Prof. Ewald Volgger über die kirchlichen Feiertage Allerheiligen und Allerseelen.

Das Fest Allerheiligen ist vielfach dem Gedenken der Verstorbenen gewidmet. Viele Menschen besuchen rund um dieses Fest den Friedhof, schmücken die Gräber ihrer Lieben und der Angehörigen, besuchen auch Gedenkveranstaltungen oder die Gottesdienste, die die unterschiedlichen Bekenntnisgemeinschaften anbieten. Eigentlich hat dieses Gedenken jedoch nicht an Allerheiligen seinen Ursprung sondern an Allerseelen.

Allerheiligen. Allerseelen. Totengedenken.

Während das Fest Allerheiligen als ein Gedenktag für alle Märtyrer bereits im 4. Jahrhundert entstanden ist, verbreitete es sich rasch als ein Fest für alle Heiligen, die in der Liturgie der Kirche auch als Fürsprecher im Leben angerufen werden.

Dem geht aber ein noch viel älteres Anliegen der Menschen voraus. Seitdem wir kulturelles Verhalten der Menschen kennen, gibt es auch den Totenkult, der zeigt, dass es ein besonderes Bedürfnis ist, sich der Toten zu erinnern, mit ihnen in Verbundenheit zu bleiben, sie auch in gewisser Weise nahe zu wissen. Schon seit dem 2. Jahrhundert gibt es in der Kirche den Beleg, dass man im Gedenken an die Verstorbenen Gebete für sie gesprochen hat, will man sie doch in der Gemeinschaft mit Gott aufgehoben wissen. Dazu entwickelten sich auch die Bräuche, den 3., 7., 30. oder 40. Tag nach dem Tod besonders zu begehen, schließlich auch nach einem Jahr und allen folgenden Jahrtagen. Um 1000 ordnete der Abt in Cluny an, am 2. November ein Gedächtnis für alle Verstorbenen in den ihm unterstellten Klöstern zu feiern. Dieser Brauch weitete sich auf alle Kirchen und Gemeinschaften der Kirche aus und wird heute als ein selbstverständlicher Gedächtnistag für alle Verstorbenen gefeiert.

Es ist für viele Menschen wertvoll, einen bestimmten Tag des Gedenkens zu haben. Er führt nicht nur die Verstorbenen zusammen, er stärkt und bewegt auch die Gemeinschaft der Hinterbliebenen. Für viele Familien ist es ein altbewährter Familientreff. Auch die Grabpflege oder der Schmuck der Urnennischen stärkt die Beziehung mit den Verstorbenen. Manche sprechen dabei mit ihnen, oft sind es wertvolle Erinnerungen, die bestärken und ermutigen, manche bitten ihre Lieben um Beistand. Andere wiederum gehen bewusst versöhnende Wege in der Trauer und spüren, dass auch Verletzungen heilen können. Aber es gibt auch jene, die sich um ihre Verstorbenen mit ihren Gedenkorten nicht kümmern – auch dafür gibt es Gründe. Wie auch immer: Weil wir in den Verstorbenen oft unsere eigenen Wurzeln entdecken, ist es gut, sie als Kraftquellen zu haben oder aber Kränkungen zu heilen, um losgelöst von Belastungen und negativen Anhangungen den Weg des eigenen Lebens zu gehen.

28.10.2021/Ewald Volgger/HE

Univ.-Prof. Dr. Ewald Volgger OT ist Vorstand des Instituts für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie der KU Linz