Christian Krijnen referiert im Rahmen von "Zeit zu Denken".

Im Rahmen der Vortragsreihe "Zeit zu Denken" am Institut für Praktische Philosophie/Ethik referierte Prof. Christian Krijnen (Amsterdam) am 08. November 2017 zum Thema "Rational Choice und menschliche Freiheit. Zur Aktualität Kants und Hegels". Die Voraussetzungen von Kants Subjektivitätstheorie lassen menschliches, freies Verhalten nur unzureichend begreifen. Prof. Krijnen brachte Hegels Moralitätskritik an Kant und die sich daraus ergebenden Sittlichkeitskonzeptionen in die Diskussion ein.

Dr. Christian Krijnen, Amsterdam, und Ass.-Prof. DDr. Max Gottschlich, Institut für Praktische Philosophie/Ethik der KU Linz.

Dr. Christian Krijnen, Amsterdam, und Ass.-Prof. DDr. Max Gottschlich, Institut für Praktische Philosophie/Ethik der KU Linz.

Das "rational choice"-Modell von Rationalität – das Abheben auf Nutzenoptimierung bei gleichzeitiger methodischer Ausklammerung der Zweckreflexion – ist Kernstück des neoliberalen Selbstverständnisses des Wirtschaftens. Christian Krijnen zeigte auf, welche Potentiale die Philosophie im Anschluss an Kant und an Hegel bietet, wenn es darum geht, die heute geläufige Verabsolutierung dieser Rationalitätsauffassung zur Universaltheorie menschlichen Verhaltens einer grundlegenden Kritik zu unterziehen. 

Dabei zeigte er in einem ersten Teil im Anschluss an Kant und den Kantianismus, inwiefern die übliche Kritik an diesem Rationalitätsmodell zu kurz greift. Sie gestehe nämlich zwei unhaltbare Voraussetzungen zu: das bloße Gegebensein von Präferenzen und die Quantifizierbarkeit derselben. In einem zweiten Teil wies Krijnen darauf hin, das Kant mit dem "rational choice"-Modell eine Grundannahme teile, nämlich dass sich das Subjekt sich gemäß Wertbezügen selbst gestalte und bestimme. Dies aber hänge an Voraussetzungen, die mit Kantischen Mitteln nicht einholbar seien. Diese Voraussetzung liege vielmehr in dem, was Hegel "Sittlichkeit" nennt. Diese Voraussetzung aber einzuholen setze, so Krijnen, jenen Begriff von Freiheit voraus, den Hegel in seiner Logik entwickle. Mit diesem Hinweis auf den Hegelschen Begriff des Begriffs öffnete Krijnen schließlich die Perspektive auf die eigentliche fundamentalphilosophische Bedeutung des Freiheitsproblems. 

Am Institut für Praktische Philosophie/Ethik will man mit der Vortragsreihe "Zeit zu Denken", abseits der auf uns einstürmenden schnellen Antworten und Handlungsanweisungen, dem Denken Raum geben. Erst über diesen Umweg wird es (frei nach Hegel) möglich, unsere Zeit "in Gedanken zu erfassen". 

Den Vortrag zum Nachhören finden Sie hier.

9.11.2017/Max Gottschlich/kd