Tagung "Christliche Identität in der Krise"

Von 2. bis 5. Juni 2021 veranstaltete die Katholische Akademie Schwerte in Kooperation mit der internationalen Forschungsgruppe "Film und Theologie" die Online-Tagung "Christliche Identität in der Krise: Gläubige und Kirche im aktuellen Film". FFJI-Leiter Andreas Schmoller beschäftigte sich in seinem Beitrag zu Terrence Malicks "Ein verborgenes Leben" (2019) mit den Bezügen zwischen der historischen und fiktionalen Figur Jägerstätters.   

In aktuellen Kinofilmen und Serien ist eine hohe Präsenz von Religion und Kirche (insbesondere römisch-katholisch) und ihrer Vertreter*innen, also glaubender Männer und Frauen, Kleriker, Nonnen, Pastoren, Pfarrer, Ordensleute festzustellen. Die Tagungsveranstalter*innen nahmen dies zum Anlass für eine filmtheologische Auseinandersetzung: "Sind Glaubensfragen aktueller denn je, auch für eine säkulare Öffentlichkeit? Bilden die Kleider der Kirche(n) eine moralische Hülle für andere Grundfragen, die sich darin verhandeln lassen? Lassen sich Konzepte von Haltung, Geschlecht, Glauben, Enthemmung, Moral und Verzweiflung schärfer in einem als kirchlich apostrophierten Setting zeichnen? Ist der christliche Glaube als Konzept und Praxis derart in der Krise, dass er inzwischen im Film ganz neu gefüllt und gestaltet werden kann, oder tritt er neu hervor? In welcher Weise bildet Religiosität den Hintergrund oder Vordergrund im Film?"

Über 50 Teilnehmer*innen spürten in den international besetzten Einzelvorträgen den Erscheinungsweisen des Religiösen und der theologischen Qualität der Film- und Serienprodukte nach. Zusätzlich gabe es die Möglichkeit, Filme in Kleingruppen zu reflektieren, die die Teilnehmer*innen mittels Links im Tagungsverlauf individuell streamen konnten.

Der Beitrag zur Jägerstätter-Verfilmung "Ein verborgenes Leben" fokussierte auf die filmischen Bezüge der historischen Biografie Jägerstätters. Dabei ging Andreas Schmoller nicht nur darauf ein, wieweit historische Fakten korrekt oder unzutreffend im Film realisiert wurden, sondern wieweit sich die religiösen Sinndeutungen Franz und Franziska Jägerstätters in der filmästhetischen Philosophie des amerikanischen Ausnahmeregisseurs wiederfanden. Die Analyse zeigte, dass Malick nicht die historische Frömmigkeit und Glaubenswelt der Jägerstätters darstellte, dafür aber eine enthistorisierte Form des christlichen Selbstverständnisses, das Jägerstätter sehr nahe kommt. Malick zeichnet sich dabei dadurch aus, dass seine filmische Inszenierung in einem säkular-spirituellen Deutungsrahmen ebenso funktioniert wie in einer spezifsch christlichen Lesart, die den biblische Diskurs der Jesus-Nachfolge aufspürt und damit dem historischen Jägerstätter verpflichtet ist.

Die Beiträge der Tagung erscheinen als Tagungsband in der Reihe "Religion, Film und Medien" (Schüren Verlag)   

Programmübersicht der Tagung
Der Franz Jägerstätter des Terrence Malick: Biographie – Fiktion – Diskurse
Dr. Andreas Schmoller, KU Linz

Paul Schrader – Rethinking Transcendental Style. Vortrag mit Filmbeispielen aus FIRST REFORMED
Dr. Charles Martig, Katholisches Medienzentrum Zürich

Ästhetik der Liminalität im Angesicht der Madonna dell’Arco. Vortrag mit
Filmbeispielen aus ANATOMIA DEL MIRACOLO (IT 2017)
Prof.in Dr.in Viera Pirker, Univ. Frankfurt

Marianische Erscheinungsweisen als Dynamik der Neuzeit
Prof. Dr. Knut Wenzel, Univ. Frankfurt

Achtung: Wunder können Ihr Leben verändern. Säkulare und religiöse Bewältigungsstrategien im Umgang mit
dem Übernatürlichen in der italienischen TV-Serie IL MIRACOLO
ao. Prof.in DDr.in Theresia Heimerl, Univ. Graz

CORPUS CHRISTI – Vortrag mit Filmbeispielen
Prof. Dr. Józef Niewiadomski, Univ. Innsbruck

THE YOUNG POPE: Catholicism from Jorge Bergoglio to Jude Law
Dr.in Giulia Evolvi, Univ Rotterdam u. Univ. Bochum

VERTEIDIGER DES GLAUBENS
Christoph Röhl, Filmregisseur