Peter Schink an der Institut Catholique de Toulouse in Frankreich.

Im WiSe 2017/18 verbrachte Peter Schink im Rahmen des Erasmus+ Programmes ein Auslandssemester an der Institut Catholique de Toulouse, Frankreich.

Die Universität.

Wer seinen Auslandsaufenthalt im Rahmen des Studiums in Frankreich verbringen will, muss mit einigen Unterschieden rechnen. Diese betreffen vor Allem das Studiensystem an sich. Beispielsweise wird in Frankreich ein anderes Notensystem verwendet. Die Benotung der Lehrveranstaltungen erfolgt nach einer Punkteskala von 0 – 20, wobei 20 Punkte die Bestnote darstellen. Traditionellerweise wird jedoch so gut wie nie die volle Punktezahl vergeben. Außerdem können Zwischenprüfungen auch während des Semesters nötig sein, um eine Lehrveranstaltung abzuschließen. Zwar wird das Examen am Ende des Semesters am höchsten gewichtet, die Endnote ergibt sich jedoch aus einer Gesamtheit der Punkte aller absolvierter Prüfungen. Da ich an das österreichische Noten- und Prüfungssystem gewohnt war, viel es mir Anfangs schwer, den Schwierigkeitsgrad der Lehrveranstaltungen einzuschätzen. In jedem Fall möchte ich anraten, für mehr als die verpflichtend zu absolvierenden 15 ECTS Punkte zu immatrikulieren, da bei Ausfall einer LV oder den erhöhten Schwierigkeitsgrad – hervorgebracht nicht zuletzt durch die Fremdsprache – trotzdem ein gewisser Spielraum im Semesterplan vorhanden bleibt.

Sprache

Speziell die Sprache betreffend sollte man einigermaßen gut vorbereitet sein. Zwar wurde vom Institute Catholique de Toulouse (ICT) nicht explizit ein Nachweis über mein B2 Niveau verlangt, jedoch ergibt eine Teilnahme am Studium mit einem schlechteren Niveau tatsächlich nicht viel Sinn. Im Lauf der Zeit hat sich für mich die folgende Einteilung nach praktischen Schwierigkeitsgraden ergeben:

Hörverständnisfällt am leichtesten, auch, weil die Lehrenden vor der Klasse sauberes Französisch sprechen (Alltags- und Straßenfranzösisch ist eine andere Kategorie, vergleichbar mit unserem Verständnis von Hochdeutsch und Dialekt).
Schreibendie Grundzüge der Grammatik sollten natürlich beherrscht werden, allerdings lassen die Klausurzeiten, die mitunter großzügige 4 Stunden betragen, auch Umschreibungen zu. Die Verwendung von Wörterbüchern und Grammatikhilfen während der Prüfungen ist erlaubt
SprechenWer sein Französisch wirklich beherrscht, merkt das am routinierten Umgang mit französischen KommilitonInnen außerhalb des Unterrichts. Mich adäquat auszudrücken fiel mir am schwersten, freilich ist der Lernfortschritt in solchen Situationen am höchsten, weshalb man nicht zu viel Zurückhaltung an den Tag legen sollte.

Wer sich noch nicht sicher genug fühlt hinsichtlich seiner Sprachkompetenz, dem ist das ICT jedoch sehr zu empfehlen. Die Universität beherbergt ein eigenes Institut zur Erlernung der französischen Sprache und Erasmusstudenten sind berechtigt, ein ganzes Monat lang vor Beginn der eigentlichen Studienzeit einen Intensivkurs zu besuchen. Der Unterricht findet von Montag bis Freitag immer Vormittags statt und bietet gute Gelegenheiten, ein internationales Publikum kennen zu lernen. Hier mischen sich Studenten mit Sprachbegeisterten aus aller Welt, von Australien und Japan bis Kanada und den USA. Zudem wird – bei genügend großer Teilnehmerzahl – auch während des Semesters ein Abendkurs angeboten, der zweimal pro Woche stattfindet; für Erasmusstudenten ebenfalls kostenlos.

Grundsätzlich eignet sich Toulouse für Studenten, denen der Spracherwerb am Herzen liegt. Der Anteil an deutschsprachigen Studenten ist relativ gering, weshalb man nicht so leicht in Versuchung kommt, sich in unter Deutschsprechenden zusammen zu schließen.

Für ältere Semester sei noch erwähnt: Speziell Philosophie erfährt als Disziplin und kulturelle Technik in Frankreich eine tiefere Wertschätzung als beispielsweise in Österreich. Das drückt sich unter anderem in höheren Studierendenzahlen aus und auch darin, dass Philosophie verpflichtend am Lehrplan am lycée (französisches Gymnasium) zu finden ist. Wer die gemütlichen Verhältnisse an der KU gewohnt ist, könnte einerseits überrascht werden durch den Altersdurchschnitt der Studentenschaft (18-20 Jahre), sowie gelegentliche Überfüllung der Klassen und Hörsäle.

Toulouse

Toulouse verfügt über ca. 400.000 Einwohner. Von diesen 400.000 ist ein großer Teil Studenten. Durch die Ansiedlung der Flugzeugbaufirma Airbus am Rand der Stadt handelt es sich zum großen Teil um Technikstudenten, Mechatroniker und angehende Ingenieure, die entweder zum Studium oder für ein Praktikum nach Toulouse kommen.

Die Stadt verfügt über eine Vielzahl von Studentenheimen. Mir wurde durch das ICT ein günstiges Appartement etwas außerhalb vermittelt, das meinen Ansprüchen vollkommen genügte. Für 18 Quadratmeter inklusive kleinem Bad und Kochecke, waren ca. 350,-- Euro/Monat zu zahlen. Jedoch unterstützt der französische Staat Studenten in ihrer Wohnsituation, sofern ein gültiger Mietvertrag vorgewiesen werden kann mit ca. 130,-- Euro monatl. zusätzlich. An dieses Geld zu kommen gestaltet sich allerdings nicht einfach. Eine Vielzahl an Dokumenten ist dafür schriftlich einzureichen, da als ausländischer Studierender kein Onlineaccount erstellt werden kann. Erst gegen Ende des Semesters wurde mir nach andauernden Briefverkehr die Unterstützung bewilligt, eine nachträgliche Auszahlung erfolgte gar erst einen Monat nach meiner Rückkehr nach Österreich. Dennoch empfehle ich jedem Erasmusstudenten den Aufwand, auch, da die Lebenserhaltungskosten in Frankreich höher liegen. Wein und Käse sind vergleichsweise günstig, die meisten anderen Lebensmittel kosten in unterschiedlichen Graden mehr als im deutschen Raum, das gilt auch für Preise in Restaurants. Das klassische Mittagessen besteht dort aus mindestens zwei, gewöhnlich drei Gängen und kostet zwischen 11,-- und 16,-- Euro, ohne Getränk.

Um bürokratische Hürden zu vermeiden, empfehle ich, vorab einige Kopien von Geburtsurkunde, E-Card und Reisepass anzufertigen, sowie den Nachweise eventueller Einkünfte der vergangenen zwei Jahre.

Architektonisch ist Toulouse absolut bewundernswert, es gibt einige interessante Museen und ein reichhaltiges kulturelles Angebot vom Orgelfestival bis zu Theater- und Musikveranstaltungen in hoher Zahl.

Ein Ort, der mir am Herzen liegt, ist der American Cosmograph, ein Programmkino, etwa vergleichbar mit dem Moviemento in Linz. Gelegen im Zentrum – Rue de Montardy – werden hier im kleinen Rahmen einerseits Klassiker der Filmgeschichte wieder gezeigt, sowie eine ständige Auswahl feiner Neuerscheinungen geboten, Mittwochs bei nur 4,-- Euro pro Vorstellung.

Fazit

Als Institution hat mir das ICT persönlich nicht zugesagt, was hauptsächlich an der schulischen Atmosphäre gelegen hat. Die gleichen Studienbedingungen wie an der KU sind nicht zu erwarten, das bedingt bereits die Größe der Universität in Toulouse, die unter anderem auch über Fakultäten des staatlichen Rechts, des kanonischen Rechts, der Theologie und der Geschichte verfügt. Gleichwohl sind kaum bessere Bedingungen möglich, sollte einem die Aneignung der französischen Sprache am Herzen liegen. Hierfür erfährt man große Unterstützung und die zweifellos charmante und multikulturelle Stadt tut ihr übriges, um für die eine oder andere Überraschung zu sorgen. In kultureller, kognitiver, aber auch zwischenmenschlicher Hinsicht.

Peter Schink studiert im 6. Semester des BA-Studiums Kunstwissenschaft und Philosophie an der KU Linz und war im Wintersemester 2017/18 in Toulouse, Frankreich.