Festakt zur Emeritierung von Professor Severin J. Lederhilger OPraem.
Von einer "Feier vermischt mit Traurigkeit" sprach Vizerektor Professor Michael Fuchs in seiner Begrüßung: Denn die Emeritierung Severin Lederhilgers bedeute nicht zuletzt, dass seine Weisheit und sein Rat in Sitzungen und gremialen Besprechungen an der KU Linz fehlen werden. Dass so viele der Einladung zur Abschiedsvorlesung gefolgt seien – neben Bischof Manfred Scheuer, Altbischof Alois Schwarz und Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer fanden sich zahlreiche Kolleg:innen, Freund:innen und Wegbegleiter:innen des Geehrten aus Diözese, Wissenschaft, Kirchen, Politik und Gesellschaft zur Abschiedsvorlesung ein –, zeige die hohe Wertschätzung und Anerkennung für dessen Leistungen.
Dank und Würdigung
Bischof Manfred Scheuer leitete als Großkanzler der KU Linz den Abend mit Grußworten ein, in denen er nicht nur die verdienstvolle Tätigkeit Severin Lederhilgers als Universitätsprofessor und Wissenschaftler hervorhob, sondern auch sein praktisches – und immer lebensnah gestaltetes – Wirken in unterschiedlichen Funktionen in der Diözese Linz, u.a. als Diözesanrichter, als Gerichtsvikar und seit 2005 als Generalvikar. In all dem gab und gibt Lederhilger dem Kirchenrecht ein "theologisches Profil und ein menschliches Gesicht", gerade auch in Konfliktsituationen und bei schwierigen Themen. Für diese menschliche Präsenz, seine Expertise in unterschiedlichsten Rechtsbereichen, sein Verständnis des Rechts als "Garanten der Humanität" und die Ausübung seiner Ämter im Sinne des II. Vatikanums sprach Bischof Scheuer dem Geehrten einen großen Dank aus.
In den Mittelpunkt seiner Würdigung rückte Rektor Christoph Niemand – dem Anlass der Feier entsprechend – Severin Lederhilgers Verdienste um die KU Linz, an der dieser seit 1993 als Professor für Kirchrecht und Vorstand des gleichnamigen Instituts lehrte und forschte. Seine Leistungen für das wissenschaftliche und organisatorische Tagesgeschäft der Institution, die "Mühen der Ebene", ließen sich kaum aufzählen. Dass er während seiner zwei Amtszeiten als Rektor (1998–2002) mit der Akkreditierung der damaligen Katholisch-Theologische Hochschule Linz (KTHL) als erste Privatuniversität Österreichs im Jahr 2000 einen ganz entscheidenden Schritt in der Entwicklung zur heutigen KU Linz maßgeblich gestaltet hat, zeige seine Fähigkeiten, strategisch zu denken, seinen Willen, auch "dicke Bretter zu bohren" und seinen Mut – und die Demut – Dinge anzugehen, deren Erfolg sich nicht von allein einstelle. Wenn die KU Linz heute institutionell und statutarisch grundsolide aufgestellt ist, so sei dafür wesentlich Severin Lederhilger zu danken.
Die große Wertschätzung für den Kanonisten und auch eine tiefe kollegiale Verbundenheit spiegelt sich in der Festschrift "Kanonist, Ordensmann und Gestalter", die in der Reihe "Kanonistische Studien und Texte" im renommierten Berliner Wissenschaftsverlag Duncker & Humblot erschienen ist. Einige der rund 30 Beiträger:innen waren anwesend und verliehen so der Überreichung des Buches an den Geehrten eine besondere Note.
Anhand eines Ganges durch Publikation umriss Mitherausgeber Professor Wilhelm Rees (Universität Innsbruck) Lederhilgers wissenschaftlichen Werdegang und die Spannweite seiner Themenfelder und Interessen: etwa kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Ordensrecht, Fragen zum Verhältnis von Kirchenrecht und Pastoral, Ökumene und kooperative Seelsorge. Mit dem Titel einer seiner Publikationen – "Entscheidend ist das Wir" – lasse sich eine Grundüberzeugung des Geehrten benennen: Es komme auf das Miteinander in der Kirche an.
Professor Herbert Kalb (Johannes Kepler Universität Linz) nahm das in der Anmoderation der Abschiedsvorlesung auf, indem er diese thematisch in Geschichte und Gegenwart des Verhältnisses von Kirchenrecht und Theologie einbettete. Gerade im Bewusstsein eines nicht immer friktionsfreien Verhältnisses und der damit verknüpften spezifischen Probleme sei mit Lederhilger ein "Integratives Kirchenrecht" gefordert.
Plädoyer für eine neue kirchliche Rechtskultur
"Macht und Ohnmacht kanonischen Rechts" lautete der Titel der Abschiedsvorlesung, deren programmatischer Untertitel anzeigte, dass es Lederhilger nicht um eine bloße Bestandsaufnahme ging, sondern als "Plädoyer für ein theologisch verantwortetes Kirchenrecht" um ein zukunftsfähiges (Selbst-)Verständnis der Disziplin, gewonnen aus der Reflexion über Funktionen normativer kirchenrechtlicher Ordnungsgefüge und mit Blick auf deren evangeliumsgemäß gestaltende Anwender:innen.
Die Frage nach "Macht" zielte nicht bloß auf Durchsetzungsmächtigkeit; vielmehr wurde differenziert und sensibel herausgearbeitet, wie Kirchenrecht als Instrument institutionell notwendiger Machtausübung schlimmstenfalls auch als systemische Fixierung von Machtmissbrauch wahrgenommen und erlebt werden kann – auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Kontexten. Jedes Recht enthält und reguliert einen gewissen Machtanspruch der Verbindlichkeit und muss daher auch dessen Ausübung und Kontrolle festlegen. Das konziliare Verständnis von Kirche verlangt, dass Kirchenrecht so gestaltet wird, dass es Frieden und Freiheit innerhalb der Gemeinschaft (communio) sichert. Angesichts kirchlicher Lebensrealitäten sei jedoch zugleich dessen Ohnmacht nüchtern zu konstatieren. Diese äußere sich etwa in der "stillschweigenden Nichtbefolgung" von Normen. Wie sich Kanonistik und Kirche selbst diesen Problemen stellen, wurde durch die stete Situierung der Ausführungen in aktuellen Diskursen und Positionen sichtbar.
Die Vorlesung mündete in einem eindringlichen Plädoyer für eine neue kirchliche Rechtskultur: Denn kirchliches Recht diene "nicht einfach dem Machterhalt bestimmter Gruppen"; es könne und möchte ein "Instrument umfassender Pastoral" sein, für das nicht nur Vertreter:innen der Rechtsprechung, der Verwaltungskanonistik und der Wissenschaft Verantwortung tragen, sondern alle theologisch und pastoral Tätigen. Diese seien aufgerufen, aus ihrer je eigenen praktischen Kompetenz ein rechtswissenschaftlich fundiertes, theologisch verantwortetes Kirchenrecht mitzugestalten und so eine dialogoffene und interdisziplinär agierende Kanonistik stärker zu etablieren.
Im Anschluss dankte Severin Lederhilger Familie und Freunden, der Scientific Community an der KU Linz und darüber hinaus, seinem heimatlichen Konvent Schlägl und dem Prämonstratenserorden sowie, beginnend bei den drei Bischöfen Maximilian Aichern, Ludwig Schwarz und Manfred Scheuer, allen Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen der Diözese für die gute Zusammenarbeit.
Abschluss und Ausblick
Mit einem „intellektuellen Tanz“ verglich Rektor Professor Christoph Niemand die Abschiedsvorlesung Severin Lederhilgers und spielte damit auf den Tango an, der vom Kepler Quartett bei der musikalischen Gestaltung der Feier als letztes Stück vorgetragen wurde. Doch die Emeritierung eines Professors bedeute nicht, dass der Tanz ende – und so durfte er mit großer Freude ankündigen, dass ab 1. September 2023 Andreas E. Graßmann die Professur für Kirchenrecht an der KU Linz übernehmen wird. (Presseinformation folgt.)
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23.6.2023/RK/HE