Heft 3/2024: Performance

Performance erscheint nicht erst seit heute als wichtiges Element der "Ausweitung der Kunstzone". Und auch Gottesdienste und liturgische Vollzüge werden schon längst im Kontext des Performativen oder des Dramaturgischen interpretiert, analysiert und weiterentwickelt. Das aktuelle Heft von "kunst und kirche" fragt nach Berührungspunkten und Dialogen von Performance und liturgischer Praxis: Gibt es im performativen Geschehen der Liturgie interessante Aktualisierungen? Wie setzt sich Kunst mit dem christlichen Ritual auseinander? Und wie sind diese Bezugnahmen und Interventionen zu verstehen? Der Blick richtet sich dabei auf die Kunstgeschichte ebenso wie auf theologische Reflexionen und künstlerische Positionen – und bezieht auch feministische Perspektiven und den Umgang mit Artefakten liturgischer Praxis aus außereuropäischen Kulturen mit ein.

Vorwort

Ob Neue Nationalgalerie, Haus der Kulturen der Welt oder Kunsthalle Krems, kaum eine Ausstellungseröffnung ohne Performance. Beinahe ritualisiert wirkt die neue Praxis, die mehr zu sein scheint als eine Mode. Denn in Performances findet permanent die Erweiterung der Kunst durch Aktion und Interaktion statt.

Zugleich wird seit geraumer Zeit von Gottesdiensten als "Gesamtkunstwerken" gesprochen, deren liturgische Vollzüge in Kategorien der "Dramaturgie" reflektiert werden. Liturginnen und Liturgen treten in Dialog mit Performerinnen und Performern und umgekehrt.

Wir haben gefragt, wie sich diese Dimension der Kunst entwickelt hat, wie es heute mit ihr steht und wo sie die liturgische Praxis der Kirchen berührt: Gibt es im performativen Geschehen von Gottesdienst und Liturgie interessante Aktualisierungen? Und gibt es eine Auseinandersetzung der Kunst mit dem christlichen Ritual? Wirkt die performative Praxis der Kunst auf die Gestaltung geistlicher Formate ein? Hat das freie Spiel mit dem christlichen Ritus die Qualität einer ernsthaften Auseinandersetzung oder ist es nur Material für die eigene Position?

Fragen, die sich durch die Beiträge des Heftes ziehen: beginnend mit einem kunsthistorischen Blick auf die Entwicklung der Performance-Kunst (Wiebke Hahn) über praktisch-theologische Reflexionen zur "liturgy-specificart" (Thomas Erne) bis hinein in die Praxis liturgisch-performativer Auseinandersetzung – von Seiten der Theologie ein Blick zurück mit Friedhelm Mennekes und aktuell mit dem Berliner LABORa-Projekt. Und von Seiten der Künste eine stille politisch-fromme Aktion bei den Quäkern, eine ein ganzes Dorf bewegende Prozession von Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger – schließlich Florentina Holzinger mit extrovertiert feministischer Geste im Feld der Oper und Bon Park mit einem liturgischen Stück im Düsseldorfer Schauspielhaus.

Dann dreht sich die Perspektive noch einmal um: Mit Johanna Di Blasis Blick auf den Umgang der Museen mit Artefakten liturgischer Praxis aus außereuropäischen Kulturen.

Hannes Langbein und Thorsten Nolting (Heftredaktion)

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