Sarah Maupeu und das Konzept des wiederverzauberten Museums.
13. June 2017
16:15 - Uhr
KU Linz: H1
Das 2006 in Paris eröffnete Musée du Quai Branly (im Folgenden abgekürzt als MQB) und das 2007 eröffnete KOLUMBA (Kunstmuseum des Erzbistums Köln) gehören als Ethnologisches Museum und Kunstmuseum unterschiedlichen Museumstypologien an und scheinen auf den ersten Blick völlig verschiedene Konzepte zu verfolgen. In meinem Dissertationsprojekt zeige ich jedoch auf, dass die beiden Museen eine ähnliche Strategie verfolgen, die ich als eine »Wiederverzauberung« des Museums bezeichne. Das MQB und das KOLUMBA nutzen dazu verschiedene museale und architektonische Strategien: die Schaffung atmosphärischer Raumbilder, die Auratisierung und Verlebendigung der Werke, die ahistorische Präsentation der Werke und die Gestaltung des Museumsrundgangs als eine Art Rite de passage. Diese Strategien der »Wiederverzauberung« führen zu einer Inszenierung des Museums als sakraler Ort und einer Stilisierung der Werke zu auratischen »Kultobjekten«. Mit ihren Strategien der Wiederverzauberung wollen sich das MQB und das KOLUMBA vom »aufgeklärten« Museum der Moderne – repräsentiert durch das (Kunst-)Historische und das Wissenschaftsmuseum, aber auch den White Cube-Ausstellungsraum – abgrenzen und ein »anderes«, post-aufklärerisches Museum schaffen. Im Vordergrund steht hier nicht die Vermittlung von Wissen, sondern die Gestaltung des Museumsbesuchs als quasi-spirituelles Erlebnis. Das Konzept des wiederverzauberten Museums bietet einerseits einen unmittelbaren, freien Zugang zur Kunst, es basiert jedoch andererseits auf neoprimitivistischen und universalistischen Vorstellungen, die es zu problematisieren gilt.
Kurzbiographie
Studium der Kunstgeschichte, Ethnologie und Philosophie an der Universität zu Köln und der Università degli Studi di Bologna. Seit Mai 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Bildung und Vermittlung im Deutschen Historischen Museum Berlin. 2014–15 guide conférencière am Musée d’art moderne et contemporain (Mamco) in Genf, Schweiz. 2010–12 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centrum für interdisziplinäre Frankreich- und Frankophonieforschung der Universität zu Köln. 2008–10 Stipendiatin der a.r.t.e.s. Forschungsschule. Organisatorin der internationalen Tagung „Die Entgrenzung der Kunstgeschichte – Eine Revision von George Kublers ‚The Shape of Time‘“ (Köln 2010) und Herausgeberin des Tagungsbandes „Im Maschenwerk der Kunstgeschichte“ (Berlin 2015). Forschungsschwerpunkte: Museums- und Ausstellungsanalyse und -geschichte, Primitivismus und Evolutionismus, Kolonialismus.