Nicht nur am Weltfrauentag: Bildung schafft Bewusstsein.

Der jährliche Weltfrauentag am 8. März rückt komplexe Fragen und Probleme in den Mittelpunkt, die weltweit für viele Mädchen und Frauen eine bedrückende Alltagsrealität darstellen und damit tagtäglich relevant sind. Gerade Bildungs- und Forschungseinrichtungen kommt eine hohe Verantwortung zu, problematische Verhältnisse und Strukturen zu benennen, zu analysieren und mit den Imperativen von Ethik und Moral zu konfrontieren. In den Fachbereichen Theologie, Philosophie und Kunstwissenschaft der Katholischen Privat-Universität Linz sind Frauen- und Genderthemen integraler Bestandteil von Lehre und Forschung.

Auch im Blick auf die eigene Universitätskultur, auf akademische Strukturen, Organisationsformen und Arbeitsbedingungen ist die KU Linz sensibel und u.a. durch den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen aktiv in der steten Entwicklung der Institution tätig: Gleichberechtigung, Diversität und Inklusion sind keine Forderungen, die an die Gesellschaft delegiert oder ausgelagert werden, sondern gelebtes Selbstverständnis der Universität. So begreift sich die KU Linz bewusst als Ermöglichungsraum und Vorbild für Chancengleichheit, Wertschätzung und Gleichstellung.

Universität: Gelebte Gleichberechtigung

Dies spiegelt sich auch in den Eckdaten der Personalzusammensetzung: Auf Ebene der Lehrstuhlinhaber:innen beträgt der Frauenanteil an der KU Linz über 40 % (im Vergleich zu etwas unter 30 % im Österreich-Schnitt). Bei Universitätsassistent:innen, Assistenz-Professor:innen und Lektor:innen – dem sogenannten akademischen Mittelbau – bilden sich im Frauenanteil von über 65 % (im Vergleich zu etwas unter 50 % im Österreich-Schnitt) nachdrücklich die in den letzten Jahren österreichweit auf an die 60 % gestiegenen universitären Erstabschlüsse von Frauen ab. Beim gesamten Universitätspersonal zeigt sich das Verhältnis von Frauen und Männern mit 48 % zu 52 % annähernd ausgeglichen.

Bei den Studienabschlüssen liegt der Frauenanteil an der KU Linz aktuell bei über 60 % (WiSe 2018/19–WiSe 2023/24), womit sich hier in den letzten 20 Jahren das Verhältnis umgedreht hat – dies wohl auch deshalb, weil an der KU Linz neben die theologischen ab dem Studienjahr 2005/06 philosophische und kunstwissenschaftliche Studienangebote getreten sind.

Vielfältiges Engagement

Lehrende und Forschende der KU Linz engagieren sich vielfach und in verantwortlichen Positionen für Anliegen von Frauen – im akademischen Kontext und darüber hinaus. Stellvertretend genannt seien Ines Weber, Professorin für Kirchengeschichte und Patrologie, die Vorstandsmitglied von "AGENDA. Forum Katholischer Theologinnen" und Mitglied beim österreichischen Netzwerk des internationalen Verbandes "European Women’s Management Development" ist, sowie Sigrid Rettenbacher, Assistenz-Professorin am Institut für Moraltheologie, die als Vorsitzende die Österreich-Sektion der "European Society of Women in Theological Research" leitet. Einer der Forschungsschwerpunkte von Aloisia Moser, Assistenzprofessorin am Institut für Geschichte der Philosophie am Fachbereich Philosophie, ist der Feminismus – in ihren Lehrveranstaltungen wird immer auch eine andere, umfassendere Geschichte der Philosophie sichtbar, indem vergessene, verdrängte und bewusst marginalisierte Denkerinnen einen Platz erhalten und damit überhaupt erst Bedeutung erlangen können.

Frauen- und Genderthemen: Aktuelle Lehrveranstaltungen

Im Sommersemester 2024 behandeln zwei Lehrveranstaltungen am Fachbereich Theologie schwerpunktmäßig das Thema "Frauen in der Kirche". Ein Proseminar vermittelt Fragestellungen und Entwicklungen in historischer Perspektive. Mitten in die Gegenwart – und in die Gestaltung der Zukunft – führt ein Online-Seminar, bei dem internationale Vortragende die Expertise und Erfahrungen von Frauen im laufenden synodalen Prozess reflektieren.

Die Lehre des Instituts für Kunst in gegenwärtigen Kontexten und Medien am Fachbereich Kunstwissenschaft liegt im laufenden Semester zur Gänze auf dem Schwerpunkt Gender Studies: Einmal mit einer großen Überblicksvorlesung zu Kunst und Kunstgeschichte aus feministischer Perspektive sowie in Kooperation mit dem Linzer Ortsverband von SOLWODI (Solidarity with Women in Distress) – und aus Anlass seines 10jährigen Wirkens – mit einem mehrteiligen Projekt zum Thema Menschenhandel.

Statements zu den Lehrveranstaltungen

Fachbereich Theologie

Das international besetzte pastoraltheologische Online-Seminar "Frauen in der Kirche und in der Synode / Women in the Church and in the Synod" ermöglicht Studierenden wie interessierten Teilnehmer:innen mit Frauen ins Gespräch zu kommen, die im Herbst 2023 an der Weltsynode in Rom teilgenommen haben bzw. am weltweit laufenden synodalen Prozess federführend beteiligt sind. Das von Klara A. Csiszar und Adela Muchova organisierte Seminar ist gegen einen Unkostenbeitrag für alle Interessierten geöffnet (die Anmeldefrist endet am 8. März).

Vor einem Jahr hätte noch niemand gedacht, dass Frauen in einer Weltbischofsynode Stimmrecht bekommen, aber es ist geschehen und zwölf von ihnen kommen – zumindest virtuell – nach Linz. Diese Frauen, die bei der Synode in Rom dabei waren, schreiben Geschichte: Ihnen müssen wir zuhören, mit ihnen müssen wir arbeiten, sie bereichern unsere Denkweise über die Realität der Frauen weltweit! Im Rahmen einer Lehrveranstaltung am Institut für Pastoraltheologie kommen zwölf Frauen mit ihren Erfahrungen als Frau in der Kirche, mit ihrer Theologie, mit ihren Hoffnungen und ihrem Glauben zu Wort. Sichtbar wird: Frauen und ihre Power gehören zur Realität von Kirche-Sein, und zwar weltweit. Im Seminar werden Studierende und Teilnehmer:innen diese Power erleben und herausragende Persönlichkeiten kennenlernen – nicht nur aus Europa, sondern aus vielen Regionen der Welt. Und mit Sr. Nathalie Becquart, Untersekretärin der Bischofssynode, wird auch eine der gegenwärtig einflussreichsten Frauen der Welt dabei sein!

Univ.-Prof.in Dr.in Klara A. Csiszar, Professorin für Pastoraltheologie und Vizerektorin der KU Linz

Fachbereich Kunstwissenschaft

"Sklav:innen: Geschichte und Visualität des Menschenhandels in Europa" ist Titel eines Seminars und einer Arbeitsgemeinschaft von Ilaria Hoppe, in der ein vielfach verdrängtes Thema mit dem elaborierten Instrumentarium moderner Kunstwissenschaft untersucht und unter Anwendung zeitgemäßer Vermittlungskonzepte für eine Ausstellung aufbereitet wird. Diese wird anlässlich des 10jährigen Jubiläums des Linzer Ortsverbandes von SOLWODI (Solidarity with Women in Distress) im Oktober 2024 im Foyer der KU Linz zu sehen sein.

Zudem geht Ilaria Hoppe in der Vorlesung "Kunstgeschichte Spezial" dem Wechselverhältnis von Kunst, feministischer Theorie und Gender Studies nach. Anhand von Theorietexten und der Analyse künstlerischer Produktion vom Mittelalter bis in die Gegenwart spannt die Lehrveranstaltung einen Bogen von feministischer Theorie und Body-, Video- und Performancekunst über Repräsentationskritik bis hin zu Queer Art und posthumanistischen Positionen.

Ich habe mich seit meinem Studium mit feministischer Theorie und Kunst beschäftigt. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dies nun auch in meiner Lehre weiterzugeben – sowohl im Hinblick auf aktuelle Positionen und Diskussionen als auch in der Vermittlung des oft vernachlässigten Wissens um historische Perspektiven. Das Thema Menschenhandel ist mir zudem schon lange ein Anliegen, da es zu den blinden Flecken unserer europäischen Geschichte und Gegenwart gehört. Es geht also insgesamt um die Vermittlung von Kunst-, Sozial- und Zeitgeschichte, die ich stets auch als politische Bildung verstehe.

Univ.-Prof.in Dr.in Ilaria Hoppe, Professorin für Kunst in gegenwärtigen Kontexten und Medien und Studiendekanin der Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft der KU Linz

Fachbereich Theologie

Nina Kogler stellt im Proseminar "Frauen, Krieg und Politik. Kirchengeschichte unter der Lupe" Fragen wie: Welche Positionen nahmen Frauen in der Alten Kirche in der Gesellschaft ein? Warum wurden Menschen in der Frühen Neuzeit als Hexen verbrannt? Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit von Kirche und Staat im 19. Jahrhundert? Im kritischen Umgang mit historischen Quellen und Sekundärliteratur wird auch erarbeitet, wie Forschungsfragen ermittelt werden und wie Erkenntnisinteressen und Fragestellungen historisch bedingt sind.

In meinem Proseminar lege ich einen bewussten Fokus unter anderem auf die oftmals unterbelichtete Rolle von Frauen in der Kirchengeschichte. Sie fungierten beispielsweise als Vorsteherinnen von Hausgemeinden in der Antike, nahmen wichtige Funktionen in der Familie wahr und besetzten militärischen Positionen in Kreuzzügen. Mir persönlich ist es ein Anliegen, das Potenzial von Frauen, das sich in der Analyse und Einordnung von historischen Quellen zeigt, vor den Vorhang zu holen und die Studierenden für dieses Thema zu sensibilisieren.

Univ.-Ass.in Mag.a Nina Kogler, Universitätsassistentin am Institut für Kirchengeschichte und Patrologie und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Drittmittelprojekt "Re-Animating Catholic Pedagogical Ethics – Creating a Network"

5.3.2024/RK/HE