Heft 4/2024: 100 Jahre kunst und kirche
Vorwort
"Die Fragen der kirchlichen Kunst sind heute brennender, denn je […] es durchzieht eine große Sehnsucht auch nach religiöser Erneuerung und künstlerischer Neugestaltung die Welt." Als im Juli 1924 das erste Heft der Zeitschrift kunst und kirche erschien, konnte niemand ahnen, dass die damalige Gegenwartsdiagnose der Herausgebenden auch 100 Jahre später noch eigentümlich zeitlos klingen würde. Schon damals wollte man "auf wissenschaftlicher Grundlage in allgemeinverständlicher Form die wichtigen Fragen und Bestrebungen auf dem Gesamtgebiet der kirchlichen Kunst" ins Auge fassen und dabei all jene ansprechen, "die sich mitverantwortlich fühlen für die Erneuerung und das Gedeihen des geistigen Lebens".
Schon das Jubiläum allein ist daher Grund genug für ein Innehalten und Nachdenken über die zurückliegenden Jahrzehnte. In der Weimarer Republik als protestantisches Nachfolgeorgan des weit ins 19. Jahrhundert zurückreichenden Christlichen Kunstblatts und der Zeitschrift Religiöse Kunst entstanden, wurde kunst und kirche in kürzester Zeit zu einer hochinnovativen Plattform ästhetisch-religiöser Debatten und erlebte seither eine bemerkenswerte Transformationsgeschichte: von der Gleichschaltung in nationalsozialistischer Zeit über den bemerkenswerten Neuanfang in der jungen Bundesrepublik bis zur 1971 erfolgten Fusion mit den traditionsreichen, seit 1860 in Linz verlegten katholischen Christlichen Kunstblättern. Seither erschien kunst und kirche als ökumenische Zeitschrift für zeitgenössische Kunst und Architektur und wurde schnell zur führenden Stimme für kritische und innovative Blicke auf das Feld von Ästhetik und Religion in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Das vorliegende Jubiläumsheft greift die wechselhafte Geschichte der seit 2018 in neuer Gestaltung als Magazin für Kritik, Ästhetik und Religion erscheinenden Zeitschrift in Rückblicken und kritischen Analysen auf, lässt zahlreiche Wegbegleiter*innen zu Wort kommen und erkundet die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen in einer Zeit, die – ähnlich wie in den für kunst und kirche so schicksalhaften Jahren des Neuaufbruchs in den 1920ern, 1950ern und 1970ern – einmal mehr als eine herausfordernde Epoche des Wandels und des Umbruchs erscheint.
Peter Schüz (Heftredaktion)
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