Synodalität: Theologe für Austausch zwischen Ost- und Westkirche

Orthodoxer Theologe Moga bei Salzburger Vortragsreihe zu Synodalität: "Für das Thema Synodalität hat der Osten eine strukturelle Expertise; der Westen hat einen partizipativen Impetus" - Linzer Pastoraltheologin Csiszar: Beim Erfüllen ihres missionarischen Auftrages müssten Ortskirchen einander mehr Vertrauen entgegenbringen

Salzburg, 02.06.2022 (KAP) Ost- und Westkirche könnten in Fragen Synodalität einen Tausch der Gaben vollziehen. "Für das Thema Synodalität hat der Osten eine strukturelle Expertise; der Westen hat einen partizipativen Impetus." - Das betonte der Wiener rumänisch-orthodoxe Theologe Prof. Ioan Moga bei der interdisziplinären Vortragsreihe "Gemeinsam unterwegs: Synodalität als Möglichkeitsraum" an der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg. Beide Seiten würden profitieren. Eine gelebte ökumenische Praxis der Synodalität müsste heute auch noch stärker an der menschlichen Basis ansetzen. Das beste Beispiel seien die konfessionsverschiedenen Ehepaaren. "Ihre Lebensexpertise im Bereich einer menschlichen Synodalität ökumenischer Prägung wurde von den Kirchen immer noch nicht genügend gewürdigt", so Moga.

Die orthodoxen Kirchen seien nach wie vor von einer synodalen Verfassung geprägt, auch wenn zunehmend Primatialisierungstendenzen feststellbar seien. In der Rumänisch-Orthodoxen Kirche hätten die Laien bis hinauf zur höchsten Ebene im administrativen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bereich ein starkes Mitspracherecht, so Moga. Jede Diözesanversammlung bestehe aus 20 gewählten Laien und zehn gewählten Klerikern. Jeder Diözesanrat (Anm.: das exekutive Vollzugsorgan) bestehe aus sechs Laien, drei Priestern sowie dem Bischof. Dasselbe gelte für die zentralen Organe des Patriarchats.

Synodalität und Mission gehören vom Anfang der christlichen Kirche unmittelbar zusammen, so Moga weiter: "Die Synoden der Alten Kirche waren getragen von einem missionarischen Ethos." Mission könne nur als relational, dialogisch und synodal verstanden werden, "denn das Evangelium steht in Beziehung zu den existenziellen Bedürfnissen der Welt und des Menschseins".

In diesem Grundsatz liegt für Moga auch der Grund, weshalb sich die Orthodoxie heute auf Weltebene so konfliktbeladen präsentiert: "Warum tut sich die Orthodoxe Kirche mit Synodalität auf universaler Ebene so schwer? Weil die missionarische Perspektive auf universaler Ebene nicht präsent genug ist." Die orthodoxe Missionsvorstellung sei noch - mit der Ausnahme der Diaspora - stark binnenkulturell gefärbt, bemängelte Moga. Positiv formuliert: "Die Diaspora ist die synodale und innenmissionarische Chance für die Orthodoxe Kirche im 21. Jahrhundert."

Moga zeigte sich zudem überzeugt: Synodale Schwächen könnten nur durch Synodalität geheilt werden. Die Orthodoxen würden nur durch eine noch lebendigere, noch vitalere, und vor allem verbindliche Synodalität aus den aktuellen Sackgassen kommen.

"Grammatik der Mission"

Die Linzer Pastoraltheologin Klara-Antonia Csiszar bezeichnete Synodalität als "Grammatik der Mission". In einer missionarischen Kirche und in ihrer Praxis sollte genau das aufleuchten, was die Leidenschaft Gottes für den Menschen ausmache, "nämlich, dass Menschen durch die Praxis der Kirche wieder Mut zum Leben fassen, ermächtigt werden, aufatmen, und entdecken können, dass Gott selbst in ihrem Menschsein am Werk ist". Dazu sei die Kirche ihrem jesuanischen Auftrag nach verpflichtet.

Die Prozesshaftigkeit von Kirche-Sein sei freilich immer spannungsvoll. "Diese Spannungen kennen wir auch schon vom Urmodell synodaler Versammlungen, aus dem Apostelkonzil", so Csiszar.

Das Stimmungsbild der Weltsynode spanne sich im aktuellen Ringen um die Zukunft von Skepsis über Gleichgültigkeit oder Angst bis Hoffnung. In Osteuropa - aber nicht nur dort - werde zum Beispiel der deutsche Synodale Weg kritisiert. In Westeuropa, vor allem im deutschsprachigen Raum, höre man hingegen immer wieder, dass dieser Prozess die letzte Chance sei, die Kirche noch zu retten.

Csiszar: "Wir erleben in diesem Prozess, dass die katholische Kirche eine Weltkirche ist, das heißt, sie lebt in der Vielfalt der Kulturen, in Ungleichzeitigkeit, was nicht nur spannend, sondern immer auch spannungsreich ist." Im synodalen Prozess, das heißt, im Ringen der Ortskirchen darum, wie der missionarische Auftrag konkret vor Ort gestaltet werden kann, müssten die Ortskirchen einander mehr Vertrauen entgegenbringen. Eine "heilsame Dezentralisierung" gemäß dem Prinzip der Subsidiarität sei zudem notwendig.

Die interdisziplinäre Vortragsreihe über Synodalität an der Universität Salzburg wird am 14. Juni (18 Uhr) mit der Grazer Kirchenrechtlerin Sabine Konrad und dem lutherischen Altbischof Michael Bünker fortgesetzt.

original sourcehttps://www.kathpress.at/goto/meldung/2151429/synodalitaet-theologe-fuer-austausch-zwischen-ost-und-westkirche

© Luigi Caputo