Heft 3/2023: Kulturraum Friedhof

Endlichkeit, Verlust, Trauer, Tod: Friedhöfe sind Orte, wo uns diese Realitäten des Lebens besonders bewusst werden; zugleich werden sie als Ruhepole, als Parkanlagen oder Natur- und Begegnungsräume aufgesucht und bilden so auch eigentümliche Orte der Lebendigkeit. Wie wir den Kulturraum Friedhof wahrnehmen und erleben, hat eine Geschichte und ist einem steten Wandel unterworfen. Dies und die damit verknüpften Fragestellungen machen Friedhöfe zunehmend auch für Künstler:innen interessant. Das aktuelle Heft von "kunst und kirche" zeigt, wie diese Räume heute insbesondere im urbanen Kontext zu Orten der Kommunikation werden und neue Zonen eröffnen - und welchen gesellschaftlichen Wandlungen und Erwartungen sie dabei Rechnung tragen müssen.

Vorwort

Der Tod selbst ist unsterblich und der Umgang mit ihm eine persönliche und gesellschaftliche Herausforderung. An der historischen Entwicklung der Bestattungsformen wird der zeitbedingte Wandel des Trauerns und Erinnerns deutlich: vom traditionellen Gottesacker der christlichen Gemeinschaft in der Nähe der Kirche bis zu individuell gestalteten Bestattungsmodellen der Gegenwart in all ihren vielfältigen, auf die Situation und die Wünsche der Betroffenen zugeschnittenen Angeboten.

Gegenwärtig befinden sich die meist in städtischer Verantwortung stehenden traditionsreichen Friedhöfe häufig in einer ökonomischen Notlage und müssen sich um ihren Erhalt Gedanken machen. Umso erfreulicher, dass die Friedhofskultur 2020 dem Immateriellen Kulturerbe der UNESCO zugerechnet wurde.

Künstlerische Gestaltungen zeigen sich auf Friedhöfen in allen qualitativen Schattierungen, angefangen vom individuell arrangierten Gedenkort mit Plüschtieren und Porzellanengelchen bis hin zur von Künstler*innenhand geschaffenen Grabsteingestaltung als Ausdruck des persönlichen Status, der religiösen Einstellung und des kultivierten Geschmacks.

Der Gang über den Friedhof ruft uns existentielle Themen ins Bewusstsein wie Endlichkeit, Verlust und Trauer, Tod und Sterben auf der einen Seite, aber als Gegenbewegung auch die Lust an der eigenen Lebendigkeit. Auch Künstler*innen beschäftigen sich mit diesen Fragestellungen und bringen sie in ihrer jeweiligen Sprache zum Ausdruck. Diese künstlerischen Interventionen machen Friedhöfe nicht nur als Kulturort attraktiver, sondern zeigen vor allem neue Perspektiven auf diese Themen und lassen den Friedhof zu einem Ort für Kommunikation und Begegnung werden.

Nicht nur als Orte der Toten und für trauernde Hinterbliebene sind Friedhöfe Orte des Erinnerns und Gedenkens. Darüber hinaus sind sie als Parkanlagen auch Orte des Verweilens und der Erholung: Naturräume für Menschen, Flora und Fauna im urbanen Kontext. Für unterschiedliche Menschen und deren Bedürfnisse kann der Friedhof ein einladend gestalteter Ort sein, nicht nur architektonisch ansprechend, wie Bernardo Bader es für den islamischen Friedhof in Altach/Vorarlberg fordert, sondern generell ein heiterer Ort der Meditation.

Birgit Weindl (Heftredaktion)

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