ThPQ 3/2024 "Arbeit": Lebenswirklichkeiten im Umbruch.

Räumliche und zeitliche Entgrenzung, Beschleunigung und Digitalisierung, Entstandardisierung und Prekarisierung – die Arbeitswelt ist im Umbruch, längst nicht mehr nur an ihren Rändern. Im Sog der Veränderung von Erwerbsarbeit wird unentgeltlich geleistete Arbeit nur allzu leicht ausgeblendet: Care- und Familienarbeit oder sozialer und gesellschaftlicher Einsatz spielen in Debatten um Arbeit meist eine untergeordnete Rolle. Und welchen Wert können Freizeit und Muße heute eigentlich noch behaupten? Heft 3/2024 der Theologisch-praktischen Quartalschrift nimmt Arbeit umfassend in den Blick. Ein Bezugspunkt ist dabei der in der Enzyklika "Laborem exercens" formulierte Anspruch, dass der Mensch sich in der Arbeit "selbst als Mensch verwirklicht" und "gewissermaßen mehr Mensch" wird.

Versammelt sind Beiträge von Expert:innen, die sich auf theologischer und sozialethischer Ebene mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Arbeit und ihren unterschiedlichen Bedeutungen befassen. In Berichten aus der Praxis von Betriebs- und Arbeitnehmer:innenseelsorge werden individuelle wie strukturelle Herausforderungen für eine gesellschaftlich relevante katholische Soziallehre sichtbar – und für eine Kirche, die sich für Menschen in ihren Lebenswirklichkeiten engagiert.

Aus dem Editorial

Erwerbsarbeit gehört zu den konstitutiven Themen der Soziallehre der Kirche. Ohne Arbeit ist die katholische Soziallehre nicht denkbar, auch wenn sich Ausgangslagen und Perspektiven verschoben haben: Stand die erste Sozialenzyklika "Rerum novarum" (1891) noch ganz unter dem Eindruck der des Elends der Arbeitermassen, das als Soziale Frage behandelt wurde, sah das 20. Jahrhundert eine systematische Ausarbeitung und Differenzierung der Soziallehre im Blick auf Erwerbsarbeit und ihre Funktionen in modernen, arbeitsteiligen Gesellschaften. Dabei wurden die Interessen und die Würde des Menschen immer stärker in den Mittelpunkt ökonomischer Prozesse gerückt. Mit "Laborem exercens" (1981) schließlich bekam die Erwerbsarbeit auch ihre eigene große Enzyklika – mit so starken Formulierungen wie jener, nach der der Mensch durch Arbeit "gewissermaßen mehr Mensch" werde.

Heute stellt sich die Frage, über welche Schlagkraft diese Motive in säkularisierten Gesellschaften noch verfügen. Jede theoretische Reflexion wie auch jedes sozialethische Handeln muss sich den konkreten Herausforderungen und ihren weitreichenden gesellschaftlichen Auswirkungen stellen: Welche Szenarien der Arbeit erwarten uns? Wird es zunehmend Arbeitszeitverkürzungen geben – oder werden wegen des Fachkräftemangels eher neue Forderungen nach einer Ausweitung der Arbeitszeit auf uns zukommen? Wird der Druck auf Teilzeitbeschäftigte steigen – oder wird Jobsharing zu einem Normalarbeitsmodell neben der Vollzeitbeschäftigung? Wird die räumliche Entgrenzung der Arbeit weitergehen? Und nicht zuletzt: Wie werden wir Care-Arbeit organisieren? Wird sie weiterhin – bezahlt oder unbezahlt – vor allem von Frauen geleistet werden, oder werden wir neue, faire Formen der Verteilung von Pflege und Erziehung finden?

Mit Beiträgen zum Thema von Axel Bohmeyer, Ansgar Kreutzer, Michaela Pröstler-Zopf, Michael Schäfers, Anna Wall-Strasser, Katja Winkler, Abhandlungen von Klara-Antonia Csiszar und Martin Kammerer sowie zahlreichen Rezensionen aktueller Publikationen aus allen Feldern der Theologie.

Editorial Heft 3.2024 "Arbeit"

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Die ThPQ erscheint im Verlag Friedrich Pustet. Die aktuelle Ausgabe ist auch als eBook/PDF erhältlich.

10.07.2024/rk