Vortrag: Renationalisierung der Sozialpolitik.

21. October 2021

18:30 - 20:00 Uhr

KU Linz: Auditorium

Zum Auftakt der diesjährigen Maximilian-Aichern-Vorlesung hält Assoz. Univ.-Prof. Roland Atzmüller (Institut für Soziologie, JKU Linz) am 21. Oktober 2021 einen Vortrag, der sich mit "rechter" Sozialpolitik und deren Auswirkungen auf gesellschaftliche Solidarität im österreichischen Sozialstaat beschäftigt.

Renationalisierung der Sozialpolitik. Die Zerstörung gesellschaftlicher Solidarität durch autoritären Populismus und neue Rechte.

Rechtspopulistische und extrem rechte Parteien haben in den letzten zwei Jahrzehnten eigenständige Positionen zur Sozialpolitik entwickelt, die spezifische Antworten auf gesellschaftliche Krisen, wie aktuell die Corona-Krise oder auch die Finanzkrise 2008, geben. Sie reagieren auf Konfliktfelder, v.a. im Bereich Migration, sowie gesellschaftliche Entwicklungen, wie z.B. die Veränderung der Geschlechterverhältnisse und Familienformen. Extrem rechte Sozialpolitik beruht erstens auf einer Renationalisierung, zweitens auf der Forcierung traditioneller Geschlechterrollen sowie drittens auf der Durchsetzung sanktionierender und paternalistisch-belehrender politischer Maßnahmen. Zum Teil werden auch religiöse Motive, vor allem in Bezug auf Geschlechter- und Familienbilder, zur politischen Rechtfertigung herangezogen.

Zum einen beleuchtet Roland Atzmüller diese Art von Sozialpolitik kritisch, indem er z.B. spezifisch "rechte" Methoden der selektiven und verzerrten Thematisierung sozialer Probleme diskutiert, wie beispielsweise die sogenannte "Immigration in die Sozialsysteme". Zum anderen geht es ihm um die Bedeutung von Solidarität. Extrem rechte Sozialpolitik beruht auf einer exkludierenden Form von Solidarität, die einem Verständnis von gesamtgesellschaftlicher Solidarität, wie es z.B. in der katholischen Tradition entwickelt worden ist, entgegensteht.

Atzmüller wird auch auf das österreichische Sozialmodell, mit seinem weiten Begriff von Solidarität eingehen, das sich in der Corona-Krise zweifellos bewährt hat. Corona hätte eigentlich zur "Schule der Solidarität" werden können, die einer rechtpopulistisch exkludierenden Solidarität, die die österreichische Wohlfahrtsstaatlichkeit zerstört, entgegenwirkt. Der aktuelle Beschuss des österreichischen Sozialmodells, und hier vor allem der Arbeitssuchenden, scheint jedoch eher für eine weitere "Krise der Solidarität" zu sprechen.

ANMELDUNG: Wir bitten um Anmeldung bis zum 15. Oktober 2021 an T: +43 0732 784293 oder E: office@ku-linz.at. Bitte beachten Sie, dass eine Teilnahme an der Veranstaltung nur mit Anmeldung möglich ist. Studierende, die sich bereits über SInN für die Maximilian-Aichern-Vorlesung angemeldet haben, müssen sich nicht zusätzlich anmelden.

Zur Person: Roland Atzmüller

Assoz. Univ.-Prof. Dr. Roland Atzmüller (Mag. Dr., MPhil.) ist stellv. Abteilungsleiter der Abteilung für theoretische Soziologie und Sozialanalysen des Instituts für Soziologie der Johannes Kepler Universität Linz und stellvertretender Institutsvorstand des Institutes für Soziologie der JKU/Linz. Er war lange Jahre Vorstandsmitglied von FORBA (Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt) und hat dort den Bereich "Arbeit, Geschlecht, Politik" geleitet. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Wohlfahrtsstaatstheorien, Kapitalismustheorie, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, Staatstheorien, (Berufs)bildungsforschung, Arbeitsforschung und Soziale Ungleichheit.

Im Rahmen der Maximilian-Aichern-Vorlesung.

Die Maximilian-Aichern-Vorlesung findet seit 2003 jährlich als Gastvorlesung an der KU Linz statt. Sie wird veranstaltet von der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft "Wirtschaft – Ethik – Gesellschaft", die damit dem Grundanliegen des sozialen Katholizismus, für das Bischof Maximilian Aichern stets glaubwürdig und engagiert eingetreten ist, unterstützen möchte: die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Möglichkeiten einer christlich-sozialen Gestaltung der Gesellschaft.

In der diesjährigen Maximilian-Aichern-Vorlesung "Transformation des österreichischen Sozialmodells – Wohlfahrtsstaat in der Krise der Solidarität?" geht es um die (gesellschafts-)theoretischen Grundlagen und Begründungen zu Sozialpolitik und Wohlfahrtsstaat. Es werden die zentralen Konzepte der De-/Kommodifizierung, der Solidarität, der De-/Familialisierung, der (sozialen) Reproduktion, des Care-Regimes, des Welfare Service States sowie internationale Typologien des Wohlfahrtsstaates vorgestellt und diskutiert. Dabei werden immer auch historische Veränderungen und Problemlagen bzw. Krisen von Sozialpolitik und Wohlfahrtsstaat eine Rolle spielen; wobei der Fokus hier vor allem auf dem Fordismus, der Krise seit den 1970ern und dem Einfluss des Neoliberalismus liegt.