Buchpräsentation: Ferdinand Klostermann als Konzilstheologe.
Die Begeisterung, mit der Ferdinand Kostermann vom Zweiten Vatikanischen Konzil in Rom 1965 nach Hause zurückgekehrt sein muss, rückte Universitätsprofessorin Klara-Antonia Csiszar, Vizerektorin der Katholischen Privat-Universität Linz, ins Zentrum ihrer Begrüßung: Im Gepäck hatte Klostermann die Leidenschaft für einen neuen Aufbruch der Kirche, für die nun endlich auch amtskirchlich wiedergefundene Wertschätzung von Lai:innen und eine neue Sensibilität für alle Getauften.
Als Herausgeber der Beiträge zu Klostermann, die sich mit seinem Wirken befassen, fungierten mit Karl A. Immervoll und Alfred Kirchmayr zwei Schüler und Wegbegleiter des Pastoral- und Konzilstheologen. Kirchmayr zeichnete eingangs ein Bild des Klerikalismus als “kollektive Krankheit", verwandt dem Glauben, dass die eigene Kirche "die einzig richtige" sei. Es brauche aber keine Herren und Knechte, denn alle seien Brüder und Schwestern und als Getaufte gleichermaßen auserwählt. Leitung sei mit Klostermann zunächst schlicht als Funktion zu sehen, die sich durch die Weihe weder im Selbstverständnis noch institutionell als "Herrschaft" abheben dürfe. Und mit Nachdruck betonte Kirchmayr: “Nächstenliebe sollte als Sakrament eingeführt werden." Klostermann hätte die Frage, worum es im Christentum gehe, mit “Menschwerden" beantwortet; noch seien wir eben keine “Menschen", ganz im Sinne von Konrad Lorenz, der unsere Existenz als “Brücke zwischen Affen und Menschen" definiert hat. Von ungebrochener Aktualität sei auch Klostermanns Stellung zur Weihe von Frauen, die er in einem Rundfunkinterview 1970 jenseits aller theologischer Argumentationen als “reine kirchenrechtliche Machtfrage" gekennzeichnet hatte. Dem entspreche, so Kirchmayr, auch Klostermanns “Theologie des Heiligen Geistes": Der Geist erneuere uns durch neue Eindrücke und Aufgaben – das Christentum sei eine Lehre der Veränderung, nicht der Erstarrung!
Karl A. Immervoll erinnerte an den leidenschaftlichen “Diskutierer Klostermann", der Auseinandersetzung und Konfrontation als Triebkraft und Korrektiv betrachtete: “Eine Theologie, die nur Theologie betreibt, ist eine schlechte Theologie." Es brauche den Blick über den Tellerrand hinaus, in andere Bereiche, Felder und auch Wissenschaften. Literatur, Kunst und Humanwissenschaften lassen den Menschen in all seinen Heils- und Unheilserfahrungen sichtbar werden; bezeichnend, dass auf Klostermanns Schreibtisch eine Skulptur von Fritz Wotruba stand, der er den Titel “Mensch" gab – und die am Cover der Publikation zu sehen ist. Diese Offenheit sollte für Klostermann gerade auch den eigenen Standort prägen: "Identifiziert euch nicht mit der Kirche, bleibt auf kritischer Distanz", mahnte er angesichts einer klerikalen Kirche. Dass diese Haltung heute für den synodalen Prozess und sein Gelingen wieder eine ganz entscheidende Bedeutung gewinnt, unterstrich ein Statement Ferdinand Kaineders, der einen Beitrag zur Publikation beisteuerte: "Das Buch möge wachrütteln und verdeutlichen, dass wir gemeinsam Kirche sind. Wem gehört Kirche? Dir, mir, uns. Wir sind Teilhaber:innen am Lebewesen Kirche!"
Verleger Bernhard J. Kagerer umriss die Genese des Buchprojekts, das er vom Wagner Verlag in seine Edition R3 übernehmen durfte. Für ihn persönlich ergab sich dadurch eine bereichernde Beschäftigung mit Ferdinand Klostermann, die voraussichtlich eine Fortsetzung finden wird. Dass Klostermann mit Wilhelm Zauner, Günter Rombold, Rudolf Zinnhobler sowie mit zahlreichen namhaften Persönlichkeiten und insbesondere auch seinen Schülern theologisch reflektierend, zeit- und kirchenkritisch – vielfach auch freundschaftlich – in Kontakt war, habe ihm eine neue Seite seiner Persönlichkeit eröffnet.
Klostermann brannte, wie Kagerer abschließend festhielt, für das “Ereignis Kirche": Nicht von ungefähr sei ihm die Bezeichnung “Feuergeist" zugeschrieben worden. In Klostermanns Zugeneigtheit und Menschenfreundlichkeit sei Kirche im Kleinen vergegenwärtigt, gelebt, weitergedacht sowie weit gedacht worden. Dieses Entflammt-Sein wünscht sich Kagerer für die Kirche von heute: “Die Arbeit an diesem Buch war nicht nur mechanisches Setzen der Seiten, sondern ein je mehr begeistertes wie begeisterndes Tun, ein an Ferdinand Klostermann erinnerndes Geschehen, ein Wachrütteln im Hinblick auf das, was mit der Vergegenwärtigung des Christusgeschehens heute mehr denn je gemeint ist."
Karl A. Immervoll / Alfred Kirchmayr (Hg.)
Ferdinand Klostermann und das Laienapostolat
Der Aufbruch damals – die Klerikalisierung heute
Edition R3, Rutzenmoos 2025
ISBN 978-3-903239-13-5
Ferdinand Klostermann (1907–1982) studierte in Linz Theologie und wurde 1929 zum Priester geweiht. 1960 wurde er zum Mitglied der päpstlichen Kommission für das Laienapostolat beim Zweiten Vatikanum ernannt und trat 1962 die Professur für Pastoraltheologie an der Universität Wien an, die er bis zu seiner Emeritierung 1977 innehatte.
Karl A. Immervoll (* 1955) und Alfred Kirchmayr (* 1942) waren während der letzten Lebensjahre Klostermanns seine Schüler und Wegbegleiter am Pastoraltheologischen Institut der Universität Wien: Kirchmayr gestaltete als Assistent und Lektor gemeinsam mit Erwin Ringel pastoralpsychologische Vorlesungen. Immervoll, damals Jugendarbeiter in der Drogenszene, holte sich am Institut Rüstzeug und Inspiration für sein Engagement in der Arbeiter:innenpastoral.
7.11.2025/KH/RK




