Aschermittwochsgespräch "Wirtschaft & Ethik": Verändert Corona die Welt?

"Eine Pandemie verändert die Welt", unter diesem Titel fand am 17. Februar 2021 das 19. Aschermittwochsgespräch "Wirtschaft & Ethik" von Sparkasse Oberösterreich und Industriellenvereinigung OÖ in Kooperation mit der Katholischen Privat-Universität Linz statt. Sich den Herausforderungen und Problemen der Krise zu stellen, diese aber auch als Chance zu begreifen, dafür plädierten die DiskussionsteilnehmerInnen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Es referierten und diskutierten der Jugendforscher Simon Schnetzer, LH-Stellvertreterin Christine Haberlander, Psychologin Barbara Guwak und Assistenz-Professorin Katja Winkler vom Institut für Christliche Sozialwissenschaften Johannes Schasching SJ der KU Linz.

Nicht allein das Thema des heurigen Aschermittwochsgesprächs stand ganz im Zeichen von Corona, auch die Form musste sich den aktuellen Bedingungen anpassen: Erstmals wurde das Gespräch via Live-Stream an rund 400 TeilnehmerInnen übertragen. Miteinander die Ausnahmesituation zu meistern und das dabei Gelernte und Bewusstgewordene positiv für die Zukunft zu nutzen, das sei die Aufgabe, vor der man heute stehe, so Stefanie Christina Huber, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Oberösterreich, in ihrer Begrüßung. Dass bei der Gestaltung des durch die Pandemie beschleunigten Strukturwandels dem Unternehmertum eine wichtige Rolle zukomme, unterstrich Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung OÖ, und brachte es auf die Kurzformel: "Mit Lernen und Leistung die Krise bewältigen." Es brauche Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Innovationsgeist – nicht nur ein "Warten auf die Unterstützung des Staates".

Wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Herausforderungen

In seinem Key-Note-Vortrag stellte Jugendforscher Simon Schnetzer Ergebnisse der Studie "Junge Österreicher 2021" vor, die im März erscheinen wird. Die Pandemie bedeutet nicht nur einen signifikanten Einschnitt in der Lebenswelt von jungen Menschen, sondern hat auch deren Werte, Vorstellungen und Zukunftserwartungen verschoben. Viele erlebten eine Verschlechterung der finanziellen Lage, der beruflichen Perspektiven und der psychischen Gesundheit. Die Gewinnung von Sicherheit rückt damit in den Fokus – und die Wahrnehmung, dass Geld diese Sicherheit gewährleisten könne. Schnetzer plädierte für eine gezielte Einbindung der jungen Generation bei der Bewältigung der Krise und der Gestaltung der Zukunft; dies könne etwa in Form eines staatlichen "Corona-Stipendiums" für junge Menschen erfolgen. Durch die Aktivierung von Engagement und Kreativität entscheiden wir heute, ob die Pandemie bei aller Krisenhaftigkeit am Ende nicht doch in eine berührende Erfolgsgeschichte von Zusammenhalt, starken Visionen und Weichenstellungen für eine bessere Zukunft mündet.

In der von Dietmar Maier moderierten anschließenden Podiumsdiskussion wurden die Problemfelder und ihre Verknüpfungen in aller Deutlichkeit angesprochen. Sichtbar wurde aber auch, dass und wie Strategien der Bewältigung unmittelbar positive Effekte zeitigen können. LH-Stellvertreterin Christine Haberlander wies hier insbesondere auf den Digitalisierungsschub hin, der nicht zuletzt auch in den Schulen angekommen sei. Psychologin und Supervisorin Barbara Guwak hob hervor, dass das Bestehen von "Bewährungssituationen" etwas zutiefst Menschliches sei, in der eigenen Biographie positiv besetzt und ein wichtiger, ja notwendiger Teil der persönlichen Entwicklung. Dies lasse sich auch auf Gesellschaft und Wirtschaft übertragen, die im Ernstnehmen der Probleme Lösungen entwickeln können, die nachhaltig und zukunftsfähig sind. Es gelte daher, Potenziale aufzuzeigen, Neues zuzulassen und zu unterstützen und damit Mut und Zuversicht zu befeuern.

Krise als "Schule der Solidarität"

Katja Winkler, Assistenz-Professorin am Institut für Christliche Sozialwissenschaften Johannes Schasching SJ der Katholischen Privat-Universität Linz, lenkte in differenzierten Statements die Aufmerksamkeit darauf, dass sich in der Krise die Soziale Marktwirtschaft und das spezifisch österreichische Sozialmodell bewährt habe. Würden soziale Transferleistungen üblicherweise auf bedürftige Personen wie Arbeitssuchende oder von Armut Betroffene zielen, so tragen nun Steuerzahlende erhebliche Solidaritätslasten auch zugunsten von Unternehmen. Diese steuerfinanzierte Umverteilung sei Ausdruck eines ausgeprägten Solidaritätsverständnisses, das als gesellschaftlich geteilte Übereinkunft einem gut ausgebauten Wohlfahrtsstaat zugrunde liege. Ein positiver Effekt der Krise werde eine Stabilisierung der Zustimmung zur Sozialpartnerschaft, zum Sozialversicherungssystem und zur Freien Wohlfahrtspflege sein, wohingegen ablehnende oder strikt neoliberalistische Positionen an Boden verlieren dürften.

Bewusst zu halten bleibe aber, so Winkler abschließend, dass die Pandemie sowohl auf regionaler wie globaler Ebene bereits bestehende sozioökonomische Ungleichheiten noch massiv verschärft habe: Wer vor der Krise benachteiligt war, ist es jetzt noch mehr. Dies werde durch die prognostizierte schnelle wirtschaftliche Erholung nicht "von selbst" behoben – hier bedürfe es gezielter solidarpolitischer Maßnahmen nicht nur in der eigenen Region und im eigenen Land, sondern auch auf globaler Ebene. Nur so könne die Krise – mit einem Wort von Christian Spieß gesprochen – zu einer "Schule der Solidarität" werden.

18.2.2021/rk/he