Feierstunde anlässlich 80 Jahre Befreiung der NS-Konzentrationslager
Pfarrassistent Josef Danner begrüßte unter den 50 Gästen der vollbesetzten Werktagskapelle von St. Theresia u. a. Bischof Manfred Scheuer, Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer, Domprobst Wilhelm Vieböck, Martin Füreder, Fachbereichsleiter Priester und Diakone in Pfarren und Martin Kranzl-Greinecker vom Mauthausen Komitee Österreich.
Erna Putz, die Initiatorin der Veranstaltung, hob in ihrer Einleitung den frühen Zeitpunkt der Errichtung des Erinnerungsorts hervor. Die Kapelle wurde 1962 fertiggestellt. Um diese Zeit gab es in Gesellschaft und Kirche kaum ein Interesse, den Opfern der Konzentrationslager zu gedenken. Putz kennt aus ihrer eigenen Erfahrung, dass es auch in der Diözese diesbezüglich Schwierigkeiten gab: „Noch immer denke ich mit Schmerz an eine Feier zum Gedenken an die Befreiung, die vor 40 Jahren im Linzer Dom stattfand. Priester, die in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert gewesen waren, saßen mit blau-weiß gestreiften Halstüchern vorne. Sie wurden nicht begrüßt oder auch nur erwähnt.“
Emmerich Gaigg von der Pfarre St. Theresia präsentierte die Hintergründe zur Entstehung des Denkmals. Initiator war Pfarrkurat Josef Zauner, der mit der Gründung der Pfarre im Keferfeld betraut war: Zauner war während der NS-Zeit Kaplan in Wels. Er machte aus seiner Ablehnung der NS-Ideologie keinen Hehl und handelte sich damit Verfolgung durch die Gestapo mit Verhören, Hausdurchsuchungen und Polizeihaft ein. „Deshalb hatte er auch nachher ein besonderes Empfinden für alles, was mit NS-Opfer zu tun hatte“, so Gaigg. Die erste Theresienkirche war 1944 bei einem Bombenangriff zerstört worden. 1959 begann der Neubau der Kirche, für den Kurat Zauner den berühmten Kirchenbaumeister Rudolf Schwarz gewinnen konnte. Die Werktagskapelle dieser Kirche plante Rudolf Schwarz in Bruchsteinmauerwerk. Der Pfarrchronist Gaigg erklärte dazu: „Zauner nützte die geplante Bauweise für seine Idee, die Erinnerung an die Leiden der Menschen im KZ Mauthausen und für alle NS-Opfer zu festigen und ließ daher für das Bruchsteinmauerwerk der Kapelle Granit aus der Umgebung Mauthausens verwenden. Jeder Stein möge an ein Opfer der NS-Diktatur erinnern. Auf diese Weise entstand hier am Keferfeld, auf dem von den Nazis geplanten Aufmarschplatz, ein KZ-Mauthausen-Mahnmal.“
Da sowohl Kurat Zauner als auch Architekt Schwarz 1961 vor der Fertigstellung von Kirche und Kapelle starben, ist auch die Gründungsidee nur in einem kleinen Kreis der Pfarrgemeinde weitergegeben worden. Eine erklärende Tafel konnte aus verschiedenen Gründen trotz wiederholter Versuche im Lauf der Jahrzehnte nicht realisiert werden.
Im Anschluss tauchte der Leiter des Franz und Franziska Jägerstätter Instituts Andreas Schmoller in die Geschichte und Realität von Mauthausen ein. Anhand der berührenden Biografie des französischen Karmeliten Père Jacques (Lucien Bunel) rief der Historiker das Schicksal der Häftlinge und die dramatischen letzten Monate vor der Befreiung im Mai 1945 in Erinnerung. In Père Jacques begegnet jedoch nicht nur das Leid, sondern auch ein Glaubenszeugnis von besonderer Strahlkraft. Die Spiritualität des Geistlichen drückte sich in vielfältigen Formen von Nächstenliebe und Widerstand aus, die über alle religiösen und ideologischen Unterschiede hinweg Anerkennung und Bewunderung fand. Ein Mithäftling, der Père Jacque fragte, wo in all dem Leid Christus sei, berichtete: „‘Zweifeln Sie nicht daran‘, sagte er mir mit strahlender Gewissheit, ‚so wahr wir drei hier sind, so wahr ist auch Christus da, mitten unter uns, wie er am Kreuz war, und Sie können ihn betrachten.‘“ Père Jacques starb in Folge der KZ-Haft wenige Wochen nach der Befreiung am 2. Juni 1945 im Spital der Elisabethinen in Linz.
Bischof Manfred Scheuer mahnte in seinem Schlusswort ein, dass die Gedenkkultur immer wieder neue Formen finden müsse und es stets die Reflexion darüber brauche, was gute Gedenkkultur ausmache. Jede Generation habe hier auch neue Formen zu finden. So haben Jugendliche der Katholischen Jugend im Rahmen der Aktion „72 Stunden ohne Kompromiss“ am Linzer Barbara Friedhof an freien Wandgräbern Erinnerungsorte für ganz unterschiedliche Opfergruppen von Gewalt geschaffen, die am Vormittag präsentiert wurden.
Bischof Scheuer dankte für die Initiative, die Marienkapelle als Mauthausen Mahnmal wieder sichtbar zu machen. Die Veranstaltung schloss mit der Enthüllung einer von Josef Danner und Emmerich Gaigg entworfene Informationstafel über die Geschichte und Bedeutung der Kapelle.
Text: Diözese Linz


