Abt Nikodemus Schnabel: Leben im Brennpunkt Jerusalem.

Mehr als hundert interessierte Besucher:innen waren am 19. Mai 2025 zur Abendveranstaltung an die KU Linz gekommen. In seinem Vortrag unterstrich Abt Nikodemus Schnabel die besondere Rolle der Christ:innen in Israel und Palästina: “Wir sind weder pro Israel noch pro Palästina – wir sind pro Mensch.” Seit dem 7. Oktober 2023 seien Christ:innen sowohl durch Angriffe palästinensischer Terrororganisationen als auch durch militärische Aktionen der israelischen Armee ums Leben gekommen. Schnabel schilderte die Verbrechen auch auf Christ:innen, die beim Überfall durch die Hamas zu Tode kamen. Gleichzeitig nannte er Gläubigen beim Namen, welche durch die Luftschläge durch die israelische Armee im Gaza-Streifen ihr Leben verloren.
Die christliche Gemeinschaft macht in Israel/Palästina mit nur ein bis zwei Prozent der Bevölkerung eine kaum wahrnehmbare Minderheit aus – und ist dennoch ein aktiver Bestandteil der Friedensarbeit in der Region. Doch ihre Existenz ist zunehmend bedroht: Neben der anhaltenden Sicherheitslage leiden insbesondere christliche Familien unter dem Einbruch des Tourismus, der seit der Corona-Pandemie nahezu vollständig ausbleibt. Viele Christ:innen arbeiten in diesem Bereich, ihre wirtschaftliche Basis ist daher akut gefährdet.
In den Kirchen des Nahen Ostens sei kein Platz für Schwarz-Weiß-Malerei, betonte Abt Nikodemus weiter. Christ:innen sprechen dort sowohl Arabisch als auch Hebräisch – sie leben tagtäglich die Vielfalt der Region. Entsprechend klar positionieren sich die kirchlichen Autoritäten: In all ihren Erklärungen steht die Heiligkeit des menschlichen Lebens im Mittelpunkt – unabhängig von politischer Zugehörigkeit oder Herkunft.
So fordern die Kirchen einerseits die sofortige Freilassung aller Geiseln, andererseits aber auch ein Ende der Blockade humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Langfristig könne Frieden nur gelingen, wenn politische Lösungen sowohl das Recht auf eine sichere Heimat für Jüd:innen als auch das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser:innen anerkennen.
Das benediktinische Kloster im Herzen der Altstadt von Jerusalem, dem Abt Nikodemus vorsteht, sei ein Ort der Begegnung und des kulturellen und religiösen Lebens, der jedem offenstehe. Seit dem Beginn des Krieges seien die Pforten des Klosters keinen einzigen Tag geschlossen gewesen. Man möchte eine Insel der Hoffnung im Ozean des Leidens sein, so Nikodemus Schnabel.
Die Bitte an die Kirchen in Österreich und Deutschland an diesem Abend bezog sich vor allem auf das Kommen zu den Heiligen Stätten. Die Menschen in der Region leben vom Pilger-Tourismus und der wird aktuell mehr benötigt denn je.
Mehr zum Besuch von Abt Schnabel: Christen im Heiligen Land: Eine Minderheit im Spannungsfeld.
20.5.2025/FW/HE

