Bubbles & Bodies. Tagung zur materiellen Basis der Öffentlichkeit.

Vom 7. bis 9. November 2018 fand an der KU Linz die interdisziplinäre Tagung "Bubbles & Bodies" statt, in der mit TheologInnen, PhilosophInnen und Kunstwissenschafterlnnen die Frage erörtert wurde, wie die Rolle der Öffentlichkeit und des öffentlichen Raumes, zwischen Diskurs und Performativität, zwischen Formen der Selbstorganisation und Praktiken des Widerstandes gedacht werden kann. Dabei zeigte sich Öffentlichkeit als stets umstrittener Raum von Symbolen und Ritualen, von Argumenten und Versammlungen.

Aus der Perspektive der Kunstwissenschaft stellt sich die Frage, wie dieser Raum (architektonisch) geformt wird, künstlerisch angeeignet und mit medialen und materiellen Widerstandspraktiken auch subversiv gestaltet werden kann. Das janusköpfige Gesicht der Modellierung öffentlichen Raums nach der Idee des Forums (Brigitte Sölch) war ebenso Thema wie die künstlerische Aneignung (Romana Hagyo) und das Wechselspiel zwischen urbanem Ort und seiner digitalen Repräsentation (Katja Bernhardt). Aus medienwissenschaftlicher Sicht ging es um performative Widerstandsformen in urbaner wie digitaler Öffentlichkeit innerhalb autokratischer Regime (Christine Hanke). Praktiken des Widerstandes waren auch das Thema von philosophischen Beiträgen, die sowohl in radikaldemokratischem (Dominik Harrer) als auch in liberalem Politikverständnis (Wulf Loh) die Möglichkeit und Legitimität von zivilem Ungehorsam ausloteten.

Aus theologischer Perspektive stellten sich Fragen der Verortung von Religion im öffentlichen Raum und Diskurs. Dabei wurde sowohl der sakramentale Körper (Mirja Kutzer) als auch die Theorie und Praxis von theologischem Diskurs unter den Bedingungen digitaler Öffentlichkeit (Frederike van Oorschot/Thomas Renkert) thematisiert. Außerdem ging es um eine Erweiterung des Habermasschen Öffentlichkeitsverständnisses für die Diskussion religiöser Themen (Florian Höhne) und um den interreligiösen Dialog zwischen Christentum und Islam (Brigitte Bienia). Dass Öffentlichkeit sich nicht nur als Diskurs verstehen lässt, sondern der Partizipation und Performativität bedarf, zeigte sich bei einer Vielzahl von digitalen Kunstprojekten (Manuela Naveau) ebenso wie in der philosophischen Kritik des liberalen Öffentlichkeitsverständnisses, das mit Überlegungen im Anschluss an Judith Butler diskutiert wurde (Michael Reder).

Die Bedingungen digitaler Öffentlichkeit wurden zum einen in Form der Herausforderungen durch Meinungsroboter, Überwachung und Künstlicher Intelligenz problematisiert (Stefan Weber). Mit dem Motiv der Allmende erschien zum anderen die Relevanz der Kultivierung und Aneignung von Öffentlichkeit (Lukas Kaelin), die auch im Anschluss an Hannah Arendts Ansatz des Erscheinens in der Öffentlichkeit betont wurde (Maria Robaszkiewicz). Schließlich waren der Tagung ihren Namen gebenden "Bubbles" sowohl als Filterblasen, die als Phänomen der Postmoderne untersucht wurden (Calvin Kiesel), als auch als geschützte analoge Räume in Kunst- und Kulturzentren (Xenia Kopf) Thema.

So gelang es der Tagung die beiden Aspekte gegenwärtiger Öffentlichkeitstheorie – eben die Bubbles und die Bodies – im interdisziplinären Diskurs in ganz unterschiedlicher und für alle Beteiligten überaus fruchtbare Art und Weise zu beleuchten.

15.11.2018/Lukas Kaelin/he

Tagung. Bubbles & Bodies - Zur materiellen Basis der Öffentlichkeit.

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