die Bedeutung der "Memoria". Die Bewahrung des Erbes als gegenständliche Erinnerung sei das zentrale Element denkmalpflegerischer Arbeit – und in diesem denkmalpflegerischen Wirken habe es mit Landeskonservator Wilfried Lipp vielfach Berührungspunkte, gemeinsame Projekte und einen stets fruchtbaren und anregenden Austausch gegeben.
In der Laudatio stellte Prof. Dr. Egon Johannes Greipl, ehemaliger bayerischer Generalkonservator, einen Bezug her zu seinem Beitrag in der Festschrift und bettete unter dem Titel "Linz und die Welt" den Geehrten in eine spezifische – auch: oberösterreichische – Tradition der Denkmalpflege ein. Die freundschaftliche Verbindung zu Wilfried Lipp fand in persönlichen Erinnerungen ihren Ausdruck.
Mitherausgeber Mag. Reinhard Kren schließlich führte durch das seit Sommer 2018 laufende Projekt und das nun abgeschlossen vorliegende Buch, nicht ohne zuvor von vielen Beiträgerinnen und Beiträgern der Publikation, die am Festakt selbst nicht teilnehmen konnten, persönliche Grüße und Wünsche zu überbringen.
In seinen Dankesworten und einer kleinen Rede teilte Wilfried Lipp mit den Anwesenden – darunter Dr.in Imma Walderdorff, Dr. Georg Steinmetzer, Dr. Werner Telesko, Dr. Christoph Leitl und Prof. Dr. Gottfried Kneifel – u.a. die Beobachtung, dass unsere immer komplexer und unübersichtlicher werdende Welt in der gegenwärtigen Situation plötzlich eine bemerkenswerte "Komplexitätsreduktion" erlebe, indem angesichts von "Corona" alle Lebensbereiche unter ein Postulat gestellt würden: das der Gesundheit und des Lebens. Diese Wahrnehmung – und was daraus folgt – solle, so stellte der Geehrte in Aussicht, Gegenstand weiterer Reflexionen werden.
Zur Publikation
Aus Anlass des 75. Geburtstages von Hofrat Univ.-Prof. Dr. Wilfried Lipp – 1992–2010 Landeskonservator von Oberösterreich und im Rahmen von ICOMOS (International Council on Monuments and Sites) auch jahrzehntelang international tätig – widmet seine langjährige akademische Heimat, der Fachbereich Kunstwissenschaft der KU Linz, diesem wichtigen Protagonisten eine umfängliche Festschrift.
Rund 50 KollegInnen, DiskussionspartnerInnen, WegbegleiterInnen, ehemalige Studierende und Freunde des Geehrten thematisieren in vielfältigen Formaten nicht nur aktuelle Themen, sondern auch Geschichte und Zukunft der Denkmalpflege. Werk und Wirken Wilfried Lipps bilden dabei Bezugs- und Referenzpunkte, doch erschöpft sich der Band darin inhaltlich keineswegs: Die von Univ.-Prof.in DDr.in Monika Leisch-Kiesl und Mag. Reinhard Kren vom Institut für Geschichte und Theorie der Kunst der KU Linz herausgegebene Publikation bietet vielmehr eine Gesamtschau und einen Umriss des facettenreichen Feldes der Denkmalpflege, ist eine Standortbestimmung mit internationaler Perspektive und eine Reflexion des Faches auch über sich selbst.
Im Zentrum stehen Fragen und Probleme unseres Umgangs mit dem "kulturellen Erbe" – von ganz handfesten denkmalpflegerischen Herausforderungen (Wie die auf uns gekommene "Materie" erhalten?) über theoretische und praktische Implikationen der Ausweitung(en) des Denkmalbegriffs (Stichwort: Immaterielles Kulturerbe) bis hin zur nicht zuletzt auch ethischen Dimension der Frage, wie wir "Heritage" verstehen und gestalten und in welchen Formen wir die Vielfalt des Erbes in unsere modernen Gesellschaften integrieren wollen und können.
Neben Einblicken in Entwicklungen und Themenfelder, die namentlich im deutschsprachigen Raum – abseits des engsten Fachdiskurses – kaum bekannt sind, wird insbesondere in der Spannung zwischen ‚globalen‘ Problemfeldern und spezifischen Gegebenheiten und Traditionen die Dynamik des Feldes "Heritage" sichtbar: Es ist ein Feld der Diskussion, der Aushandlungsprozesse und Vermittlung zwischen gesellschaftlichen Erwartungen, technischen – und auch wirtschaftlichen – Möglichkeiten, zwischen Erinnerungskultur, Politik und Ideologie, zwischen Bewusstsein, Bildung und Selbstbild. Damit ist die als Band 12 der Reihe "Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie" erscheinende Publikation auch ein Beitrag zu kulturhistorischen und kulturtheoretischen Diskussionen weit über das facheinschlägige Feld der Denkmalpflege hinaus: ein Baustein für Analyse und Verständnis unserer modernen Welt(en) im Wandel zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Text: Reinhard Kren. Fotos: Hermine Eder
12.6.2020/he
Reinhard Kren / Monika Leisch-Kiesl (Hg.)
Kultur – Erbe – Ethik. "Heritage" im Wandel gesellschaftlicher Orientierungen.
Festschrift für Wilfried Lipp
(Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie 12)
Print, 49,00 EUR, ISBN 978-3-8376-5338-0
E-Book (PDF), 49,99 EUR, ISBN 978-3-8394-5338-4
486 Seiten, Abb.
transcript Verlag, Bielefeld 2020
Die Festschrift erscheint Ende Juni.