Katja Winkler

VL Christliche Sozialwissenschaften III:

Kurzbeschreibung

Die zeitgenössische Sozialethik ist geprägt von den liberalen Ideen der Menschenrechte als Freiheitsrechte und der rechtsstaatlichen Demokratie. Eine universelle Verwirklichung gleicher Freiheitsrechte und die Beteiligung aller Bürger:innen an der politischen Entscheidungsfindung galten lange als Ziel politischer Entwicklung weltweit. Aktuell kommt es jedoch verstärkt zu einer massiven Liberalismuskritik, die sich nicht nur auf den Wirtschafts(Neo)liberalismus bezieht, sondern auch auf die Demokratie und den Pluralismus. Im ersten Teil der Vorlesung wer-den sowohl aktuelle Positionen des politisch-liberalen Denkens als auch Ansätze der postkolonialen und postliberalen Liberalismuskritik vorgestellt. Im zweiten Teil steht die Haltung des Katholizismus zum Liberalismus im Mittelpunkt, die lange Zeit skeptisch bis feindlich war: Die politische Ethik des Katholizismus wird in ihren autoritären Zügen anhand des Beispiels Österreichs im Dollfuss-Schuschnigg-Regime der 1930er Jahre mit seinem Projekt einer „organischen Demokratie“ und anhand des aktuellen Common-Good-Conservatism der US-Administration um Trump und Vance vorgestellt. Die liberale politische Ethik des Katholizismus wird anhand der Entwicklungen rund um das II. Vatikanum erläutert. Im dritten Teil der Vorle-sung werden einzelne Politikfelder diskutiert. Hier können die Teilnehmer:innen der Vorlesung Themen einbringen, die ihnen besonders wichtig sind.

Lernergebnisse

Studierende 
- wissen was den politischen Liberalismus konzeptionell ausmacht und kennen wichtige aktuelle Konzepte und Diskussionslinien der Liberalismuskritik;
- kennen die Ambivalenz der katholischen Tradition hinsichtlich des Liberalismus, d.h. sie kennen sowohl die autoritäre Linie der politischen Ethik des Katholizismus, die aktuell - siehe USA - von antidemokratischen Kräften genutzt wird, als auch die Menschenrechtslinie im Katholizismus;
- sind in der Lage sich in Diskussionen um die liberale Idee und deren Kritik kompetent einzuschalten, wie z.B. über die Krise der Demokratie und autoritäre Strömungen, über die Rele-vanz von Minderheitenrechten, über die Kritik am wirtschaftsliberalen System, über die "westliche" bzw. "eurozentristische" Prägung der liberalen Idee.

Literatur

- Gosepath, Stefan/Zürn, Michael (2024): Anfechtungen und Selbsttransformation des liberalen Skripts, in: Bassiouni, Mahmoud u.a. (Hg.): Die Macht der Rechtfertigung. Perspektiven einer kritischen Theorie der Gerechtigkeit, Berlin, 300-334.
- Möllers, Christoph (2020): Freiheitsgrade. Elemente einer liberalen politischen Mechanik, Berlin: Suhrkamp.
- Spieß, Christian (2023): Fluide Wahrheiten zwischen Traditionsbrüchen und Kontinuitätsnarrativen. Das doppelte Gewaltproblem der Religionen und die Ambivalenz der Staatslehre der katholischen Kirche, in: Ethik und Gesellschaft Ausgabe 1/2023.
- Winkler, Katja (2010): Liberalismus I und Liberalismus II. Religion und die beiden Liberalismustypen bei Charles Taylor, in: Christian Spieß (Hg.), Freiheit – Natur – Religion. Studien zur Sozialethik, Paderborn: Schöningh, 113-132.

Hinweise zu Prüfungs-/Beurteilungsmodalitäten

Schriftliche Prüfung (Klausur 90 Minuten)

SE Interdisziplinäres Seminar: Staat ohne Gott. Philosophische und religionspolitische Perspektiven auf den säkularen Verfassungsstaat

Kurzbeschreibung

Vor allem anhand der Arbeiten des Verfassungsrechtlers Horst Dreier sowie mit Bezug auf einige aktuelle Beispiele werden Zugänge zum Verhältnis von Religion und Politik im "modernen Staat" bzw. in der säkularen Verfassungsdemokratie erörtert. Auch wenn in Österreich und Westeuropa grundsätzlich weit gehende Einigkeit darüber besteht, dass Religion und Politik im säkularen Verfassungsstaat getrennt sind, gibt es eine Reihe von Verflechtungen religiöser Motive bzw. Anliegen und politischer Entscheidungsprozesse. Zum einen stellt sich die Frage, in welcher Form religiöse bzw. christliche Überzeugungen ("Werte") in den politischen Diskurs eingespeist werden können und welche Rolle sie in demokratischen Verfahren spielen dürfen. Zum anderen führt die Frage nach der Präsenz religiöser Lebensformen (Bekleidungskonventionen, Speisevorschriften etc.) und Symbole (Kreuze, Minarette etc.) in der Öffentlichkeit zu immer neuen Debatten. Wie kann zu diesen verschiedenen Fragestellungen von einem kulturell informierten oder auch religionsaffinen Standpunkt aus, eine religionspolitische Position entwickelt werden, die den Standards des säkularen Verfassungsstaats - also der Trennung von Religion und Politik sowie der negativen und positiven/aktiven Religionsfreiheit - gerecht wird und dabei die sozialwissenschaftliche Faktenlage einer säkularisierten bzw. sich rasch säkularisierenden Gesellschaft angemessen berücksichtigt?

Lernergebnisse

Die Studierenden entwickeln Problembewusstsein für die Schwierigkeiten der Zuordnung von Religion und Politik im säkularen Verfassungsstaat; sie kennen wesentliche Positionen im religionspolitischen Diskurs; sie können eine eigene Position auf der Grundlage philosophischer, religionspolitischer und sozialwissenschaftlicher Kenntnisse formulieren; sie wissen zwischen einer säkular-politischen und einer partikular-religiösen Betrachtungsweise von politischen Fragen zu unterscheiden.

Literatur

- Horst Dreier, Staat ohne Gott. Religion in der säkularen Moderne, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2018.(Die Lehrenden empfehlen den Studierenden nachdrücklich die Anschaffung dieses Bandes von Horst Dreier, der versandkostenfrei um 5,-- Euro bei der (deutschen) Bundeszentrale für politische Bildung zu beziehen ist: www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/279568/staat-ohne-gott/).

Hinweise zu Prüfungs-/Beurteilungsmodalitäten

Die veranstaltungsbegleitende Prüfung besteht in der Vorstellung (eines Teils) eines Kapitels aus dem Buch "Staat ohne Gott" von Horst Dreier oder eines anderen einschlägigen Textes im Seminar sowie einer schriftlichen Ausarbeitung des entsprechenden Referats.

Archiv

Wintersemester 2024/25

AG Einführung in den Zusammenhang Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft aus theologischer Perspektive

Kurzbeschreibung

Die Lehrveranstaltung führt in die sozialethische und religionssoziologische Reflexion der komplexen Zusammenhänge in modernen Gesellschaften ein.Ausgangspunkt sind dabei die strukturellen und normativen Besonderheiten moderner Gesellschaften, nämlich funktionale Differenzierung (insb. das Teilsystem Wirtschaft wird in den Blick genommen), Demokratisierung und die Etablierung von Menschenrechten sowie Individualisierung, Pluralisierung und Säkularisierung. Christentum und katholische Kirche haben dazu - schrittweise - spezifische Haltungen entwickelt, die in der Veranstaltung thematisiert und einer kritischen Erörterung unterzogen werden. Dabei wird ein besonderer Schwerpunkt auf wirtschaftsethischen Fragen liegen.Methodisch steht die konstruktive Diskussion im Mittelpunkt; als Grundlage dafür werden Inhalte durch Lehrendenvortrag, Gruppenarbeit und Lektüre erarbeitet.

Lernergebnisse

* Grundlegendes Verständnis gesellschaftswissenschaftlicher und wirtschaftsethischer Begriffe
* Grundlegendes Verständnis der wirtschaftlichen und sozialen Dynamik moderner (kapitalistischer) Gesellschaften
* Kenntnisse über die besonderen Positionen der katholischen Tradition
* Kenntnis sozialethischer Reflexionsmethoden auf aktuelle Fragestellungen der Wirtschafts- und Sozialpolitik

Literatur

* Bernhard Emunds, Politische Wirtschaftsethik globaler Finanzmärkte, Wiesbaden 2014.
* Christian Spieß, Zwischen Gewalt und Menschenrechten. Religion im Spannungsfeld der Moderne, Paderborn 2016.

Hinweise zu Prüfungs-/Beurteilungsmodalitäten

Rezension zu einer religionssoziologischen, gesellschafts- oder wirtschaftsethischen Publikation Ihrer Wahl. 

Sommersemester 2024

SE / SE-M Interdisziplinäres Seminar – Christliche Sozialwissenschaften und Theoretische Philosophie: Säkularisierung. Philosophische, religionspolitische und sozialwissenschaftliche Perspektiven

Kurzbeschreibung
Säkularisierung beschreibt als Begriff unterschiedlicher geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen den Wandel der Bedeutung und der Funktion von Religion und Religiosität in der Moderne. Insbesondere geht es dabei um Differenzierungsprozesse etwa von Religion und Politik und um einen Bedeutungsverlust der Religion in modernen politischen Gemeinwesen. Allerdings ist der Säkularisierungsbegriff selbst vielgestaltig, die Säkularisierungsthese umstritten und der Säkularisierungsdiskurs seinerseits einem rasanten Wandel unterworfen.
Im Seminar werden einige der wichtigsten Positionen zur Säkularisierung vorgestellt und erörtert. Anhand wichtiger Texte des Diskurses um Säkularisierung aus den Geistes- und Sozialwis-senschaften (Lektüre) werden Positionen zur Säkularisierung vorgestellt (strukturierte Textvorstellung anhand von Thesenpapieren) und in der Seminargruppe diskutiert. Das Seminar ist interdisziplinär angelegt und verbindet vor allem (politisch-)philosophische und (religions-)soziologische Perspektiven.
Lernergebnisse 
* Kenntnis des Begriffs der Säkularisierung: Bedeutungsebenen und Variante;
* Kenntnis der wichtigsten Annahmen der Säkularisierungsthese(n);
* Kompetenz im Umgang mit unterschiedlichen (politisch- und rechtsphilosophischen, soziologischen) Zugängen zum Säkularisierungsbegriff;
* Kenntnis des aktuellen Standes des Säkularisierungsdiskurses (einschließlich des empirischen Status quo).
Literatur 
* Christine Frey /Uwe Hebekus / David Martyn (Hg.), Säkularisierung. Grundlagentexte zur Theoriegeschichte, Berlin: Suhrkamp 2020.
* Karl Gabriel / Christel Gärtner / Detlef Pollack (Hg.), Umstrittene Säkularisierung. Soziologische und historische Analysen zur Differenzierung von Religion und Politik, Berlin: Berlin Uni-versity Press 2012.
Hinweise zu Prüfungs-/Beurteilungsmodalitäten 
Strukturierte Vorstellung eines Textes; schriftliche Ausarbeitung. 

Wintersemester 2023/24

VL Christliche Sozialwissenschaften III: Ausgewählte Themen - Aktuelle Probleme

Diversität und Inklusion als theologisch-ethische Herausforderung
Kurzberscheibung:
Ausgehend von ganz unterschiedlichen Exklusions- und Diskriminierungserfahrungen von einzelnen Menschen und Gruppen wird in der Vorlesung die Inklusionsethik bearbeitet. Inklusion (d.h. die grundsätzliche Ermöglichung weitreichender gesellschaftlicher Teilhabe aller Menschen, unabhängig von ihrer individuellen Ausstattung) ist eine Zielperspektive verschiedener Politik- und Praxisfelder, z.B. im Bildungsbereich, in der (Erwerbs-)Arbeit, im Bereich Migration und Flucht, aber auch im Bereich der Anerkennung verschiedener Lebensformen und sexueller Selbstbestimmung. Dabei hat Inklusion immer eine kulturelle und eine ökonomische Seite. Papst Franziskus macht dezidiert darauf aufmerksam, dass es bei Inklusion um die Überwindung von "Armut" geht (s. Fratelli tutti und Evangelii Gaudium), so dass "Inklusion" sogar als ein Leitbegriff seiner Soziallehre gelten kann. Neben sozialwissenschaftlichen und politisch-ethischen Positionen, die Inklusion in gesamtgesellschaftlicher Perspektive thematisieren, wird in der Vorlesung auch die Frage behandelt, was eine "inklusive Kirche" bedeuten könnte. In jeder Vorlesungssitzung ist Zeit für Nachfragen und Diskussion eingeplant.
Lernergebnisse:
- Kenntnisse von Exklusionserfahrungen unterschiedlicher Menschen und Gruppen- Grundlegendes Verständnis des Inklusionsbegriffs aus sozialwissenschaftlicher und ethischer Perspektive und angrenzender Begriffe wie z.B. Integration oder Subalternität- Kenntnisse über die Positionen der katholischen Tradition zur Inklusionsthematik - Kenntnis sozialethischer Reflexionsmethoden auf aktuelle Fragestellungen der Inklusionsethik- Kompetente Auseinandersetzung mit der Inklusionsthematik in verschiedenen Praxisfeldern (Schule, Pfarre etc.)
Literatur:
Johannes Eurich; Andreas Lob-Hüdepohl (Hg.), Behinderung – Profile inklusiver Theologie, Diakonie und Kirche (= Behinderung – Theologie – Kirche. Beiträge zu diakonisch-caritativen Disability Studies. Bd.7), Stuttgart 2014. Christian Spieß, Wohlfahrtsstaatliche Anerkennungsordnung und katholische Sozialverkündigung, in: Ders./Hermann-Josef Große Kracht (Hg.), Wohlfahrtspolitik in Zeiten der SäkularisierungAnalysen und Reflexionen, Frankfurt 2023.
Hinweise zu Prüfungs-/Beurteilungsmodalitäten:
Klausur 90 Min.

AG Einführung in den Zusammenhang Wirtschaft - Ethik - Gesellschaft aus theologischer Perspektive

Einführung in den Zusammenhang Wirtschaft - Ethik - Gesellschaft aus theologischer Perspektive
Kurzberscheibung:
Die Lehrveranstaltung führt in die sozialethische und religionssoziologische Reflexion der komplexen Zusammenhänge in modernen Gesellschaften ein. Ausgangspunkt sind dabei die strukturellen und normativen Besonderheiten moderner Gesellschaften, nämlich funktionale Differenzierung (insb. das Teilsystem Wirtschaft wird in den Blick genommen), Demokratisierung und die Etablierung von Menschenrechten sowie Individualisierung, Pluralisierung und Säkularisierung. Christentum und katholische Kirche haben dazu - schrittweise - spezifische Haltungen entwickelt, die in der Veranstaltung thematisiert und einer kritischen Erörterung unterzogen werden. Dabei wird ein besonderer Schwerpunkt auf wirtschaftsethischen Fragen liegen.Methodisch steht die konstruktive Diskussion im Mittelpunkt, dazu werden Inhalte durch Lehrendenvortrag, Gruppenarbeit und Lektüre erarbeitet.
Lernergebnisse:
- Grundlegendes Verständnis gesellschaftswissenschaftlicher und wirtschaftsethischer Begriffe- Grundlegendes Verständnis der wirtschaftlichen und sozialen Dynamik moderner (kapitalistischer) Gesellschaften- Kenntnisse über die besonderen Positionen der katholischen Tradition- Kenntnis sozialethischer Reflexionsmethoden auf aktuelle Fragestellungen der Wirtschafts- und Sozialpolitik
Literatur:
Bernhard Emunds, Politische Wirtschaftsethik globaler Finanzmärkte, Wiesbaden 2014.Christian Spieß, Zwischen Gewalt und Menschenrechten. Religion im Spannungsfeld der Moderne, Paderborn 2016.
Hinweise zu Prüfungs-/Beurteilungsmodalitäten:
Rezension zu einer religionssoziologischen, gesellschafts- oder wirtschaftsethischen Publikation Ihrer Wahl.

zurück