Der ethische Kompromiss
In jüngerer Zeit ist zunehmend zu beobachten, dass ethische Kompromisse, die sich in geltenden Gesetzen niedergeschlagen haben, nach Jahrzehnten ihrer Anerkennung wieder laut vernehmlich in Frage gestellt werden – und zwar von beiden Seiten des politischen Spektrums. Am Beispiel der Abtreibungsgesetzgebung ist das z.B. in Deutschland, aber auch in Frankreich oder den USA zu beobachten. Eher links eingestellten Personen sind die geltenden Reglungen viel zu streng, eher rechts eingestellten Personen sind sie viel zu lax. Ein Kompromiss scheint beiden Seiten unerträglich. Wissenschaftlich lässt sich fragen: Sind ethische Kompromisse in pluralen Gesellschaften überhaupt begründbar oder ist der Ethik eine Kompromisslosigkeit zu eigen? Und wie kann eine dezidiert theologische Ethik mit Kompromissen einer Gesellschaft umgehen, die unter Absehung von religiösen Motivationen getroffen wurden?