„Achterbahn der Hoffnung“ – ein Interview mit Professorin Klara - Antonia Csiszar

Als Achterbahn bezeichnet die österreichische Pastoraltheologin und Synodenteilnehmerin Klara Antonia Csiszar ihre Gefühlslage zur Halbzeit der Bischofssynode. Ein Interview mit Georg Schimmerl

In der herbstlichen Mittagssonne von Rom suchen Klara - Antonia Csiszar und ich Zuflucht im stillen Campo Santo Teutonico. Die Synode ist auf halbem Weg, und die Frage nach realistischen Erwartungen wird immer drängender. Csiszar, Universitätsprofessorin und Vizerektorin für Lehre und Forschung, beschreibt ihre Eindrücke als eine „innere Achterbahnfahrt“. Im Gespräch teilt sie ihre Hoffnungen und Überzeugungen über die Zukunft der Kirche.

 

Die Synode ist jetzt seit zwei Wochen im Gange. Welche Gefühle und welche Hoffnungen löst das bei Ihnen aus

K.A. Csiszar: In den letzten Tagen habe ich immer wieder das Bild einer Achterbahn verwendet. Die emotionale Spannung ist ständig da – mal bin ich oben, mal unten. Es ist nicht leicht, all diese unterschiedlichen Stimmen und Perspektiven zu hören und dabei stets die Frage im Kopf zu haben: Wohin führt uns dieser Weg? Dennoch schöpfe ich Hoffnung aus der Hingabe der Menschen, die sich hier engagieren. Viele opfern ihre Zeit und sind bereit, mutig neue Wege für die Kirche zu suchen. Das zeigt mir, dass trotz aller Unterschiede ein starkes gemeinsames Fundament vorhanden ist.

 

Fühlen Sie sich diesmal anders als bei früheren Synoden? Ist die Atmosphäre in der Gruppe eine andere?

K.A. Csiszar: Absolut. Zu Beginn dieser Synode war schon ein großer Unterschied spürbar. Wir sind nicht als Fremde zusammengekommen; wir kennen uns bereits gut. In der Gruppe der Theologen war es schön, vertraute Gesichter wiederzusehen. Auch mit vielen Bischöfen aus aller Welt trifft man sich wieder, und das gibt einem ein familiäres Gefühl. Diese Vertrautheit schafft eine solide Basis für die Arbeit. Aber natürlich – nach zwei Wochen spürt man auch den Druck. Manche wollen große, schnelle Änderungen, andere keine. Doch ich habe den Eindruck, dass sich eine „kluge Mitte“ herauskristallisiert, die sagt: „Lasst uns zusammenkommen und den gemeinsamen Weg gehen.“ Das braucht Zeit, Geduld und Mut.

 

Konflikte sind in solchen Gremien ja fast unvermeidbar. Wie verlaufen die Fronten? Können Sie die Gruppen etwas näher beschreiben?

K.A. CsiszarDas ist nicht leicht zu beantworten, aber grob gesagt sehe ich drei Gruppen. Die erste will keine Änderungen und klammert sich an alte Vorstellungen. Die zweite Gruppe erwartet konkrete Entscheidungen und schnelle Reformen. Sie wollen mehr, als dieses Gremium leisten kann, da es hier nicht um direkte Entscheidungsfindungen geht. Und dann gibt es eine wachsende Gruppe in der Mitte, die offen und lernbereit ist und die Gesamtheit der Themen im Blick hat. Diese Gruppe fungiert oft als Mediator und kanalisiert Spannungen, was dabei hilft, Brücken zu bauen und Bubbles zu überwinden.

 

Das Thema des Amtes in der Kirche und die Rolle der Frau sind oft Streitpunkte. Ist das auch hier so?

K.A. Csiszar: Die Frage des Amtes und der Rolle der Frau ist immer präsent, aber sie wird oft missverstanden. Ich glaube nicht, dass wir jetzt theologische Argumente brauchen, sondern vielmehr einen größeren Rahmen, um die Rolle der Frau in der Kirche zu überdenken. Wir werden in den nächsten Wochen keine Diakonissen weihen, aber das heißt nicht, dass das Thema vom Tisch ist. Es geht darum, Frauen in Leitungspositionen zu bringen und sie sichtbarer zu machen. Dies erfordert Geduld und Mut, um das Amt in der Tiefe zu überdenken und Frauen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

 

Sie erwähnen oft den Sensus Fidei, das Glaubensbewusstsein der Gläubigen. Welche Bedeutung hat das in der Synode?

K.A. Csiszar: Der Sensus Fidei ist wirklich das Herzstück dieser Synode. Das Zweite Vatikanische Konzil hat uns diese Begrifflichkeit nähergebracht, und es bildet nun die Basis unserer Arbeit. Es geht darum, auf die Gläubigen zu hören und ihre Wahrnehmungen zu respektieren. Ich wurde oft gefragt, ob bestimmte Bischöfe, die strikte Positionen vertreten, wirklich ihre Gläubigen repräsentieren. In einigen Fällen tun sie das, ja. Und das erfordert eine enorme Anpassungsfähigkeit. Die Kirche in Rumänien ist nicht die Kirche in Österreich. Ich kann hier nicht dieselben Vorträge halten, wie ich sie in Wien halten würde, weil die Bedürfnisse und der kulturelle Kontext unterschiedlich sind.

 

Sehen Sie in der Synode auch Ansätze zur Selbstorganisation der Gemeinden?

K.A. Csiszar: Ja, definitiv. In Linz etwa organisieren sich viele Gemeinden bereits selbst. Die Laien übernehmen immer mehr Verantwortung und erinnern uns daran, dass jeder von uns durch die Taufe berufen ist, die Kirche aktiv mitzugestalten. Wir können nicht mehr nur von geweihten Personen erwarten, dass sie alles für uns regeln. Synodalität bedeutet, dass wir alle, unabhängig von unserem Stand, Verantwortung übernehmen.

 

Es scheint, als hätte auch die Veranstaltung in Linz diese Dynamik beeinflusst. Was hat das Treffen dort bewirkt?

K.A. Csiszar: Linz war wirklich ein Wendepunkt. Viele von uns hatten Gelegenheit, sich persönlich zu begegnen und Beziehungen aufzubauen. Dadurch hat sich das Vertrauen vertieft, und das wirkt sich hier in Rom aus. Man geht aufeinander zu und spricht offen miteinander, selbst wenn man in bestimmten Themen anderer Meinung ist. Linz hat die Möglichkeit geschaffen, dass wir uns als Menschen begegnen und nicht nur als Theologen oder Bischöfe mit festen Positionen. Das stärkt die Zusammenarbeit und macht es einfacher, Brücken zu bauen.

 

Was können die österreichischen Gläubigen von dieser Synode erwarten? Gibt es konkrete Impulse, die man mit nach Hause nehmen kann?

K.A. Csiszar: Ich denke, dass jeder von uns, egal wo er in der Kirche steht, die Botschaft dieser Synode für sich übersetzen sollte. Für mich persönlich bedeutet das, dass ich in meiner Rolle an der theologischen Fakultät die Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren intensiviere und Verantwortung in einem gemeinsamen Prozess trage. Diese „Ein-Mann-Show“ oder „Ein-Frau-Show“-Mentalität, die in einigen Strukturen der Kirche immer noch vorherrscht, muss aufgebrochen werden. Wir sollten uns in allen Gemeinden fragen: Sind wirklich alle vertreten? Haben wir eine Stimme für die Migranten, für Menschen mit Behinderungen, für die Jugendlichen? Und wenn wir Lücken erkennen, dann sollten wir uns darum bemühen, sie zu füllen und unbequem zu werden, um tatsächlich synodales Handeln zu verwirklichen.

 

Haben Sie den Eindruck, dass die Synode in Rom eine Fortsetzung auf kontinentaler Ebene anstoßen wird?

K.A. Csiszar: Ja, das hoffe ich sehr. Ich erwarte, dass wir die synodalen Prozesse verstärken, indem wir sie auf kontinentaler Ebene und auf der Ebene der Bischofskonferenzen fortsetzen. Wenn die Synode gut funktioniert, sollte sie nicht auf Rom beschränkt bleiben, sondern sich in die Ortskirchen hinein fortsetzen. Es gibt eine logische Folge, die besagt, dass die Entscheidungen auf den Kontinenten und in den Bischofskonferenzen verankert werden sollten, bevor sie in die Ortskirchen getragen werden. Das stärkt die Kirche und gibt den Gläubigen weltweit das Gefühl, dass ihre Perspektiven gehört und berücksichtigt werden.

erstellt von: Georg Schimmerl

Link: Erzdiözese Wien - Wo der Rand zum Zentrum wird – das Vermächtnis von José Carlos und die Synode (erzdioezese-wien.at)